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Die Zeit der Katzenpfoten

Die Zeit der Katzenpfoten

Titel: Die Zeit der Katzenpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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jeden rein. Wette, er hat auch dich reingelegt.«
    Er hatte es tatsächlich. Aber in Wirklichkeit, entdeckte Forrester überrascht, würde er niemanden täuschen, jedenfalls nicht aus der Nähe. Er war viel zu leicht, um ein Joker zu sein, offensichtlich aus irgendeinem organischen Kunststoff geschnitzt und mit dem blassen Muster eines Jokers bemalt. »Er funktioniert natürlich nich«, grinste Whitlow, »aber andrerseits muß ich auch nich dafür blechen. Hält sie mir ziemlich gut vom Leib. Wenn ich den nicht hätte, würde einer von diesen Prävertierten, denen der endgültige Tod Spaß macht, hier runterkommen und mich sofort erwischen.«
    Sanft zog er ihn aus Forresters Hand und sah den anderen abschätzend an. »Du brauchst jetzt genauso einen und hast gleich verdammtes Glück gehabt. Zwei Häuser weiter wohnt’n Bursche, der die Dinger verkauft. Freund von mir. Ich wette, er gibt dir einen für – zum Teufel, vielleicht für nur hundert Dollar.« Forresters Mund öffnete sich. »Vielleicht sogar für achtzig! … Fünf’nsiebzig?«
    »Zwecklos«, sagte Forrester nur, »ich habe überhaupt kein Geld.«
    »Schinderei!« Whitlow war sichtlich erschrocken. Dann zuckte er mit den Schultern. »Ach, zum Teufel! Wir können dich doch nich wegen fünfzehn lausigen Kröten krepieren lassen. Ich werd dir einen auf Kredit besorgen.«
    »Fünfzehn?«
    Whitlow grinste. »Das is ohne meine Kommission. Komm mit, Junge. Du mußt’n paar Tricks lernen.«
    Die Verlorenen lebten von den Abfällen der großen Welt über ihnen, aber Forrester schienen sie nicht schlecht zu leben. Jerry Whitlow war nicht fett, aber er schien auch nicht dem Verhungern nahe. Seine Kleider waren sauber und in gutem Zustand und seine Haltung gelassen. Ach was, dachte Forrester, es stellt sich vielleicht sogar heraus, daß es mir hier gefällt, wenn ich mich erst mal richtig auskenne …
    Whitlow war ein erstklassiger Lehrer, wenn er auch ununterbrochen redete. Er führte ihn durch Irrgärten und über Fußpfade, die Forrester überhaupt nicht gesehen hatte, und plapperte die ganze Zeit vor sich hin. Meistens handelte es sich um seine Lebensgeschichte.
    »… von ner Zeche entlassen, als ich sechzehn war. Ohne Arbeit, Chuck, und ‘ne Familie aufm Hals. Irgendwie ham wir’s geschafft, bis meine Frau Mary krank wurde und wir Unterstützung beantragen mußten. Dann kam also so’n Regierungsbeamter vorbei und wollte mich umschulen lassen und gab mir Tests und, bei Gott, Chuck, weißte, meine Einstufung brach alle Rekorde. So bin ich dann also wieder auf die Penne gegangen und –«
    Er hielt inne und schaute besorgt nach oben. Sie standen zwischen mehreren Gebäuden, unter einem winzigen Flecken offenen Himmels. Er packte Forrester und zog ihn schnell in den Keller zurück, wo der Jokerschnitzer sein Geschäft hatte.
    »Paß auf!« flüsterte er aufgeregt. »Da oben is’n Reporter.«
    Das Wort sagte Forrester gar nichts, aber der Ton macht die Musik. Er rannte in die eine Richtung, Whitlow in die andere. Das Geschäft des Jokerschnitzers befand sich im toten Ende der Installationsanlage eines Apartmentkomplexes, in einem Gebiet, wo bestimmte Installationen geplant, dann jedoch außer Mode gekommen und nicht gebaut worden waren, so daß ein leerer Raum zurückgeblieben war. Der kleine Mann, der die Joker verkaufte, bewohnte ein Dreifach-Apartment – drei Räume auf drei Ebenen –, das draußen aus irgendeinem Grund von einem Netz leerer, anderthalb Meter breiter Stollen umgeben war. In einen davon floh Whitlow, in einen anderen rannte Forrester. Es war dunkel. Der Boden war uneben. Forrester bückte sich, um sich nicht den Kopf anzustoßen, und eilte immer weiter hinein, bis er sich in undurchdringlicher Dunkelheit befand und keuchend auf den rauhen Boden fiel.
    Er wußte immer noch nicht, wovor er weggelaufen war, aber Whitlows Angst war ansteckend. Hundert alte Wunden begannen wieder zu schmerzen. Bis zu diesem Moment hatte er die Prügel, die er an jenem ersten Tag nach der Entlassung aus dem Sanatorium bezogen hatte, fast vergessen, aber die Anstrengung verstärkte die Schmerzen wieder, die schon fast verschwunden waren. Er spürte Stiche in den Seiten und ein Pochen im Kopf.
    Er war jetzt seit genau zwei Stunden ein Verlorener.
    Die Zeit verging, und schweigende, undurchdringliche Dunkelheit umgab ihn. Was es auch gewesen sein mochte, wovor Whitlow sich gefürchtet hatte, es schien eine Verfolgung hier drinnen für sinnlos zu halten. Man muß

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