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Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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das Verbrennen!« rief sie, und ihre Stimme verriet namenloses Grauen. »Oh, diese Qual … Tod, Tod fällt vom Himmel … das Feuer … die Schreie … « Die Stimme erstarb ihr in der Kehle. Ihre Augäpfel rollten nach oben, daß nur noch das Weiße zu sehen war, als blicke sie auf ein schreckliches Bild in ihrem Innern.
Meister Gareth stieß hervor: »Mirella! Gute Götter, Mirella … sie ist dort … «
Das rief Melisandra in die Wirklichkeit zurück, aber nur für einen Augenblick. »Wir können nicht sicher sein, daß sie bereits dort eingetroffen war, lieber Vater. Ich … ich habe sie nicht schreien gehört, und ich bin sicher, ich hätte es erkannt, wenn sie dabeigewesen wäre… aber oh, das Brennen, das Brennen … « Von neuem schrie sie auf. Paul beugte sich zu ihr hinüber und umfaßte sie. Schluchzend ließ sie den Kopf an seine Brust sinken.
Er flüsterte: »Was ist das, Melisandra, was ist das … ?« Aber sie war nicht fähig, ihm zu antworten. Sie konnte sich nur an ihn klammern und hilflos weinen. Auch Meister Gareth sah aus, als werde er gleich aus dem Sattel fallen. Bard wollte den alten Laranzu stützen, und als seine Hand ihn berührte, überfluteten die Bilder auch seinen Geist. Lodernde Flammen. Sengender Schmerz, unerträgliche Pein, als das Feuer sich weiterfraß, verzehrte, zerriß … Mauern zerbröckelten und fielen … Stimmen erhoben sich zu Schreien der Qual, des Entsetzens, der wilden Klage … Luftwagen stürzten hernieder, Feuer und Tod regnete vom Himmel …
    Paul war davon bisher unberührt geblieben, aber als sich Bards Geist den Bildern öffnete, sah und fühlte er sie auch, und er erbleichte vor Grauen. »Feuerbomben«, flüsterte er. Er hatte diese Welt für zivilisiert gehalten, für zu zivilisiert, um diese Art Krieg zu führen. Er hatte geglaubt, hier sei der Krieg eher ein Spiel, eine mannhafte Mutprobe, eine Sache der Herausforderung und Annahme des Kampfes. Aber dies …
Der Körper einer Frau loderte wie eine Fackel, der Geruch nach brennendem Haar, brennendem Fleisch, die Todesqual … Bard mühte sich um den alten Mann, wie er es bei seinem eigenen Vater getan hätte. Ihm war übel von den entsetzlichen Bildern in seinen Gedanken. Aber irgendwie schaffte es Meister Gareth, sich von dem Grauen loszureißen. »Genug!« stieß er mit heiserer Stimme hervor. »Wir können ihnen nicht helfen, indem wir ihren Todeskampf teilen! Schirmt euch ab, ihr alle! Sofort!« Er sprach mit der Befehlsstimme, und plötzlich war die Luft um sie frei von Rauch und Gestank und Feuer. Die unerträglichen Schmerzensschreie waren verschwunden. Paul blickte benommen auf die friedliche Straße und die stillen Wolken über ihnen, vernahm die Hintergrundgeräusche einer marschierenden Armee. Irgendwo wieherte ein Pferd, Vorratswagen knarrten und rumpelten, ein Treiber verfluchte gutmütig seine Maultiere. Der unvermittelte Übergang ließ Paul blinzeln. »Was war das? Was war das, Melisandra?« Er hielt sie immer noch in seinen Armen. Ein bißchen verlegen richtete sie sich auf.
, »Hali«, antwortete sie. »Der große Turm am Ufer des Sees. Lord Hastur hatte geschworen, die Türme sollten neutral bleiben, zumindest Hali und Neskaya - ich weiß nicht, wer den Turm angegriffen hat.« Ihr Gesicht spiegelte immer noch das Grauen wider, das sie geteilt hatte. »Jeder Laranzu, jede Leronis in den Hundert Königreichen muß diesen Tod miterlebt haben … Darum hat Lord Varzil Neutralität gelobt. Wenn dies weitergeht, wird bald kein Land mehr da sein, das erobert werden kann … «
Alle sahen erschüttert aus; viele von den Leroni weinten. Melisandra sagte: »Jeder von uns hier hat eine Schwester, einen Bruder, einen Freund, einen geliebten Menschen in Hali. Der Turm ist der größte von allen. Es sind sechsunddreißig Frauen und Männer dort, drei vollständige Kreise mit Leroni aus jedem einzelnen Königreich und jeder mit Laran begabten Familie … « Die Stimme versagte ihr. »Soviel für den Vertrag,<, erklärte Meister Gareth grimmig. »Sollen sie ruhig in Elhalyn sitzen und sich im Kampf auf Schwerter und Armbrüste beschränken, wenn auf sie Feuer vom Himmel niederfällt? Aber wer kann es gewagt haben, Hali anzugreifen? Das waren doch sicher keine Truppen von Asturias?
Bard schüttelte stumm den Kopf.
>Serrais verfügt im Augenblick nicht über diese Stärke, und warum sollte Lord Hastur seinen eigenen Turm vernichten, dessen Leute loyal zu ihm standen und Neutralität beschworen hatten?

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