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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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gefahren war, ausgetrieben hätte. Was tatsächlich geschehen war, hatte er nie erfahren. Doch jetzt wurde ihm klar, daß der Mächtige Bär schon damals in Werferin wohnte und sich ihnen bereits einmal gezeigt hatte. Dieses Mal wirkte der Blick noch bedrohlicher; aus diesen Augen sahen die Toten auf sie herab. Ein furchteinflößender, mächtiger Geist hatte Besitz von Werferins Körper ergriffen. Roter Wolf wehrte sich gegen die tiefe Furcht, die der Mächtige Bär in den Spitzgesichtern auszulösen vermochte. Noch immer erkannte er ihn an, als den mächtigen Urahnen seiner Stammesmitglieder. Er zweifelte nicht an der Macht des Mächtigen Bären, auch nicht daran, daß er das Schicksal der Spitzgesichter bestimmte; doch seines bestimmte er nicht. Seine Seele war die des Wolfes.
    Im nächsten Augenblick erklang Scharfe Schneides schwermütiger Gesang. Weitere Stimmen setzten ein. Laut besangen sie den Mächtigen Bären, der mit seiner Erscheinung die Hoffnung weckte, Seelenwunden zu heilen und die schweren Schicksalsschläge vergessen zu machen. Singend erbaten sie eine erfolgreiche Jagd. Begeisterung und Leidenschaft für den Kampf erwachten. Es war ein Gesang ohne Worte, und jeder wußte, was er bedeutete. In jenem Moment spürten alle gemeinsam die starke geistige Verbindung zu den Mächten.
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    Es war das erste Mal, daß Feuerhaar und Roter Wolf im Land der Winterlager, im Land der großen Herden auszogen, um Jagdwild aufzuspüren. Sie hatten nicht damit gerechnet, daß es so mühsam werden sollte. Der Schnee fiel in dicken Flocken. Bis über die Knie wären sie darin versunken, hätten sie nicht unter ihren Füßen ein Gerüst aus mit Fell bezogenen, dicht gebundenen frischen Zweigen getragen. Das Vorwärtskommen mit den großflächigen Sohlen erforderte Übung, war anstrengend und lästig. Aber den gefährlichen großen Horntieren und den schnellen Jägern mit ihren gefürchteten Zähnen waren sie damit überlegen. Im Tiefschnee waren sie, die Menschen, die mächtigsten Jäger dieser Welt und jeder Gegner mußte sie fürchten. Die Jagd in Schnee und Eis erforderte jedoch großen Wagemut und Erfahrung. Nicht nur ein Kampf mit Viel- oder Zweihörnern konnte Leben kosten; es galt nicht nur, allein die wehrhafte Beute zu bezwingen, sondern auch gegen beißende Kälte, Schneestürme und die Rotten von ausgehungerten Löwen und Hyänen zu bestehen. - Doch so weit war der Winter noch nicht fortgeschritten.
    Der fallende Schnee und das graue, fahle Licht behinderten die Sicht. Die Kapuzen, die ihnen tief ins Gesicht hingen, verengten ihr Blickfeld. Fortwährend durchquerten sie die lichten Wälder der Ebene, am Fuß der Hügel. Die welken Spitzen von Schilf- und Rohrgrashalmen, die im Schutz der Baumkronen noch aus dem Schnee ragten, verrieten, daß sich im Sommer sumpfiges Gelände und Bäche durch die Flußaue des großen Stroms zogen. Die Entfernung zum Lager wuchs mit jedem Schritt, dessen Abdruck im Schnee alsbald überdeckt sein würde. Ihre Beine verloren allmählich an Kraft. Als sie schließlich ins Hügelland vorstießen wurde es immer schwerer, Schneller Läufer und Bärenpranke zu folgen. Von den großen Herden war bisher nichts zu sehen. Der Tag brachte nichts außer Anstrengung, Schnee, nochmals Schnee und trister, schlafender Landschaft. Bis auf ihren eigenen schnellen Atem und das Knirschen ihrer Schritte im Schnee war nichts zu hören.
    Eine andere Gruppe war auf dem Weg ins Tal der Zweischwänze, den Giganten dieser Welt, die größer waren als die mächtigen Einhörner, in deren Begleitung sie sich meist befanden. Ein einziger Zweischwanz versprach Reichtum an Fell, Fleisch und Werkzeugen für eine lange Zeit. So bestand wenigstens die Hoffnung, daß, wenn für sie der Erfolg ausbleiben würde, Braunhaut und die anderen mehr Glück hatten.
    Obwohl der Wind ihnen den fallenden Schnee ins Gesicht wehte und ihre Sicht trübte, fiel Bärenpranke irgendwann eine Mulde in der Schneedecke auf, die nicht in das Bild der Landschaft paßte. Eine schmale Vertiefung zog sich von dort aus wie ein schneebedeckter Bachlauf, einen Hügel hinauf und verlor sich an der Krümmung der Kuppe. Was dahinter lag, entzog sich ihrem Blick, aber die Vertiefungen in der Schneedecke, ließen eine Herde vermuten, die sich an jener Stelle der Mulde aufgehalten hatte und schließlich den Hügel hinaufgezogen war.
    Als die vier jene Senke erreichten, stellten sie fest, daß die Dicke der Schneeschicht gerademal zwei Handbreit

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