Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
darauf. Im Halbdunkel und in dem langen Wachsmantel, dessen Kapuze sie sich über den Kopf gezogen hatte, erkannten sie Ida wahrscheinlich nicht auf den ersten Blick als Frau.
»Tja, im Bett hat er’s drauf, der alte Otie …« Auch ein anderer Spieler versuchte Ottfried jetzt zu provozieren. »Wie war das noch? Die eine war die Schwester von der anderen?«
»Nee!« Ottfried führte sein Glas zu den Lippen, nahm einen Schluck und grinste. »Eine war … mein Eheweib … brav, wie sagt man … züchtig? Tat nur beten bevor kommen in mein Bett. Aber good old Otie sie gezeigt, wie geht! An Ende wie Feuer, nur schreien mehr, mehr! Und andere … ein … Maori-Schlampe. Aber blonde Haar, eigentlich Englisch, verstehen? War nur bei diese Stamm um … um lernen …«
Die Handbewegung, mit der er Cats angebliche Lehrzeit bei den Maori beschrieb, fachte Idas Wut noch weiter an. Sie ließ die Kapuze vom Kopf sinken – und erregte damit die Aufmerksamkeit der ersten Männer. Die Neuankömmlinge und die zwei oder drei Zecher an der Bar sagten jedoch nichts, sie starrten die junge Frau nur an.
Ottfried schwadronierte derweil weiter. »Wild, Kleine, ganz wild«, giggelte er. »Cat wie Panther, aber wenn Otie fertig, süß wie Kätzchen … und läufig wie Kätzchen. Am Ende: Wurf von beide fast an gleiche Tag! Das Otie, Jungs! Und jetzt gib Karte. Kauf drei gleich. Neue Spiel, neue Glück.« Er griff nach den Karten, die der Bankhalter ihm abzählte, doch jetzt schob sich Ida zu ihm durch.
»Du wirst jetzt aufhören, mein Geld zu verspielen!«, sagte sie mit klingender Stimme. »Und meine Freundin zu verleumden. Von mir einmal abgesehen … und von deinen Töchtern!« Damit hob sie die Hand und verpasste Ottfried eine schallende Ohrfeige.
»Madam …« Jefferson, der Barkeeper, bemerkte, dass sich ein Eklat anbahnte, und kam auf sie zu. »Madam, es tut mir leid, aber wir bedienen hier keine Ladys. Wenn Sie also bitte …«
»Ich will auch nicht bedient werden!« Ida warf ihm einen kurzen, hochmütigen Blick zu. Sie empfand weder Angst noch Scham, in diesem Pub zu sein und vor all den Männern die Stimme zu erheben. Sie hatte lange genug in ihrer Gemeinde geschwiegen. »Mein Name ist Ida Brandmann«, erklärte sie. »In meiner Käserei wurde das Geld verdient, das mein Gatte hier verspielt. Wobei er offensichtlich wenig Glück hat. Oder kannst du es einfach nicht, Ottfried?« Sie blitzte Ottfried an, der sich schockiert die Wange hielt. »Weißt du einfach nicht, wie’s geht, das … das Kartenspielen?« Sie wandte sich zu Jefferson und den anderen Männern um und schaute selbstsicher in die Runde. »Mein Mann kann vieles nicht, müssen Sie wissen«, sagte sie mit schneidender Stimme. »Sein Englisch zum Beispiel ist sehr schlecht. Er kennt nicht viele Worte. › Mehr! ‹ etwa, das hat bestimmt noch nie eine Frau zu ihm gesagt. Und ich … Nun, in › good old Oties ‹ Bett würde jede Frau beten. Dafür, dass es bald vorbei ist.« Ida errötete jetzt doch, vor allem, da ihre letzte Bemerkung jubelndes Gelächter auslöste. Aber die Männer schwiegen sehr schnell wieder, als Ida weitersprach. Sie hatte ihre gesamte Aufmerksamkeit. »Es ist insofern durchaus möglich, dass er daran dachte, auf unsere Hauskatze auszuweichen«, fuhr Ida böse fort. »Um das Tier mache ich mir allerdings keine Sorgen. Es kratzt und beißt. Und seine Jungen sehen meinem Mann auch nicht sehr ähnlich.« Erneute Heiterkeitsstürme brachen los. »Er muss da also etwas verwechselt haben«, endete Ida und wandte sich dann noch mal an ihren Mann, der sie fassungslos anstarrte. »Überleg dir in Zukunft, was du sagst, Ottfried. Und lern wenigstens, wie Black Jack geht, bevor du uns gänzlich verschuldest. Am allerbesten kommst du nach Hause, betest mal wieder und ziehst in Ehren deine Kinder groß. Deine und meine Kinder! Mag ja sein, dass wenigstens Gott dir verzeiht!«
Damit wollte sie sich umwenden und gehen, aber Ottfried hatte sich endlich gefangen. Er griff nach ihrem Arm.
»So kommst du mir hier nicht weg, du Schlampe! Ich zeig dir, was ich kann, vor … vor aller Welt …«
Er schleuderte Ida an die Wand, riss ihren Mantel auf, zerrte an ihrem Kleid und löste seinen Gürtel.
»Lass mich!« Ottfried schlug nach einem der anderen Männer, der eingreifen wollte. »Du nicht gehört? Das meine Weib. Ich mit ihr kann machen, was …«
»Du Mistkerl!« Karl Jensch hatte den Raum mit wenigen Schritten durchquert und riss ihn
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