Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Schließlich galt es als erwiesen, dass die Schwarzen faul und nicht selten gewalttätig waren, wenn man sie nicht streng unter Kontrolle hielt. Cascarilla Gardens florierte allerdings trotz des eigenwilligen Führungsstils seines Besitzers. Tatsächlich gehörte die Plantage sogar zu den reichsten Jamaikas, inzwischen brachten viele der anderen Pflanzer Doug Fortnam Neid entgegen. Allein, was er an den Gehältern der Aufseher sparte! Allerdings wäre keiner auf die Idee gekommen, sein Modell für die eigene Plantage zu übernehmen.
Lady Warrington stieß scharf die Luft aus. »Umso schlimmer!«, erklärte sie. Im Gegensatz zu ihrem Mann erinnerte sie sich sehr gut an die Einzelheiten. »Na ja, es war nicht Miss Noras Schuld, sie ist entführt worden und … und einer der Kerle hat ihr wohl Gewalt angetan. Doch gerade deshalb! Wer will denn die … die Frucht eines solchen Unglücks um sich haben?«
Warrington zuckte die Achseln. Auch für ihn war es befremdlich, dass Doug Fortnam die nach Jahren der Gefangenschaft in einem Widerstandsnest entlaufener Sklaven endlich befreite Nora nicht nur geheiratet, sondern auch ihre Tochter, die von einem der Aufständischen gezeugt worden war, adoptiert hatte. Das Mädchen selbst fand er allerdings ganz reizend, wahrscheinlich war es schon als Kind entzückend gewesen. Doug mochte es schlicht nicht übers Herz gebracht haben, Mutter und Tochter zu trennen. Der Mann hatte ein zu weiches Herz, doch darüber war man sich in der Umgebung von Kingston ja seit Jahren einig. Und irgendwann würde sich das auch rächen mit dieser laschen Haltung gegenüber seinen Schwarzen …
Die Kutsche passierte jetzt eines der letzten Felder der Hollister-Plantage, auf der eben eine Gruppe Sklaven damit beschäftigt war, neue Zuckerrohrpflanzen zu setzen. Die Männer sahen dabei kaum auf, was Warrington zufrieden vermerkte. Die Kerle sollten schließlich keine Maulaffen feilhalten und seiner Kutsche nachschauen, sondern arbeiten. Er nickte dem Aufseher anerkennend zu. Der stämmige Schotte saß auf seinem Pferd, Gewehr und Peitsche griffbereit, aber nicht im Dauereinsatz. Der Mann machte einen guten Job, anscheinend genügte seine Anwesenheit, um den Schwarzen eine Höllenangst einzujagen. Und offensichtlich unterstützte er nicht diese Singerei der Sklaven! Manche Aufseher versprachen sich höhere Erträge, wenn die Männer die Macheten im Takt eines Liedes schwangen. Auch aus Cascarilla Gardens klang mitunter Gesang herüber. Warrington schätzte das jedoch nicht, er liebte es eher ruhig – schon weil seine Frau zu viel redete. Jetzt allerdings schwieg sie indigniert. Anscheinend haderte sie nach wie vor mit ihrer Teilnahme an diesem Fest, gefangen zwischen Missfallen und Neugier.
Dann wurde die Stille jedoch unterbrochen. Als die Kutsche der Warringtons die Grenze nach Cascarilla Gardens überquerte, schallten schnelle Hufschläge und helles Lachen aus einem der Seitenwege. Der Kutscher Jimmy verhielt die Pferde abrupt. Lady Lucille fuhr ihn empört an, sie wäre beinahe vom Sitz gerutscht.
Warrington sah das gelassener. Ohne die scharfe Bremsung wäre es dem Mann wohl kaum gelungen, einen Zusammenstoß mit den beiden Reitern zu vermeiden, deren Pferde nun vor ihnen über den Weg preschten. Ein zierlicher Schimmel, geritten von einer jungen Frau im Damensattel, überholte eben einen wesentlich größeren Braunen. Der junge Mann, der ihn verzweifelt zu einer rascheren Gangart anfeuerte, rief den Warringtons eine flüchtige Entschuldigung zu. Der Schimmel war schon zwischen den Pflanzungen verschwunden.
Warrington schnaubte. »Der junge Keensley«, murmelte er.
»Und die Bastard-Tochter der Fortnams«, fügte Lucille gallig hinzu. »Skandalös! Ich sagte ja … wir sollten das nicht unterstützen!«
Warrington zuckte die Schultern. »Und dennoch werden wir den Abend genießen«, begütigte er. »Jetzt fahr zu, Jimmy! Auf den Schreck brauche ich einen guten Schluck Zuckerrohrschnaps. Oder Rumpunsch.«
Das Punschrezept von Fortnams Köchin war legendär, Warrington lief schon das Wasser im Munde zusammen. Und die Fortnam-Tochter bot wirklich einen höchst erfreulichen Anblick. Selbst wenn sie nur auf einem Pferd vorbeigaloppierte. Es würde zweifellos noch anregender sein, sie später beim Tanzen zu beobachten. Warrington fragte sich, ob es als väterlich durchginge oder einfach nur albern wirken würde, wenn er sich anbot, das Mädchen selbst durch ein Menuett zu führen …
»Hab
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