Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
Vom Netzwerk:
Feuerhaars
     Magen krampfte; sofort spurtete er los. Ein Gedanke schoß ihm wie ein Echo durch den Kopf: „Die Mähnenkatze wird ihn töten!“ Er lief, lief wie nie zuvor – und schleuderte seine Steine ... Die ledernen Riemen mit den Wurfsteinen trafen die Vorderläufe der Mähnenkatze und verwickelten sich darin; der Löwe überschlug sich, wenige Schritte von Roter Wolf entfernt, rollte sich jedoch sofort wieder auf die Beine und setzte zum Sprung an. Im selben Augenblick stürzte Roter Wolf ihm mit vorgehaltener Lanze entgegen. Mit einem unheilvollen Krachen stießen sie aufeinander und der massige Körper des Löwen begrub ihn unter sich. Sofort warf sich Feuerhaar mit gezücktem Dolch auf den Rücken der großen Katze, umschlang mit einem Arm deren Hals und stieß ihr seinen Dolch, mit all seiner Kraft unterhalb des Halses direkt in den tödlichen Bereich des Herzens ... wieder und wieder, bis die Muskeln des Löwen endgültig erschlafften. Als er den schweren, reglosen Körper zur Seite wuchtete und Roter Wolfs zerfetzten, blutigen Fellüberwurf sah, nahm er die abgebrochene Lanze, tief im Schlund der Mähnenkatze, kaum wahr. Vom Ansatz des Halses, über Schultern und Brust war der Fellüberwurf von den Klauen des Löwen zerrissen; aber Roter Wolf stand auf, warf mit schmerzverzerrtem Gesicht seine geballten Fäuste hoch und rief den Wölfen zu: „Ihr Ahnen seht her! Die Mähnenkatze ist tot. - Seht ihr, was für mutige Jäger Tartruh und Ruatedannan sind? - Wir haben den Mut und die Stärke von Wolfsmensch! Es ist genug Fleisch für uns alle da, nehmt soviel ihr wollt!“
    Schon während des Kampfes hatten die Wölfe den Hirschkadaver weggeschleppt, längst die restlichen Eingeweide herausgerissen und gefressen; sie kauten bereits das Muskelfleisch. Einige von ihnen sahen Roter Wolf nun mit gestrecktem Hals und gestellten Ohren an, ganz so, als würden sie seine Worte verstehen ...
    -
     
    Der Morgen graute. Maramir und Leinocka saßen noch immer gemeinsam mit Kar und Werferin um ein Feuer in Bärenprankes Hütte. Kar legte frische Kräuter auf und beschwor erneut die Ahnen, so wie sie es während der Nacht wiederholt getan hatte. Sie bat die Ahnen darum, Feuerhaar und Roter Wolf beizustehen; die Geister der Toten sollten die Gedanken der Zwillinge lenken und sie auf sicheren Pfaden führen; als Scharfes Auge, der einst den Namen Weint Wenig getragen hatte, plötzlich laut die Namen der Söhne Maramirs rief. Während der Nacht hatte er über das Lager gewacht und erblickte sie jetzt als Erster. Ununterbrochen rief er ihre Namen. Maramir stürmte aus der Hütte. Sie sah das Fell eines Löwen, den wuchtigen Kopf mit der kurzen, schmalen Mähne, die mächtigen Pranken. Sofort lief sie den beiden entgegen und spürte die frischen Schnitte an ihren Armen pochen, während sie rannte. Ununterbrochen hatte sie mit ihrem Blut die Ahnen und die Großen Mächte um Schutz für ihre Söhne angefleht. - Sie sah Roter Wolfs nackten, zerschundenen Oberkörper und verlangsamte ihre Schritte. Er zitterte, war blutbeschmiert. Dennoch trug er voller Stolz das Kopfteil des Löwenfelles, und seine Augen blitzten auf, wie die eines zähnefletschenden Wolfes. Vorsichtig trat sie an ihn heran, betrachtete seine Wunden, fuhr vorsichtig mit ihren Händen, die keinen Augenblick still halten wollten, über die klaffenden Spuren der Mähnenkatzenpranken auf Roter Wolfs Schultern und Brust. Sein Gesicht war blaß, er hatte tiefe, dunkle Ränder unter den Augen. Tränen schossen ihr ins Gesicht; sie dankte den Ahnen, daß ihre Söhne wieder bei ihr waren, im schützenden Lager. Aber trotz Stolz und Freude, die Maramir empfand, konnte sie den lästigen Gedanken nicht verdrängen, daß Kar ihre Söhne beinahe in den Tod geschickt hatte. - Als Kar im nächsten Augenblick hinzutrat und Maramir in das Gesicht ihrer Schwester blickte, konnte sie Wut und Zorn kaum unterdrücken. In Kars Ausdruck war nichts von Reue zu erkennen, nein, darin lag nur der Glanz von Stolz und Zufriedenheit. Kar fühlte sich bestätigt in dem, was sie erhofft hatte. Ihre Prophezeiung, daß aus Roter Wolf und Feuerhaar Führer werden konnten, die zusammen stärker als Bärenpranke wären, schien sich zu erfüllen. Die Wölfe, so hatte Kar gesagt, würden eines Tages den Bären das Fürchten lehren ...
    Ihren eigenen Augen schenkte Maramir längst mehr Glauben als Kars Worten. Und allein aus diesem Grund zweifelte sie nicht daran, daß Roter Wolf mit der Hilfe von

Weitere Kostenlose Bücher