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Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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die Sonne nicht sehen konnte hielten sie an und aßen die kalten Rationen, die von den Proviantmeistern ausgegeben wurden: Brot, in das Rosinen oder irgendwelches Trockenobst und Nüsse eingebacken waren, eine milde Käsesorte, eine Handvoll ganzer Nüsse und einen hellen, säuerlichen Wein, der trotzdem Körper hatte und erfrischte und erwärmte. Paul wußte, daß es das hierzulande übliche hausgemachte Getränk war, und er glaubte, Geschmack daran finden zu können.
Mitten in der Mahlzeit kam Bards Adjutant und rief Paul zum General. Als er sich gehorsam erhob, zog er Blicke und Bemerkungen auf sich. Vielleicht sollte er Bard warnen, daß es Ärger geben könnte, wenn ein Neuling in der Armee scheinbar so begünstigt wurde. Aber als er es erwähnte, tat Bard es mit einem Schulterzucken ab. »Ich tue nie das, was man von mir erwartet. Das ist einer der Gründe, warum man mir den Namen Wolf gegeben hat. Es bringt die Leute aus dem Gleichgewicht.«
Dann berichtete er Paul, einer seiner Meldegänger habe die Nachricht gebracht, die Serrais-Armee sei nicht weit entfernt, Sobald sich das Weiter aufkläre, wolle er Kundschaftervögel aussenden, um Ort und Formation genau festzustellen. »Aber ich habe einen jungen Laranzu mit dem Gesicht«, sagte er, »und es mag sein, daß wir sie im Regen überrumpeln können. - Ruyven«, wandte er sich an einen anderen Adjutanten, lauf und sag Rory Lanart, wenn er seine Mahlzeit beendet hat, soll er sofort zu mir kommen.«
Als Rory kam, stellte Paul betroffen fest, daß der junge Laranzu erst etwa zwölf Jahre alt war. Fochten auf dieser Welt sogar die Kinder Schlachten bösartiger Zauberei aus? Bestürzt dachte er an den kleinen Erlend, der einen Sternenstein um den Hals trug. Würde Erlend in einer Welt wie dieser aufwachsen? Er beobachtete, wie das Kind in seinen Sternenstein blickte und die Informationen, die sie brauchten, mit leiser, entrückter Stimme meldete. Was mochte Melisandra empfinden, wenn ihr Sohn zu so etwas erzogen wurde?
Im Grunde ist Bard nichts weiter als ein barbarischer Häuptling auf einer barbarischen Welt. Er und ich sind nicht der gleiche Mann. Er ist der Mann, der ich in dieser barbarischen Gesellschaft hätte werden können. Er hob den Kopf und stellte fest, daß Bard ihn beobachtete. Aber sein Duplikat ließ sich nicht anmerken, ob er diesmal Pauls Gedanken gelesen hatte. Er sagte nur: »Bist du fertig mit Essen? Nimm dir mit, was du willst - ich stecke mir immer ein paar Nüsse in die Tasche, die ich beim Reiten essen kann -, und sag den Adjutanten, sie sollen die Männer wieder in Marsch setzen. Rory, du reitest mit mir an der Spitze der Armee. Ich werde dich brauchen. Irgendwer soll dein Pferd führen, wenn du das Gesicht benutzt.« Sie waren nach Pauls Schätzung seit der Mittagspause kaum eine Stunde geritten, als sie oben auf einem Hügel anlangten. Bard wies wortlos nach unten. Im Tal war eine Armee aufgestellt und wartete. Paul erkannte selbst aus dieser Entfernung das grün-goldene Banner der Ridenows von Serrais. Zwischen ihnen und der Serrais-Armee lag ein Wäldchen, eine kümmerliche Ansammlung von Bäumen und Unterholz. Plötzlich erhob sich eine Schar Vögel, beim Fressen gestört, aus den Büschen. Paul hörte Bard denken: Damit hat’s sich, wir müssen den Gedanken an einen Überraschungsangriff fallenlassen. Aber ihre Leroni wissen sicher sowieso, daß wir kommen. Und sie haben bestimmt Leroni bei sich.
Adjutanten ritten durch die Reihen der Männer und stellten sie nach dem Schlachtplan auf, den Bard kurz mit Paul durchgesprochen hatte. Paul wußte, es gehörte zu den Dingen, die die Adjutanten übelnahmen, daß ihr Anführer mit Paul, einem Außenseiter und Neuling, wie mit seinesgleichen sprach. Natürlich hatten sie keine Ahnung, wie gleich Paul dem General war. Aber sie spürten etwas, und es machte sie ärgerlich. Eines Tages, sowie er Zeit dazu fand, sagte sich Paul, mußte er sich damit befassen. Ein wenig belustigt dachte er, daß zumindest diese Quelle der Reibung beseitigt war, wenn er und Bard einmal getrennte Armeen anführten, von denen jede glaubte, an ihrer Spitze reite der selbst. Dann stand kein aufdringlicher Außenseiter mehr zwischen dem Wolf und seinen treuen Gefolgsleuten.
Das Signal zum Angriff war, wie immer, daß Bard sein Schwert zog. Paul wartete darauf, die Hand auf dem Heft seiner eigenen Waffe. Es hatte sich ausgeregnet, und nun fielen nur noch vereinzelte Tropfen. Jetzt flammte plötzlich durch einen

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