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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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im Rausch. Gekonnt vermieden sie unübersichtliche Felspartien und wichen dichten, hohen Grasflächen aus. Die beiden waren es gewohnt, ihre Wege auf diese Weise zu suchen; sie taten es genauso selbstverständlich, wie sie aßen, tranken oder schliefen.
    Die Nacht war längst hereingebrochen, als sie das bewaldete Flußtal erreichten, an dessen gras- und heidebewachsenen Hängen sie Vielhörner vermuteten. Sie kannten eine Stelle, wo der Fluß breit, und das Wasser niedrig war. Um diese Jahreszeit konnte man dort, auch nach einem Regen, den Fluß sicher durchqueren. Sie wußten von den Trampelpfaden an den Ufern und hofften, daß Vielhörner in dieser Nacht die Furt überqueren würden. - Als sie schließlich an jene Stelle kamen und sahen, wie flach das Wasser war, erkannten sie sofort, was sie tun mußten. Große Steinbrocken, die reichlich über die gesamte Breite des Flußbettes verteilt aus dem Wasser ragten, boten ein gutes Versteck. In einiger Entfernung voneinander hockten sie sich ins flache Wasser, duckten sich in den Schatten der Steine und warteten ...
    Feuerhaar konnte Füße und Gesäß bald kaum noch spüren; ununterbrochen ins kalte Wasser getaucht fühlten diese sich schon ganz taub an. Dennoch dachte er nicht daran, sein Versteck zu verlassen, er wußte, die Vielhörner würden kommen und das Warten wäre vorbei. Noch blieb alles ruhig. Nur das Wasser um ihn herum war in Bewegung und plätscherte leise. Doch er wußte, die Vielhörner würden kommen, um den Fluß zu überqueren. Dann würde er eines töten und ins Lager bringen ...
    Und tatsächlich erschienen die Vielhörner. Allerdings so plötzlich und überraschend, daß sich Feuerhaar instinktiv tiefer duckte, um sich zu verstecken, als sie aus dem Schatten der Bäume hervorbrachen und durch die Furt preschten. Aus dem Augenwinkel sah er einen Wolf auf sich zujagen. - Nur knapp an ihm vorbei, setzte er ans andere Ufer, gefolgt von einem ganzen Rudel. Wie gelähmt kauerte Feuerhaar zwischen den Steinen und streckte, erst nachdem die Meute wieder im Schatten der Bäume verschwunden war, seinen Kopf aus dem Versteck. Prüfend sah er sich um. An den Ufern blieb alles ruhig. - In dem Moment, als er gerade aufstehen wollte, um seine Deckung zu verlassen, tauchte ein junges Vielhorn auf. Während der Hetzjagd mußte es von seinem Rudel getrennt worden sein. Unvorsichtig sprang es, während es den Fluß durchquerte, zwischen den Flußkieseln umher. Ungefähr als es die Mitte des Flußes erreichte, schoß Roter Wolf hinter einem der Steine vor und ließ seine Schleudersteine kreisen, während der aufgeschreckte Junghirsch einen gewaltigen Satz Richtung rettendes Ufer unternahm ... In dem Augenblick, als Feuerhaar sah, daß der Wurf seines Bruders daneben gehen würde, schnellte er hoch und holte mit dem Speer aus ... Erneut aufgeschreckt, tat der Hirsch einen Ausfallschritt, einen Fehltritt; das Tier stackste für einen Augenblick zwischen den Steinen ... und der Speer pflanzte sich in seine hintere Flanke. Dennoch erreichte der Hirsch das Ufer und verschwand zwischen den Bäumen. Sofort eilten sie dem verwundeten Tier nach. Der Speer steckte fest im Fleisch. Sie zweifelten nicht daran, daß der Speer in der Flanke des Vielhorns dessen Flucht erschwerte. Dennoch verlor sich das Geräusch ihrer flüchtenden Beute im Wald. Aber sie konnten deutlich die Nähe des Vielhorns spüren, während sie aufmerksam durch das Unterholz pirschten, beinahe seinen Atem fühlen, in Gedanken sehen, wie es nahezu bewegungslos zwischen den Bäumen ausharrt, aufgeregt schnaufend, lauscht und wittert. Sie wußten wo es sich aufhielt, obwohl die Dunkelheit des Waldes alle Spuren schluckte. Leise durchkämmten sie das Dickicht ... hörten ein verdächtiges Rascheln und Knacken... plötzlich brach etwas flüchtend durch das Unterholz. So schnell sie konnten, liefen sie hinterher. Nur spärlich fand das Licht des Vollmondes durch die Baumkronen. Aber dann wurde es heller, der Wald lichter, und sie gelangten an den Fuß eines Hanges - erklommen Felsen und durchquerten das letzte Stück des Waldes – bis sie die Schatten der Bäume hinter sich ließen. Im mondbeschienen, niederen Gras stießen sie schließlich auf die kleinen dunklen Flecken einer Blutspur. Der Fährte folgend, kletterten sie den Hang hinauf und erreichten die Hügelkuppe. Dort verlor sich die Spur zwischen knorrigen Kiefern und lichtem Gras. Das Vielhorn war stärker als sie vermutet hatten. Außerdem schien die

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