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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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maß. Unter dem Schnee fanden sie Abdrücke von gespaltenen Hufen und Kot, die Erde roch nach Wisent. Die Herzen der Zwillinge schlugen höher. Sie folgten der Fährte den Hügel hinauf. Oben, auf der Kuppe, erspähten sie die Umrisse der Wisente. Feuerhaar und Roter Wolf wußten, was das bedeutete: Der ganze Stamm würde mit Lastenschlitten auf eine große Jagd nach den Lockenstirnzweihorn gehen. Und dieses Mal würden sie gemeinsam mit den anderen Jägern die Beute stellen und erlegen. Frauen und Kinder würden danach beim Zerlegen und Packen der Schlitten helfen und die Taten der Jäger rühmen ... Die Zwillinge konnten es kaum erwarten, sich zu beweisen.
    Im Schutz des Schneegrabens, schlichen sie auf allen vieren voran und folgten der Fährte. Als sie nahe genug waren, schätzten sie das umliegende Gelände ein, beobachteten die Herde und versuchten auszumachen, wieviele Bullen unter den ausgewachsenen Tieren waren. Ihnen fiel auf, daß die Herde enger zusammenrückte; die Jungtiere hielten sie in ihrer Mitte; die Alten wirkten aufmerksam und unruhig, so als ob sie sich bedroht fühlten. Waren andere Jäger in der Nähe? Von ihrer Position aus konnten sie nichts erkennen; deswegen schlug Bärenpranke vor, unterhalb des Hanges, außer Sichtweite, zu den dichten Baumgruppen vorzustoßen, die an einer anderen Seite des Hügels bis nahe an die Herde heranreichten. - Auf demselben Weg, den sie auch gekommen waren, schlichen sie zurück und gingen um den Hügel herum. Dabei stießen sie auf eine äußerst fremdartige und deutlich frische Spur: zwei schmale nebeneinander verlaufende, in den Schnee gepreßte Linien. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Es sah aus, als hätte jemand irgend etwas hinter sich hergezogen. Doch es waren keine Trittspuren zu sehen. In welche Richtung führte die merkwürdige Spur? Entweder in Richtung der Baumgruppen, den Hügel hinauf - oder aber hinab. - Instinktiv entschieden sie sich, der Spur in Richtung Bäume zu folgen; wobei sie an eine Stelle kamen, an der die sonderbaren Linien ausbrachen, mal da, mal dort hin führten, doch immer wieder auf jene Hauptlinien trafen, die sich durchgehend fortsetzten. - Die dichte Baumgruppe war so nah, daß nur eine kleine Biegung sie noch davon trennte. Umsichtig ging Bärenpranke nun langsamer voraus – die Spur führte in den kleinen Wald hinein. Mit einem Mal duckte sich Bärenpranke und gab Zeichen in Deckung zu gehen. Roter Wolf konnte nichts ungewöhnliches entdecken, doch dann sah er ... Menschen! Bis zu den Oberschenkeln steckten sie im Schnee und stapften voran, den Hügel hinauf, in Richtung Herde. Sie wirkten kraftlos, es schien sie einige Mühe zu kosten, hinauf zu gelangen. Auf ihren Schultern trugen sie flache, kantig wirkende Stangen, mit Lanze und Speer in der anderen Hand stützten sie sich im tiefen Schnee ... und die fremden trugen Schleudersteine um ihre Hüften gebunden. Staunend betrachtete er die drei hochgewachsenen Männer in ihren langen Fellmänteln. - Bis jäh ein Schrei in seine Ohren gellte; worauf er den Kopf herumwarf und dem angsterfüllten Blick einer dunkelhaarigen Frau begegnete, die am Fuß eines Baumes, an den Stamm gelehnt, im Schnee saß. Hysterisch rief sie nach den Männern, die schon fast den Hang erklommen hatten.
    Hinter der Frau tauchte ein weiterer Mann auf. Die Art, wie er Lanze und Speer hielt, verriet seine Bereitschaft zu kämpfen. Im nächsten Moment schien die Welt still zu stehen. Abschätzend begegneten sich ihre Blicke. Diese Menschen waren Plattgesichter ... mit auffallend langen Schädeln, eng beieinander sitzenden Augen und ausgeprägten Wangenknochen. - Die Frau war verwundet, die Hand, die sie auf ihren Bauch drückte, war voller Blut. Ihr trüber Blick verriet Furcht und Schwäche. Ihr Gesicht war bleich, dunkle Ränder unter ihren Augen; dicke, dunkle Ränder unter den Augen des Mannes mit dem kurzen, dunklen Bart und dem dunkelblonden Haar; auch er sah blaß aus, wirkte krank. Aber seine Statur ... Ein Mann von dieser Größe mußte ein gefährlicher Gegner sein. Roter Wolf war wie gelähmt, als Bärenprankes Kampfgebrüll die wachsende, nahezu berstende Spannung dieses zerbrechlichen, wertvollen Augenblicks zerschmetterte. Wie von Sinnen stürmten er und Schneller Läufer auf die Frau und ihren Gefährten zu. Sofort holte der Fremde aus und schleuderte seinen Speer. - Die Waffe verfehlte Bärenpranke nur knapp, schoß dicht an Roter Wolf vorbei und pflanzte sich mit solch einer Wucht

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