Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
kratzen und zu beißen. Wie konnte er ihr Geheimnis verraten, sich betrunken mit seiner Zeugungsfähigkeit brüsten! Er hatte Idas Leben zerstört und in gewisser Hinsicht auch Cats. Wie konnte er nun auch noch das der Mädchen zerstören, das seiner eigenen Töchter?
Ida dachte gar nicht daran, jetzt zu den Frauen zurückzukehren. In ihrem aufgewühlten Zustand verriet sie sich dort womöglich selbst – während bisher ja wenigstens die Möglichkeit bestand, dass die Deans die Geschichte vor Emma und Alison geheim gehalten hatten. Schließlich hatten sie Karl eben versichert, sie glaubten kein Wort davon. Ida ging zurück zur Hintertür Richtung Abtritt. Hier hing ein Wachsmantel – sie hatte ihn sich eben schon geliehen, um auf dem Weg zum Abtritt trocken zu bleiben. Jetzt griff sie wieder danach. Und machte sich auf den Weg nach Port Cooper. Ihre Wut trieb sie an – sie würde die Sache jetzt mit Ottfried regeln. Vor aller Welt!
Ida war keine sehr gute Reiterin, aber sie hatte weder Lust, die sieben Meilen nach Port Cooper zu laufen, noch mochte sie sich die Zeit nehmen, den Wagen anzuspannen. Sie wollte überhaupt keine Zeit vergeuden. Ida brannte darauf, Ottfried ihre Wut ins Gesicht zu schleudern. Und zwar gleich!
Sie ging in den Stall. Brandy, der rotbraune Wallach, war brav, Ida hatte ihn auch schon mal geritten, um ihre Schafe einzutreiben. Der Sattel lag hinten auf dem Planwagen. Karl hatte ja vorgehabt, noch nach Port Cooper zu reiten, und das Sattelzeug zugeladen, bevor er Brandy mit einem der anderen Pferde gemeinsam eingespannt hatte. Nach kurzer Überlegung zog Ida auch ihren Revolver unter dem Bock des Wagens hervor. Bis sie Port Cooper erreichte, würde es dunkel sein, und eine Hafenstadt bei Nacht war für eine Frau allein nicht unbedingt der sicherste Ort.
Karl und die Deans hatten Idas Verschwinden noch nicht bemerkt, als sie das Pferd aus dem Stall führte und aufstieg. Zum Glück hatte es inzwischen aufgehört zu regnen, Ida meinte sogar, die Wolken aufreißen zu sehen, als sie das Pferd vorsichtig antrieb und Brandy gelassen Richtung Port Cooper trabte. Er kannte den Weg und war zuverlässig. Von Brandy hatte sie nichts zu befürchten.
»Wo bleibt denn Ida?«
Cat hatte sich angeregt mit den Frauen der Deans unterhalten, aber als sie schließlich aufstanden, um das Abendessen vorzubereiten, fiel ihnen doch auf, dass Ida fehlte.
»Wahrscheinlich ist sie bei den Männern«, meinte Emma unbesorgt. »Sie wird bei ihnen geblieben sein, nachdem sie mit den Kindern auf dem Abtritt war.«
Cat konnte das nicht recht glauben. Ida fürchtete sich zwar sicher nicht vor John und William Deans, sie war jedoch auch keine Frau, die sich einfach so einer Runde rauchender und whiskeytrinkender Männer anschloss. Und natürlich fand sie ihre Freundin nicht im Herrenzimmer, als sie gleich darauf nachsah.
»Ida? Nein, die war nicht hier«, meinte William.
Karl sah alarmiert auf. »Doch, sie ist vorhin mit den Kindern vorbeigekommen«, sagte er. »Aber wenn ich es mir recht überlege, habe ich sie nicht zurückkommen sehen.«
»Vielleicht hast du einfach nicht drauf geachtet«, gab John zu bedenken.
Karl war jedoch bereits aufgesprungen. »Sie muss etwas gehört haben!«, überlegte er. »Gleich nachdem sie mit den Kindern hinausging, haben wir über Ottfried gesprochen. Himmel, Cat, wenn sie … wenn sie das gehört hat. Sie muss empört gewesen sein!«
Cat zuckte die Schultern. »Ach, da müsstet ihr wirklich was Neues erzählt haben. Über Ottfrieds Eskapaden regen wir uns schon längst nicht mehr auf. Worum ging’s denn? Versäuft er das Käsegeld? Oder hat er eine neue Hure? Das hatten wir auch schon. In Nelson …«
Karl registrierte das Wir. »Cat«, fragte er, ins Deutsche wechselnd. Es war besser, wenn die Deans-Brüder nicht alles verstanden. »Stimmt es womöglich?«
»Was?« Cat begann, sich ernstlich zu sorgen. Idas Verschwinden, die Dringlichkeit in Karls Stimme … »Worum geht es eigentlich?«
»Ottfried brüstet sich in Port Cooper mit seinen Frauengeschichten. Und er … Ich mag es gar nicht wiederholen, aber er behauptet, du wärst seine Geliebte gewesen. Er hätte mit dir und mit Ida geschlafen.« In Karls Gesicht stand Abscheu. »Und er hätte euch beide geschwängert.«
Cat erschrak. Damit hatte sie nicht gerechnet! Sie überlegte kurz, es zu leugnen, doch Karl las die Antwort in ihrem Gesicht.
»Es war nicht so, wie er es wahrscheinlich darstellt«, sagte sie, betont
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