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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Augen des Mannes wanderten zu dem Kratzer auf Pauls Wange. »Ihr seht aus, als hättet Ihr mit einer dieser Huren in Rot gekämpft«, lachte er. »Ich hoffe, Ihr habt ihr die Ohrringe aus den Löchern gerissen, Sir.« Auf Casta war die Redewendung leicht zweideutig, und Paul – der den Witz auf seiner eigenen Welt ein bißchen zu plump gefunden hätte – lachte kameradschaftlich und antwortete nur mit einem wissenden Grinsen.
    »Ich hörte, daß sie alle desertiert sind, Sir. Wollt Ihr sie bestrafen oder zu Gesetzlosen erklären oder etwas in der Art? Die Männer hätten ihren Spaß daran, und die Frauen würde es lehren, an dem ihnen angemessenen Platz zu bleiben.«
    Paul schüttelte den Kopf. »Falken fliegen keinen Käfigvögeln nach, und Reisende soll man nicht aufhalten.« Gedankenverloren ging er weiter zu seinen eigenen Räumen. Wie er es vorhergesehen hatte, wartete Melisandra auf ihn.
    Sie legte die Arme um ihn und küßte ihn, und Paul wurde bewußt, daß er sich auf dem ganzen Rückweg von der Insel des Schweigens auf diesen Augenblick gefreut hatte. Was war mit ihm geschehen, daß eine Frau ihm so unter die Haut geraten konnte?
    »Wie geht es Erlend?«
    »Gut, obwohl ich wünschte, wir könnten ihn aufs Land schicken, wo er sicher wäre«, antwortete sie, »oder noch besser in den Turm. Aber …«, sie wurde blaß, »… nach dem, was in Hali geschehen ist, weiß ich nicht recht, ob es im Turm oder sonst irgendwo im Land noch Sicherheit gibt.«
    »Schicke ihn aufs Land, wenn du willst«, meinte Paul. »Ich bin überzeugt, Bard wird nichts dagegen haben. Aber warum glaubst du, er sei hier nicht sicher, Melisandra?«
    »Ich habe Aldaran-Blut«, antwortete sie zögernd, »und in dieser Linie ist das Laran der Vorausschau. Es ist nicht zuverlässig – ich kann es nicht immer kontrollieren. Aber manchmal … Es mag nur meine Angst sein, aber ich habe Feuer, Feuer in dieser Burg gesehen, und einmal, als ich König Alaric ansah, erblickte ich Flammen um sein Gesicht …«
    »Oh, Liebste!« Paul drückte sie an sich und dachte, wenn ihr etwas zustoßen sollte, gäbe es weder auf dieser noch irgendeiner anderen Welt mehr Glück für ihn. Was war nur mit ihm geschehen?
    Mit ihrer weichen Hand berührte sie den Kratzer in seinem Gesicht. »Wie hast du das bekommen? Es sieht zu klein aus für eine Kriegsverletzung.«
    »Ist es auch nicht«, erwiderte Paul, »denn ich habe es von einer Frau.«
    Sie lächelte. »Ich frage nie danach, was ein Mann während eines Feldzugs getan hat. Ich kann mir schon denken, daß du genug Frauen gehabt hast, aber kannst du keine willigen finden? Ich glaube nicht, mein Schöner, daß auch nur eine dich abweisen würde.«
    Paul fühlte, daß er errötete. Er dachte an die hübsche Rothaarige, die er und Bard sich geteilt hatten. Gott wußte, daß sie willig genug gewesen war. Aber anfangs war sie nur ein Trost darüber gewesen, daß Melisandra nicht da war, und später ein Vorwand für die Konfrontation mit Bard. »Die Frauen, die ich nehme, sind willig, meine Liebste«, sagte er und wunderte sich über sich selbst, warum er sich die Mühe machte, das zu erklären. Was war in den letzten paar Monaten über ihn gekommen? »Das hier hat eine Gefangene gemacht, eine Frau, die ihm zu bringen Bard mir befohlen hatte.«
    Das war es. Ich haßte es, eine Frau für ihn zu holen. Ich bin nicht sein verdammter Lakai! Zornig erkannte er den Grund für seine Verstimmung, und Melisandra, die sich in Rapport mit ihm fallen ließ, sagte: »Das überrascht mich. Es gibt wenig genug Frauen, die Bard verschmähen würden. Allerdings, so hörte ich, floh Prinzessin Carlina vom Hof. Es war davon geredet worden, sie miteinander zu verheiraten, als sie noch sehr jung waren.« Und als sie weiter seinen Gedanken folgte, flogen ihre kleinen Hände an ihren Mund, und sie starrte ihn an.
    »Carlina, im Namen der Göttin! Er hat dich geschickt – um selbst dem Zorn Avarras zu entgehen und ihn auf dich zu lenken!«
    »Ich glaube nicht, daß das allein der Grund war.« Paul erklärte ihr, daß er immun gegen den Zauber war, der auf der Insel des Schweigens lag.
    Sie hörte ihm beunruhigt zu und schüttelte verzweifelt den Kopf. »Jeder Mann, der seinen Fuß auf die Insel setzt, muß sterben …«
    »Erstens«, sagte Paul, »fürchte ich mich nicht vor eurer Göttin. Das sagte ich Carlina. Und dann ist sie seine Frau …«
    Melisandra schüttelte den Kopf. »Nein, die Göttin beansprucht das Recht auf sie.

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