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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wirklich, nicht wahr, Melisandra? Obwohl er dich vergewaltigte …«
    »Oh, mein Lieber«, sagte sie, »es war keine Vergewaltigung. Ich war willig genug, auch wenn es wahr ist, daß er einen Glanz über mich warf. Aber ich habe inzwischen erfahren, daß sich viele Frauen einem Mann unter einem Glanz hingeben, und manchmal wissen sie es nicht einmal. Ich hoffe, die Göttin Avarra wird Bard vergeben, wie ich ihm vergeben habe.« Sie legte ihre Arme um Paul. »Aber warum reden wir von ihm? Wir sind zusammen, und es ist nicht wahrscheinlich, daß er uns diese Nacht stören wird.«
    »Nein«, sagte Paul. »Ich glaube, Bard wird an eine Menge anderes zu denken haben. Zwischen Lady Carlina und dem Zorn Avarras wird er kaum noch einen Gedanken für uns erübrigen können.«
     
    Carlina hatte lange Zeit geweint. Endlich ließ ihr Schluchzen nach, und nur noch die Tränen quollen ihr unter den geschwollenen Augenlidern hervor und tränkten das feuchte Kissen.
    »Carlina«, sagte Bard, »ich bitte dich, weine nicht mehr. Es ist geschehen. Mir tut es leid, daß ich dir weh tun mußte, aber von nun an wird es besser gehen. Ich gebe dir mein Wort, daß ich dich nie wieder grob behandeln werde. Bis an unser Lebensende können wir glücklich zusammen leben, Carlie, jetzt, wo du mich nicht mehr zurückweisen kannst.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. Ihre Augen waren vom Weinen so verschwollen, daß sie ihn kaum sehen konnte. Sie sagte mit heiserem Stimmchen: »Glaubst du das immer noch?«
    »Natürlich, meine Geliebte, meine Frau.« Er faßte nach ihrer schmalen Hand, aber sie zog sie ihm weg.
    »Avarra sei uns gnädig«, explodierte er, »warum sind Frauen so unvernünftig?«
    Sie blickte hoch, und ein seltsames kleines Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Sie sagte: » Du rufst die Gnade Avarras an? Ein Tag wird kommen, Bard, an dem du jenen Eid nicht mehr so leichtnehmen wirst. Du hast das Recht auf ihre Gnade verwirkt, meine ich, als du mich von der Insel entführen ließest, und dann heute nacht noch einmal.«
    »Heute nacht …« Bard zuckte die Schultern. »Avarra ist die Herrin der Geburt und des Todes – und des Herdfeuers. Sie kann doch nicht zornig über einen Mann sein, der seine Frau nimmt, die sich ihm angelobt hatte, lange bevor sie der Göttin ihren verräterischen Eid schwur. Und wenn sie eine Göttin ist, die sich zwischen Mann und Frau stellt, dann will ich schwören, daß ich ihrer Verehrung überall im Königreich ein Ende bereiten werde.«
    »Die Göttin ist die Beschützerin aller Frauen, Bard, und sie bestraft eine Vergewaltigung.«
    »Behauptest du immer noch, du seist vergewaltigt worden?«
    »Ja«, erklärte sie unnachgiebig.
    »Ich glaube nicht, daß du viel dagegen hattest. Deine Göttin weiß es, du hast nicht versucht, mich abzuwehren …«
    »Nein«, antwortete sie mit leiser Stimme, aber er hörte den unausgesprochenen Zusatz: Ich hatte Angst … Er hatte sie ein zweites Mal genommen, und sie hatte nicht um sich geschlagen und nicht versucht, ihn abzuwehren, sondern hatte still und passiv dagelegen und ihn tun lassen, was er wollte, als sei sie eine Stoffpuppe.
    Er sah sie mit Verachtung an. »Keine Frau hat sich je über mich beklagt – hinterher. Mit der Zeit wirst auch du dahin kommen, Carlina. Warum kannst du nicht ehrlich über deine Gefühle sein? Alle Frauen sind gleich: Im Herzen begehren sie einen Mann, der sie nimmt und beherrscht, und auch du wirst eines Tages aufhören, dich zu wehren, und zugeben, daß du mich ebenso begehrtest wie ich dich. Aber ich mußte dich zwingen, daß du es dir selbst eingestandest. Du warst zu stolz, Carlie. Ich mußte deinen Stolz brechen, bevor du zugeben konntest, daß du mich wolltest.«
    Sie setzte sich im Bett hoch und griff nach dem schwarzen Mantel Avarras.
    Er riß ihn ihr weg und schleuderte ihn wütend in eine Ecke. »Laß mich nicht noch einmal sehen, daß du das verdammte Ding trägst!«
    Carlina zuckte die Schultern. In ihrem zerrissenen Hemd stand sie so stolz und gerade da, als habe sie ein Staatsgewand an. Die Tränen strömten immer noch mit ihrem eigenen Leben dahin, aber sie wischte sie ungeduldig weg. Ihre Stimme war ruhig und kalt, wenn auch heiser vom vielen Weinen. »Glaubst du das wirklich, Bard? Oder ist das deine Methode, dich vor der Erkenntnis zu bewahren, welche Grausamkeit du begangen hast, welch ein elender Schurke du in Wirklichkeit bist?«
    »Ich bin nicht anders als andere Männer«, verteidigte er sich, »und du, meine

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