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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Lady, bist nicht anders als andere Frauen, abgesehen von deinem Stolz. Ich weiß von Frauen, die sich sogar lieber töten als zugeben, daß ihre Wünsche sich in nichts von denen der Männer unterscheiden – aber ich dachte, du seist ehrlicher, du könntest dir selbst eingestehen – nun, da ich es unvermeidbar gemacht habe –, daß du mich gewollt hast.«
    »Das«, erklärte sie sehr leise, »ist eine Lüge, Bard. Eine Lüge. Und wenn du daran glaubst, dann nur deswegen, weil du nicht zu begreifen wagst, was du getan hast und was du bist.«
    Er zuckte die Schultern. »Zumindest kenne ich die Frauen. Seit meinem vierzehnten Jahr habe ich genug gehabt.«
    Carlina schüttelte den Kopf.
    »Du hast nie eine Frau richtig kennengelernt, Bard. Du weißt von ihnen nur, was du selbst über sie zu glauben wünschst, und das ist sehr weit von der Wahrheit entfernt.«
    »Und was ist die Wahrheit?« fragte er mit beißender Verachtung.
    »Du fragst mich«, sagte sie, »aber du wagst es nicht zu begreifen, nicht wahr? Hast du jemals einen Versuch gemacht, die Wahrheit herauszufinden – die wirkliche Wahrheit, Bard, nicht die beruhigenden Lügen, die die Männer sich einreden, um damit leben zu können, was sie sind und was sie tun?«
    »Willst du mir vorschlagen, ich solle eine Frau danach fragen und mir die Lügen anhören, die die Frauen sich einreden? Ich sage dir, sie alle ja, und du auch, Lady – wollen beherrscht werden, wollen, daß ihr Stolz gebrochen wird, damit sie sich zu ihren wirklichen Wünschen bekennen können …
    Sie lächelte ein kleines bißchen. »Wenn du das glaubst, Bard, dann wirst du sicher nicht zögern, dir die wirkliche Wahrheit von Geist zu Geist übertragen zu lassen, so daß keiner den anderen belügen kann.«
    »Ich wußte nicht, daß du eine Leronis bist«, sagte Bard, »aber ich bin mir ganz sicher, Lady, wenn du den Mut hast, mir deine innersten Gedanken zu zeigen, brauche ich das, was ich sehen werde, nicht zu fürchten.«
    Carlina berührte ihre Kehle, wo der Sternenstein in seinem Lederbeutelchen an einem geflochtenen Riemen hing. »Sei es so, Bard. Und Avarra habe Erbarmen mit dir, denn ich werde dir nicht mehr Mitleid schenken als du mir in der vergangenen Nacht. Wisse denn, was ich bin – und was du bist.«
    Sie wickelte den Stein aus, und seine Bläue, die kleinen Lichtbänder, die sich in ihm ringelten, verursachten Bard leichte Übelkeit.
    »Sieh her«, sagte sie mit leiser Stimme. »Sieh von innen heraus, wenn du willst.«
    Einen Augenblick lang geschah gar nichts, nur daß er sich ein wenig seltsam fühlte, und dann erkannte Bard, daß er sich so sah, wie Carlina ihn damals gesehen hatte, als er an den Hof kam und ihr Pflegebruder wurde: groß, lümmelhaft, ein unbeholfener Junge, der nicht tanzen konnte, zu schnell in die Höhe geschossen, über seine eigenen Füße stolpernd … Und sie hatte Mitleid mit mir? Nicht mehr als Mitleid? Nein. Er sah sich mit ihren Augen als den großen Jungen, gutaussehend, einschüchternd, sogar ein bißchen bewunderungswürdig, der ihr Kätzchen von dem Baum herunterholte – und plötzlich, als sie ihm so dankbar war, drohte, dem Kätzchen den Hals umzudrehen, so daß ihre Dankbarkeit in Angst unterging: Wenn er das einem Kätzchen antun kann, was könnte er mir antun? Carlina, so erkannte Bard, war er gewaltig, angsteinflößend, groß wie die Welt vorgekommen. Als sie nun verlobt werden sollten und sie zum ersten Mal an Bard als einen möglichen Ehemann dachte, empfand er mit ihr den Widerwillen. Muskulöse Arme würden sie drücken, rauhe Hände sie berühren. Sich krümmend vor Scham hatte sie vor allen Leuten seinen Kuß empfangen. Und dann ihr Zorn, als sie Lisarda in ihren Armen hielt, und das Mädchen wußte nicht einmal, was Bard getan hatte oder warum, nur daß sie mißbraucht, geschändet, gedemütigt worden war und daß sie ihm nicht widerstehen konnte, obwohl sie ihn haßte und ihr übel war von dem, was ihrem Körper angetan worden war, und wie er ihre Zustimmung zu ihrer eigenen Vergewaltigung erzwungen hatte …
    Und dann das Fest … Er hatte sie auf die Galerie geführt, und sie wußte, daß er von ihr, ob sie bereit war oder nicht, das haben wollte, was er von Lisarda gehabt hatte. Nur war es für sie schlimmer, weil sie wußte , was er wollte und warum …
    Bard begehrt mich nicht wirklich, er will in seinem Stolz nur bei der Tochter des Königs liegen, damit er des Königs Schwiegersohn wird. Er hat allein weder Namen noch

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