Die Zeit der Katzenpfoten
denen machte mir’n Angebot, und ich fing im Labor für neuntausend an. Schinderei, Mensch! Es sah wirklich gut aus. Mary nahm wieder zu, und den Kindern ging’s prima. Aber ich hatte seit ‘ner Weile so’nen komischen Husten –«
»Halt!« sagte Forrester. »Laß das mal für eine Weile, ja? Ich möchte dich was fragen: Warum haben wir uns vor diesem Reporter versteckt?«
Whitlow stutzte. »Tut mir leid!« entschuldigte er sich dann. »Ich vergeß immer wieder, was für’n Anfänger du bist. Du kannst diese Reporter ja gar nicht kennen.«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Na ja, eigentlich brauchste nur zu wissen, daß es schon brenz-lich ist, wenn du nur einen von diesen Kerlen siehst. Weißte, wie so’n Geier, der über ‘nem Hügel kreist. Dann weiß man gleich, daß es unten irgendwo ‘ne Leiche gibt. Sie haben so was wie Pressefreiheit, weißte? Wenn sich jemand ‘ne Mordlizenz geben läßt, muß er’s den Reportern sofort erzählen. Und er muß außerdem ‘nen vollständigen Aktionsplan hinterlegen, damit die Reporter genau an der richtigen Stelle sind, wenn’s Blut zu fließen beginnt. Sie nehmen alles auf und übertragen’s auf die Bildwände. Besonders, wenn der Mörder an ‘nem Turnier teilnimmt. Letzte Woche war so’n Kerl von der national offenen Klasse hier, und, bei Gott, da hingen die Reporter aus allen Wolken.«
»Ich glaube, jetzt versteh ich es«, sagte Forrester. »Du meinst, wenn man den Reportern aus dem Weg gehen kann, kann man wahrscheinlich auch den Mördern aus dem Weg gehen.«
»Is doch vernünftig, was?«
»Ich weiß nicht, was vernünftig ist«, sagte Forrester bescheiden. Er wünschte allmählich, er hätte den Vorschlag von Adnes Kindern nicht so eilig befolgt. Aber er hatte einfach nicht auf Adne warten und sich schon wieder ihrer sanften Verachtung aussetzen wollen. Einen Augenblick lang war er wütend: Wie kam diese Welt dazu, so leichtsinnig mit seinem Leben umzugehen!
Aber ohne diese Welt wäre er jetzt gar nicht mehr am Leben; er wäre tot geblieben, nachdem sich seine Lungen vor Jahrhunderten mit Rauch und Feuer gefüllt hatten, und sein Körper wäre jetzt nur noch eine weiche Stelle in der Erde. Er lehnte sich zurück und ließ sich von der fortlaufenden Geschichte von Whitlows Abenteuern einlullen.
»Dann bin ich zum Firmenarzt gegangen, und der erzählte mir, daß es mich erwischt hatte. Großes K. Na ja! Angst? Aber wir hatten ja diesen Kälteschlaf-Plan in den Laboratorien der Firma, und da hab ich mich bei den Medizinmännern gemeldet. ›Armes Schwein‹, sagten sie. ›Lungenkrebs, was? Na ja, leg dich mal gleich hier hin. Wir werden deine Knochen einfrieren –‹«
Während er nur mit halbem Ohr zuhörte, entspannte sich Forrester. Er spürte, daß er schläfrig wurde. Das war ein sehr seltsamer Tag, dachte er; aber dann hörte er auf zu denken und schlief ein.
Um erfolgreich als Bettler leben zu können, müsse man in der Auswahl seiner Kunden besonders vorsichtig sein, sagte Whitlow. Nichts war schlimmer, als sich zu verschätzen. Es bestand immer die Möglichkeit, daß man sich an jemanden heranmachte und ihn anhaute – um dann herauszufinden, daß er ein verwöhntes Kind der Überflußgesellschaft war und nach einem billigen Mord Ausschau hielt, bei dem sich nicht das Problem einer Bezahlung für die Wiederherstellung des Opfers stellte und der außerdem mit der doppelten Spannung verbunden war, da es immer gut möglich war, daß das Opfer tot bleiben würde.
Um das zu vermeiden, mußte man jeden voraussichtlichen Kunden sorgfältig studieren. Niemand kam aus geschäftlichen Gründen hier herunter. Die besten waren noch immer die neugierigen Touristen. Sie kamen gewöhnlich zu zweit; und von jedem Paar konnte man den, der herumgeführt wurde, ruhig für einen Anfänger halten – erst zu kurze Zeit aus dem Kälteschlaf oder aus dem Weltraum zurück, um sich schon nach einem Mord zu sehnen. Das Problem bestand nun darin, denjenigen richtig einzuschätzen, der den anderen herumführte. »Deshalb hab ich dich aufs Korn genommen, Chuck. Vor dem kleinen Jungen brauchte ich keine Angst zu haben. Allerdings kann man auch da verdammte Überraschungen erleben.«
Und natürlich war auch alles, was sie taten, mehr oder weniger illegal, so daß man also auch nach Polizisten Ausschau halten mußte.
Die Polizisten machten keinen Ärger, wenn sie einen nicht gerade bei der Übertretung eines Gesetzes erwischten – oder wenn man nicht aus
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