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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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Wunde kaum noch zu bluten. Es sah so aus, als würden sie das verletzte Tier verlieren ... bis sie etwas hörten, das eine unheilvolle Ahnung in ihnen weckte. Sie gingen darauf zu, bestiegen einen Felsen in ihrer Nähe und erblickten das Vielhorn inmitten einer Rotte Wölfe, die knurrend ihre Zähne in sein Fleisch schlug. Die Ahnen beanspruchten das Vielhorn für sich.
    Feuerhaar ließ sich auf die Knie sinken, das Brandmal schmerzte pochend auf seinem Arm. Ruhig setzte sich Roter Wolf daneben, schwieg einen Moment und sagte dann: „Es ist ein gutes Opfer! Die Ahnen sind uns sicher dankbar. Wir haben uns bewiesen. Im Tal der Ahnen wird man über uns sprechen und wir können stolz darauf sein. Dein Speer steckt im Fleisch des Vielhorns.“
    Feuerhaar schwieg, sah von dem Felshügel, auf dem sie sich befanden, hinunter auf die hungrige Meute und kämpfte gegen seinen aufsteigenden Zorn an.
    „Man wird uns achten“, fuhr Roter Wolf fort, „und uns einen ehrbaren Platz im Kreis der Ahnen geben. Heute stillen wir ihren Hunger. Sie werden es uns danken.“
    Einige Wölfe aus dem Rudel blickten in ihre Richtung, sie schienen die beiden mittlerweile bemerkt zu haben. Feuerhaar setzte sich einfach neben seinen Bruder und sah im hellen Mondschein dabei zu, wie die Wölfe das Vielhorn zerrissen ... Der größte und stärkste beanspruchte den meisten Teil der Beute, wild um sich beißend verjagte er jeden, der ihm zu nahe kam. Andere kämpften um jedes Stück, das sie dem Kadaver entreißen konnten; während zwei aus dem Rudel unterwürfig herumschlichen und ängstlich auf ihre Gelegenheit warteten. - Als sich das Verhalten der Meute auffällig veränderte, schauten sich die Zwillinge gewarnt um. Die Ahnen wiesen ihnen die Richtung, und sie sahen einen schattenhaften Umriß, der sich dem Rudel näherte, - die Silhouette einer ausgewachsenen Mähnenkatze, mit einem Mähnenkamm, der über den Kopf bis hinter die Schultern verlief. Feuerhaar und Roter Wolf duckten sich sofort zwischen die Felsen. Die Wölfe fletschten knurrend ihre Zähne, um dem Rivalen zu drohen, während ihr mächtiger Gegner losspurtete, und die Geschlossenheit des Rudels einfach zersprengte, indem er auf die Wölfe zujagte und sie nach allen Richtungen hin vertrieb ... Dann machte er sich über den Kadaver her. Die Wölfe gaben ihre Beute jedoch nicht kampflos auf; mit gefletschten Zähnen und gewagten Vorstößen störten sie ihn am Fressen. Fortwährend sahen sich Feuerhaar und Roter Wolf nach weiteren Mähnenkatzen um; - die große Mähnenkatze schien allein zu sein, allein gegen ein ganzes Rudel Wölfe, das den Gegner zunehmend wagemutiger und aggressiver einkreiste und bedrängte. Roter Wolf fühlte nun deutlich den Wolfsmann in seinen Gedanken, auf eine Weise, als ob sein Geist in ihn gefahren wäre und er mit den Augen seines Urahnen sehen könne. Ihm fiel eine freistehende Kiefer in der Nähe des Kadavers auf, geeignet, um daran hochzuklettern und von dort aus seinen Speer zu werfen. - Gemeinsam, so glaubte er, würden sie den Löwen besiegen ...
    Als Feuerhaar bemerkte, daß Roter Wolf seine Deckung verließ und im Begriff war, die Felsen hinabzuklettern, wollte er im ersten Augenblick aufspringen, seinen Bruder packen und mit Gewalt in eine Nische zwischen die Steine zwingen; aber eine innere, zur äußersten Vorsicht mahnenden Stimme, verbat ihm jede ruckartige Bewegung. Ohne den Kampf der Wölfe aus den Augen zu verlieren schlich er ihm hinterher und versuchte ihn einzuholen; dabei einen Laut von sich zu geben wagte er nicht.
    Roter Wolf erreichte vor ihm den Fuß des Felsen und lief in geduckter Haltung los - in einem Bogen auf das Geschehen zu. Feuerhaar sah ihm nach und versuchte zu verstehen, was er vorhatte. Beiläufig nahm er wahr, daß sich einer der Wölfe zu weit vorgewagt hatte ... Ein Prankenhieb der Mähnenkatze traf ihn am Hinterlauf; nur für den kurzen Moment eines Wimpernschlages lang sackte der Wolf zur Seite. Blitzschnell riß die Mähnenkatze ihn nieder und biss zu. Von Schrecken begleitet sah er, daß Roter Wolf aufsprang, den Speer hochriß, mit ein paar schnellen Schritten vorstieß – und warf ... Die Spitze des Speeres pflanzte sich zwischen die Rippen der Mähnenkatze. Die aber zuckte nur kurz, brach mit einem gewaltigen Ruck ihres Kopfes den Nacken des Wolfes, drehte sich einmal um die eigene Achse, schlug mit der Pranke nach einigen Wölfen, jagte einem von ihnen nach – und änderte plötzlich ihre Richtung ...

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