Die Zeit der Androiden
hatte, ähnlich einer altmodischen Hörhilfe für Schwerhörige, mit dem er sie zu belauschen schien.
Sein Gesicht war angespannt, seine kleinen Augen starrten in innerer Konzentration ins Leere.
Nach einiger Zeit verstaute Gloge sein Instrument, ließ den Motor an und fuhr weg.
Da Vince diesmal Tagschicht hatte, fuhr Gloge vermutlich nach Hause. Sie rief bei Vince an, um sich zu vergewissern; als niemand antwortete, versuchte sie es beim Fotolabor des Instituts.
»Nein, Strather ist nicht zur Arbeit erschienen«, sagte der Abteilungsleiter.
Barbara legte unglücklich auf und erinnerte sich, daß Vince auf die erste Injektion nicht gut reagiert hatte. Die Vermutung lag nahe, daß Dr. Gloge ihm inzwischen die zweite Injektion gegeben hatte, und daß er sie nicht besser vertrug als die erste.
Sie zog sich an und fuhr zu ihm. Als sie in die Nähe kam, konnte sie ihn in seinem Zimmer schlafen sehen, und so läutete sie nicht, sondern öffnete mit dem Schlüssel, den sie hatte.
Vince warf sich unruhig auf seinem Bett herum. Er sah fiebrig aus. Sie befühlte seine Stirn; sie war heiß und trocken.
Die Berührung weckte ihn, und er öffnete seine Augen und blinzelte verstört zu ihr auf. Sie dachte bekümmert: Ich fühle mich so gut, und er ist so krank. Was kann es nur sein?
Laut sagte sie: »Du brauchst einen Arzt, Vince. Wie hieß der, bei dem du letztes Jahr warst? Ich werde ihn anrufen.«
»Es wird schon wieder«, murmelte er und schlief wieder ein.
Als Barbara neben ihm auf der Bettkante saß, fühlte sie etwas in ihrer Lunge. Gas! Aber sie war zu langsam.
Sie mußte sofort ohnmächtig geworden sein, denn ihre nächste Wahrnehmung war, daß sie auf dem Boden lag und Gloge sich über sie beugte.
Der Wissenschaftler war ruhig und schien befriedigt. Barbara fing seinen Gedanken auf: Alles in Ordnung mit ihr.
Sie bemerkte, daß er über sie hinwegstieg und Vince untersuchte. Gloge schien kritisch und bekümmert zugleich. Noch nicht gut, dachte er. Er machte die Injektion, dann richtete er sich auf, und in seinem Verstand war ein seltsamer, harter Gedanke: Montag abend wird die dritte Injektion fällig sein, und dann muß ich entscheiden, was zu tun ist.
So klar war der Gedanke, der von ihm kam, daß es beinahe so war, als habe er ihn laut ausgesprochen. Und hinter dem Gedanken stand die Bedeutung, daß er die Absicht hatte, sie beide zu töten, wenn sie sich nicht so entwickelten, wie er es erwartete.
Barbara war schockiert, aber sie hielt sich ganz still; und in diesem Moment vollzog sich in ihr ein ganz eigenartiger Wachstumsprozeß.
Er begann mit einer Flut von unterdrückten Informationen, die plötzlich an die Oberfläche ihres Bewußtseins drängte.
Der Prozeß war Minuten später, als Gloge die Wohnung verließ, noch in vollem Gang. Barbara versuchte aufzustehen und entdeckte, daß sie nicht einmal ihre Augen öffnen konnte. Die Idee, daß sie denken und wahrnehmen konnte, während ihr Körper betäubt war, faszinierte sie. Welch eine wunderbare Fähigkeit!
Doch als die Zeit verging, wurde sie unruhig. Tatsächlich war sie völlig hilflos, und als sie sich endlich bewegen konnte, war es früher Nachmittag. Sie stand auf, ernüchtert und nachdenklich, wärmte eine Dosensuppe für Vince und sich selbst, und zwang ihn, sie aus einer Tasse zu trinken.
Danach ließ er sich sofort wieder zurückfallen und schlief ein. Barbara verließ die Wohnung, um ihre Verabredung mit dem Arzt einzuhalten.
Unterwegs fühlte sie, wie sich etwas in ihr regte. Neue Veränderungen? Wahrscheinlich. Vielleicht würde es zwischen jetzt und Montag noch viele geben. Aber ihre Intuition sagte ihr, daß sie diese Situation nur mit den Veränderungen von der ersten und der zweiten Injektion noch nicht meistern würde.
Irgendwie, dachte sie, muß ich diese dritte Injektion haben.
7.
Am Montagmittag, nachdem er einem Mädchen aus dem Schreibmaschinen-Pool einige Briefe diktiert hatte, kam Hammond aus seinem Büro.
»Was gibt es Neues von Neun-zwei?«
Helen blickte mit ihrem blitzenden Lächeln auf. »Barbara?«
»Ja.«
»Auf ihre Bitte rief ihr Arzt heute morgen bei mir an. Er sagte, sie sei bei ihm gewesen und habe über Schwindelanfälle geklagt. Bei einer Untersuchung habe sich herausgestellt, daß sie an Unterdruck leide, erhöhte Temperatur habe und mit noch einigen anderen Unpäßlichkeiten wie Durchfall behaftet sei. Es scheint also nichts Ernstes zu sein. Aber dann sagte der Arzt etwas Unerwartetes –
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