Die Zehnte Gabe: Roman
Irgendwann stießen wir auf Abdel und eine Gruppe von Gratulanten, die uns entgegenkamen.
Ein Jahr später heiratete ich meinen »Piratenanführer«. Bruce und die Kollegen aus dem Verlag kamen zu unserer Hochzeit nach Marokko. Ich arbeite nach wie vor als Verlagsleiterin für HarperCollins, zu bestimmten Zeiten des Jahres aber aus der Ferne: einem Berberdorf im Anti-Atlas, wo auch Die Zehnte Gabe entstand.
Jane Johnson
ANMERKUNG DER AUTORIN
Die zehnte Gabe ist eine Fiktion, wenngleich sie auf historischen Fakten basiert.
Die Überfälle der Korsaren aus den Barbareskenstaaten auf die Südküste von England, die im 17. und 18. Jahrhundert immer wieder stattfanden, sind im Lauf der letzten Jahre zunehmend dokumentiert worden. Als ich in Cornwall aufwuchs, sprach jedoch noch niemand davon, und die meisten Leute wissen bis heute nichts von diesem besonders grausamen Kapitel der englischen Geschichte.
Die meisten Überfälle hatten Handelsschiffe oder Fischerboote zum Ziel, wobei die Piraten ihre Opfer häufig in die Irre führten, indem sie ihre wahre Identität erst preisgaben, wenn es für die unglücklichen Opfer zu spät war, zu fliehen oder sich zu verteidigen. Der gewaltsame Raub von Ladungen und Mannschaften und der damit verbundene Sklavenhandel war eine verbreitete Gefahr, der sich Seereisende ausgesetzt sahen, und beschränkte sich nicht allein auf Attacken gegen britische Schiffe durch Moslems und Renegaten: Viele Adlige in England machten ein Vermögen mit Überfällen auf Schiffe fremder Flotten. Dabei handelten sie entweder legal, also unter dem Schutz offizieller Kaperbriefe (in denen die Aufteilung der Beute mit der Admiralität auf ganz ähnliche Weise festgelegt war wie bei den Seeräubern), oder als Freibeuter, die ausschließlich in die eigene Tasche wirtschafteten. Die Barbaresken-Korsaren jedoch erwiesen sich als die kühnsten von allen, indem sie Neufundland, Island, Irland und den Süden von England ebenso heimsuchten wie Spanien, Portugal und die Küsten des Mittelmeers.
Die Piraten aus Salé, die man in England als »Sallee Rovers« bezeichnete, haben eine besonders faszinierende Geschichte. Die Freibeuterei hatte im Mittelmeer schon immer eine wichtige Rolle gespielt, insbesondere seit der blühende Handel zwischen dem Orient und Europa reiche Ernte und leichte Beute versprach. Doch was als isolierte Beutezüge Einzelner begonnen hatte, wurde bald zu einer ideologischen Bewegung, als König Philipp III. per Dekret alle Morisken aus seinem Königreich vertrieb. Viele Familien verloren ihren gesamten Besitz und strandeten heimat- und mittellos an der nordafrikanischen Küste. Sie hegten einen tiefen Groll gegen die Spanier und als logische Folge gegenden christlichen Westen überhaupt. Schließlich baute eine Allianz aus Morisken, Hornacheros, Fanatikern und abtrünnigen Europäern die Festungen von Salé und Rabat aus und erklärte ihren Feinden den heiligen Krieg.
Von religiösem Eifer getrieben, gingen die Korsaren auf ihren Beutezügen so weit, dass sie im Frühsommer 1625 ihre Piratenflagge über der Insel Lundy im Bristolkanal hissten und unzählige Überfälle auf Segelschiffe und Küstenstädte unternahmen.
Das historische Dokument, das diesem Roman vorangestellt ist, der Brief des Bürgermeisters von Plymouth an den Staatsrat des neuen Königs aus dem Jahr 1625, mit dem der Verfasser vor den Korsaren warnt, die zu einer regelmäßigen sommerlichen Bedrohung für die Schifffahrt geworden waren, und zum ersten Mal deutlich auch von »Siedlungen an der Küste spricht«, hat offensichtlich nicht zu verstärkten Sicherheitsvorkehrungen geführt. Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam.
Der von mir beschriebene Überfall auf die Kirche in Penzance basiert auf einem Hinweis in den offiziellen Unterlagen auf einen Vorfall im Juli 1625, bei dem »sechzig Männer, Frauen & Kinder aus der Kirche von Munnigesca in Mounts Bay verschleppt« worden waren (Hervorhebung von mir). Bis zum heutigen Tag kann niemand mit Sicherheit sagen, worauf sich »Munnigesca« bezieht. Einige haben spekuliert, dass es die Kirche
auf St. Michael’s Mount ist, doch das erscheint mir nicht sehr plausibel. Immerhin hätte es bedeutet, dass Sir Arthur Harris, der damalige Besitzer des Mounts, sowie seine Familie unter diesen sechzig Gefangenen gewesen wären. Nur wenn sie sich dort aufgehalten hätten, wäre eine so große Versammlung mit sechzig Teilnehmern denkbar gewesen. Sie haben jedoch kein solches
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