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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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versammelten sich unter den blühenden Bäumen im Obstgarten. Meister Gareth, der mit seinem schlimmen Bein heranhinkte, scharte die Leroni um sich. Zwei oder drei fehlten, denn einige von ihnen hatten in dem eingestürzten Flügel bei Dom Rafael und dem König Dienst gehabt. Doch es waren vier Frauen und zwei Männer außer dem Jungen da, und Meister Gareth sprach zu ihnen mit gedämpfter Stimme. Paul konnte aus dieser Entfernung nicht verstehen, was er sagte. Soldaten zogen auf und versuchten, die Leute von den fallenden Mauern fernzuhalten. Paul ging zu ihnen – was hatte Bard gesagt?
    Bis ich zurückkehre, bist du Lord General. Es ist früher eingetreten, als wir dachten, das ist alles .
    Einer der Männer lief auf ihn zu und salutierte. »Sir, Ihr werdet Euch Sorgen um Euren Sohn machen. Er ist sicher. Einer der Unteroffiziere hat ihn in seiner Obhut, da ja seine Mutter bei dem alten Hexenmeister und den anderen Leroni sein wird. Kommt, Sir, zeigt Euch ihm, damit der kleine Bursche weiß, daß er immer noch Vater und Mutter hat.«
    Ja, das mußte er tun. Erlend sah blaß aus und zitterte und hielt mit beiden Händen ein Hündchen umklammert.
    »Deine Mutter ist gerettet. Erlend, sie ist dort drüben bei deinem Opa«, sagte der Soldat. »Und siehst du, Chiyu , da kommt der Lord General, um dich zu deiner Mama zu bringen.«
    Erlend hob den Kopf. »Das ist nicht …« Einen Augenblick lang dachte Paul, von Panik erfüllt, das Spiel sei schon aus, bevor es begonnen hatte, und Erlend werde sagen: Das ist nicht mein Vater! Aber für einen Sekundenbruchteil trafen sich ihre Blicke, und der Kleine begann von neuem: »Das ist nicht der richtige Ton, mit mir zu sprechen, Corus; ich bin kein Baby.« Er drückte dem Soldaten das Hündchen in die Hände. »Bring ihn zu seiner Mama , er ist derjenige, der nach Milch heult! Ich sollte bei den Leroni sein. Einige von uns sind tot; sie werden jeden Sternenstein brauchen.«
    »Das ist schon einer, Lord General«, bemerkte der Soldat. »Wie der Wolf, so der Welpe! Ein prächtiger Bursche!«
    Vorsichtig und voller Würde sagte Paul zu Erlend: »Ich glaube nicht, daß sie dich brauchen werden, Erlend, aber du kannst gehen und sie selbst fragen.«
    »Danke, Sir.« Erlend ging festen Schrittes neben ihm her, doch Paul spürte, daß der Junge zitterte, und einen Augenblick darauf hielt er ihm seine Hand hin. Der Junge ergriff sie mit seiner kleinen, schweißigen Hand. Als sie außer Hörweite waren, fragte er heftig: »Wo ist mein Vater?«
    »Er … er ist heute morgen weggeritten.« Paul setzte hinzu: »Ich fürchtete, die Soldaten könnten glauben, er habe sie in dieser Situation im Stich gelassen, deshalb klärte ich sie nicht auf, als sie annahmen, ich sei dein Vater.« Er fragte sich, warum er einem Kind von sechs überhaupt eine Erklärung gab.
    »Ja. Er sollte hier sein.« In Erlends Stimme schwang eine Spur von Verachtung mit. Zum ersten Mal überlegte Paul, ob oder wann Bard zurückkehren werde.
    »Er sagte, bevor er fortritt, bis ich zurückkehre, bist du Lord General .« Erlend betrachtete ihn mit einem eigenartigen Blick. Er sagte: »Ich habe ihn fortreiten gesehen. Damals wußte ich nicht, was es zu bedeuten hatte«, und verstummte. Schließlich meinte er: »Ihr müßt tun, was Euch gesagt worden ist.«
    Beunruhigt sah Paul dem Jungen nach, der auf die kleine Gruppe von Leroni unter den Bäumen zuging. Carlina stand noch da, wo er sie verlassen hatte. Sie fragte: »Ist das Bards Sohn?«
    »Ja. Lady.«
    »Er sieht Bard überhaupt nicht ähnlich. Ich vermute, er schlägt Melisandra nach – zumindest hat er ihr Haar und ihre Augen.«
    »Ich sollte nachsehen, was die Soldaten tun.« Das hatte Paul beabsichtigt, bevor er Erlend fand. Melisandra würde erleichtert sein, ihren Sohn zu sehen, aber die Armee war wie ein aufgescheuchter Ameisenhaufen, und ohne Anführer rannte alles durcheinander. Paul brüllte: »Antreten, Männer! Die Feldwebel sollen durch Namensaufruf feststellen, wer in den Ruinen verschüttet worden ist Dann können wir herausfinden, ob wir unter Angriff stehen! Antreten!«
    Es waren Rufe zu hören: »Das ist der Wolf! Der Lord General ist da!«
    Die Anwesenheit des Befehlshabers stellte die Ordnung wieder her. Die Männer traten an, die Namensliste wurde verlesen, und oft antwortete auf einen Aufruf nur ein Schweigen. Sicher würden einige der jetzt bei dieser vorläufigen Musterung fehlenden Männer noch leben, denn einige waren nicht im Dienst gewesen,

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