Die Zeit der Hundert Königreiche - 4
dein Ernst sein!« Er starrte Varzil ungläubig an. »Was für ein Wahnsinn ist das? Sollen wir nur mit Schwertkämpfern in den Krieg ziehen, während unsere Feinde mit Pfeilen und Haftfeuerbomben und Zauberei über uns herfallen? Dom Varzil, es widerstrebt mir, Euch als Verrückten anzusehen. Aber glaubt Ihr wirklich, der Krieg sei ein >Burgen<-Spiel, bei dem Frauen und Kinder um Kuchen oder Pfennige würfeln? Glaubt Ihr wirklich, irgendein vernünftiger Mann würde sich einen solchen Vorschlag auch nur einen Augenblick lang anhören?«
Varzils ruhiges, hübsches Gesicht war völlig ernst. »Ich gebe dir ,nein Ehrenwort, ich meine, was ich sage, und viele kleine Königreiche haben den Vertrag mit König Carolin und den Hasturs bereits unterzeichnet. Feiglingswaffen und Laran-Kriegführung sollen ganz und gar verbannt werden. Wir können den Krieg nicht verhindern, nicht beim augenblicklichen Zustand unserer Welt. Aber wir können ihn in Grenzen halten, wir können verhindern, daß der Krieg Felder und Wälder verwüstet, wir können auf Waffen von der Art verzichten, wie sie Hali vor neun Jahren trafen. Dort schwollen Kinder an und starben an Krankheiten, die ihr Blut zu Wasser verwandelte, weil sie in Wäldern gespielt hatten, deren Blätter vom Knochenwasser-Staub vernichtet worden waren … Auf diesem Land kann immer noch niemand leben, Dom Rafael, und das mag noch zur Zeit von Jung Alarics Enkeln so sein! Der Krieg ist ein Wettbewerb, Dom Rafael. Er könnte in der Tat durch die Würfel oder ein >Burgen<-Spiel entschieden werden. Die Regeln der Kriegführung sind nicht von den Göttern erlassen worden, und deshalb dürfen wir nicht fortfahren, immer wirksamere Waffen einzusetzen, die uns eines Tages alle vernichten werden, den Sieger ebenso wie den Besiegten. Warum sollen wir uns nicht, ehe dieser Tag kommt, auf Waffen beschränken, die von allen in Ehren benutzt werden können?«
»Dem wird mein Volk niemals zustimmen«, sagte Dom Rafael. »Ich bin kein Tyrann, daß ich den Leuten ihre Waffen wegnehmen und sie gegen skrupellose Angreifer, die ihre Waffen weiter benützen werden, hilflos machen will. Vielleicht, wenn ich sicher wäre, daß alle unsere Feinde es bereits getan haben … aber das glaube ich nicht.« »Bard di Asturien … « - überraschend wandte sich Varzil an diesen -, »… du bist Soldat. Die meisten Soldaten sind Männer der Vernunft. Du bist Kommandant von deines Vaters Armee. Würdest du es nicht begrüßen, wenn man diese grauenhaften Waffen für ungesetzlich erklärte? Hast du noch nie ein von Haftfeuer verbranntes Dorf oder an der Knochenwasser-Krankheit sterbende kleine Kinder gesehen?« Bard durchfuhr es wie ein Messerstich. Er erinnerte sich, ein solches Dorf in der Nähe von Scaravel gesehen zu haben. Noch hörte er das endlose Schreien und Weinen der vom Haftfeuer verbrannten Kinder. Es dauerte Tage, bis sie eins nach dem anderen starben, und dann schien die Stille noch schrecklicher zu sein, als tönten die Schreie in seinen Gedanken fort … Er selbst würde niemals Haftfeuer benutzen. Aber warum fragte Varzil ihn? Er war nur ein Soldat, der loyale Mann seines Vaters, der Befehlen gehorchen mußte.
Er erklärte: »Dom Varzil, ich wäre gern bereit, nur mit Schwert und Schild zu kämpfen, wenn die anderen dazu gebracht werden könnten. sich ebenfalls darauf zu beschränken. Aber ich bin Soldat, und meine Aufgabe ist es, Schlachten zu gewinnen. Ich kann aber keine Schlachten gewinnen, wenn ich meine Männer mit Schwertern gegen eine Armee führe, die Haftfeuer benutzt oder durch Zauberei Dämonen hervorruft, die Wind und Wasser und Stürme und Erdbeben beherrschen.«
»Das würde auch nicht von dir verlangt«, entgegnete Varzil. »Aber stimmst du zu, daß du nicht der erste sein wirst, der Laran einsetzt, besonders nicht gegen Nichtkämpfer, wenn du nicht damit angegriffen wirst?«
Bard wollte sagen, das höre sich vernünftig an, als Dom Rafael zornig dazwischenfuhr: »Nein! Der Krieg ist kein Spiel!«
Varzil erklärte verächtlich: »Wenn er kein Spiel ist, was ist er dann? Ganz bestimmt obliegt es doch den Kriegführenden, die Regeln nach ihren Wünschen aufzustellen! «
Dom Rafael verzog geringschätzig den Mund. »Warum sollen wir deine Ideen dann nicht gleich ganz verwirklichen? Dann könnten in Zukunft alle unsere Kriege durch ein Fußballspiel entschieden werden oder sogar durch einen Wettkampf im Bockspringen! Sollen wir unsere alten Männer aussenden, damit sie unsere
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