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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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das Flüstern gedeutet, das Bärenpranke, wie das Geräusch des Windes wahrnahm, der sich im Inneren der Höhle verfangen hatte. Und Tochter des Bären sagte zu ihm: Eine andere Frau würde an Flinke Hands Stelle treten und ihnen die Trauer nehmen.
    Jetzt, nachdem er nicht mehr daran geglaubt hatte, weckte Maramir eine innere Stimme in ihm, die lange geschwiegen hatte. Zwei Frauen waren für Flinke Hand gekommen – Schwestern. Und beide waren Töchter des Mächtigen Bären. Dafür gab es deutliche Anzeichen: Maramirs Augen – und Kars Haar, ebenso schwarz wie das seiner Mutter und von Flinke Hand.
    Ein Wink der alten Frau nahm ihm den Schleier seiner Gedanken. Er musterte die Umgebung, sah noch einmal nach Kar und Schneller Läufer, warf den spielenden Kindern einen grimmigen, nicht ernst gemeinten Blick zu und kletterte von dem Felsen, auf dem er saß, herab. Auf dem Weg zur Hütte seiner Mutter ermahnte er die Kinder, sich nicht zu weit vom Lager zu entfernen und hockte sich schließlich neben Tochter des Bären in den Schatten ihrer Hütte.
    „Morgen werde ich dem großen Bären ein Dankopfer bringen – für die gute Jagd“, sagte er mit ruhiger Stimme, in einem Tonfall der die Entschlossenheit seiner Entscheidung deutlich machte.
    Schweigend widmete sich Tochter des Bären den Knochen auf dem Boden zwischen ihren angewinkelten Beinen.
    Bärenpranke sah ihrem merkwürdigen Hantieren ohne Neugier eine Weile zu.
    „Das ist gut“, antwortete sie schließlich, ohne ihn dabei anzusehen. „Wir alle werden dich zur Höhle von Bruder Bär begleiten. Jeder von uns soll sehen, wo der Nachfahre des Mächtigen Bären lebt.“
    Jetzt erhob sie ihren Kopf und sah Bärenpranke durchdringend an.
    „In zwei Tagen werden wir die Große Mutter ehren. Wir wollen ihr Geschenke machen und sie im Erscheinen des ganzen Gesichtes von Urvater Bär um Glück und Schutz bitten!“
    Bärenpranke nickte. Er war sich der Bedeutung der Worte bewußt.
    „Der ganze Stamm wird anwesend sein!“
    Wieder nickte Bärenpranke.
    „Doch dieses Mal machen wir nicht nur der Großen Mutter Geschenke!“
    Nun horchte Bärenpranke auf.
    „Du wirst deinem Bruder Scharfe Schneide die Hälfte des getrockneten Fleisches überlassen!“
    Nervös richtete Bärenpranke seinen Oberkörper auf und versuchte seinem aufsteigenden Zorn Einhalt zu gebieten.
    „Es ist nicht die Zeit der großen Herden. Es war ein Geschenk des Mächtigen Bären. Wir hatten Glück! Würmer und Käfer machen nicht satt“, widersprach er.
    „Du wirst den Bund mit deinem Bruder erneuern, mit ihm und meiner Schwester! - Hör zu, was ich dir sage! Der Stamm ist gespalten, man akzeptiert die Frauen der Plattgesichter nicht.“
    „Keiner wird es wagen, sich gegen uns zu wenden!“, widersprach er.
    „Die Alten haben große Achtung vor mir, weil der Bär durch mich spricht. Doch sie fürchten mich nicht mehr! - Und Schwarzlocke, Scharfe Zunges Sohn, ist ein mutiger, starker Mann geworden. Bald wird er sich mit dir messen wollen!“
    „Dann werde ich ihn töten. Und seine Frauen werden sich mit den Hyänen streiten müssen, weil ich seinen Leichnam den Hyänen zum Fraß vorwerfe!“
    Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Tochter des Bären sah Bärenpranke nicht einmal an, als sie ihm antwortete: „Gemeinsam ist unsere Sippe überlegen – und der übrige Stamm braucht uns. Du mußt tun, was ich dir sage!“
    Wutentbrannt stand Bärenpranke auf. Zweifelte seine Mutter etwa daran, daß er noch immer jeden seiner Feinde besiegen würde? Der bloße Gedanke daran, daß andere es ebenfalls wagen könnten ihn anzuzweifeln, machte ihn nervös und äußerst zornig. Er warf seiner Mutter einen scharfen, beinahe drohenden Blick zu.
    „Du darfst den Stamm nicht entzweien“, fuhr sie in ruhigem Ton fort, „sonst wirst du uns allen Unglück bringen!“ Jetzt machte sie eine kurze Pause und kniff tückisch die Augen, bevor sie sagte: „Als der Stärkste von uns allen mußt du zum Wohl des Stammes handeln!“
    Bis vor kurzem hatte der Stamm nicht nur auf seine Mutter und die Alten gehört. Auch seine eigene Stimme hatte großes Gewicht besessen. Und nun wandte sich, wegen seiner neuen Frauen, seine Sippe von ihm ab. Bärenpranke war fest entschlossen, seine Position wieder zu sichern. Er mußte sich erneut beweisen und seinen Rang verteidigen.
    „Beim Fest der Großen Mutter werde ich Schwarzlocke herausfordern – und ihn töten“, entgegnete Bärenpranke stolz. Er sah den plötzlich

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