Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Katzenpfoten

Die Zeit der Katzenpfoten

Titel: Die Zeit der Katzenpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
Vom Netzwerk:
langer Geschichte zu und auch dem, was Forrester für erzählenswert hielt. Er tröstete sie, schrieb ihre Namen auf und versprach, wieder nach ihnen zu sehen, wenn er jemals hierher zurückkäme. Er war, um es kurz zu machen, der ideale Kunde – nicht nur ein Raumfahrer, sondern sogar ein Mitglied der wechselnden Besatzungen der Nachrichtensatelliten, die in einem Winkel von neunzig Grad zur Ekliptik um die Sonne kreisten und damit dem ganzen Sonnensystem als interferenzfreie Relaisstationen dienten. Die Arbeit wurde gut bezahlt, aber das war nur ein Teil der Geschichte: Wegen des hohen Energieaufwandes, den das Erreichen einer senkrechten Kreisbahn verlangte, wurden die Besatzungen nur in sechsmonatigem Turnus abgelöst. So kamen sie zurück mit einem Vermögen in den Taschen und einem wilden Hunger nach Gesellschaft; und so verließen Whitlow und Forrester ihn mit je zweitausend Dollar.
    An diesem Abend aßen sie in einem Restaurant. Obwohl Whitlow protestierte, bestand Forrester darauf, ihn einzuladen.
    Das Restaurant war ein Treffpunkt der Verlorenen – Männer wie Frauen. Es war etwas wie ein eigenes Zuhause, ein Automat für alle. Es gab vollständige Jokerbedienung darin, aber dazu mußte man Geld in einen Schlitz einwerfen. Die Preise ließen Forresters Haare zu Berge stehen, aber er beruhigte sich damit, daß er ja gerade erst die Regeln zu lernen begann: Erfahrung war es wert, daß man dafür bezahlte. So begannen sie auf Whitlows Vorschlag jeder mit einem Freudenspritzer (fünfzig Dollar der Schuß), dann kamen Cocktails (vierzig), dann eine klare, den Magen füllende Suppe (fünfundzwanzig, dann weitere Drinks, und etwa um diese Zeit begann Forrester die Übersicht zu verlieren. Er erinnerte sich an etwas, das wie Fleisch aussah, aber keins war – es schien mit Vanille-Fudge überzogen zu sein, war allerdings innen blutrot –, und dann begannen sie ernsthaft zu trinken.
    Sie waren nicht allein; der Raum war überfüllt. Whitlow schien jeden in dieser Versammlung zu kennen, die aus sechs Jahrhunderten, von sieben Kontinenten und von ein oder zwei außerirdischen Planeten und Monden stammte.
    Da war ein großer, rotgesichtiger Mann mit dem Namen Keven O’Rourke na Solis Lacis, der Forrester erschreckte, bis sie sich einander vorstellten, da er Heinzie, dem Mörder, ähnelte. Er hatte auch einen guten Grund dazu, wie Forrester bald herausfand: sie waren beide Marsianer. O’Rourke war jedoch ein Dichter. Es war für ihn eine Frage des Prinzips, daß er keine Bestechungsgelder von dem annahm, was er den eisenköpfigen Staat nannte. Auf seine Fragen hin erfuhr Forrester, daß er von Stiftungsstipendien sprach, die Dichtern in fast jeder Höhe zur Verfügung standen; aber O’Rourke wies sie alle verächtlich zurück. Er hatte sich für kurze Zeit mit der Ned-Lud-Gesellschaft eingelassen – aber sie seien genauso schlimm wie die Eisenköpfe, erklärte er. Die ganze Erde sei ein Katastrophengebiet. Die Sirianer sollten sie uns ruhig wegnehmen! »Aber warum gehst du dann nicht zum Mars zurück?« fragte Forrester höflich genug; doch der Marsianer faßte das als eine Beleidigung auf, stierte ihn wütend an und stolperte durch den Raum davon.
    »Mach dir keine Gedanken drüber!« sagte das hübsche, kleine dunkelhaarige Mädchen, das es irgendwie fertiggebracht hatte, sich gegen Forresters Schulter zu lehnen und ihm beim Vertilgen seines Drinks zu helfen. »Der kommt wieder. Certainement.«
    Die Versammlung besaß eine gewisse internationale Atmosphäre, entdeckte Forrester. Abgesehen von ein paar Wirrköpfen wie dem marsianischen Dichter, schien die Mehrzahl der Verlorenen etwa aus seiner eigenen Zeit zu stammen. Haben wohl die größten Schwierigkeiten, sich anzupassen, überlegte er – und die größten Schwierigkeiten, Geld zu verdienen.
    Aber das war nicht immer der Grund. Das kleine schwarzhaarige Mädchen war zum Beispiel ursprünglich eine tschechoslowakische Ballettänzerin gewesen und 1991 als chinesisch-bolschewistische Konterrevolutionärin erschossen worden. Die Chruschtschowsche Untergrundbewegung hatte sie unter großer Gefahr eingefroren und wiedererweckt. Seither war sie siebenmal auf die eine oder andere Weise getötet und jedesmal wiederbelebt worden. Ihre Gründe, sich bei den Verlorenen zu verbergen, hatten nichts mit Geld zu tun – sie sei stinkreich, flüsterte Whitlow; im Verlauf von Jahrhunderten hätte sie von Bewunderern in einem Dutzend Länder Geld und Juwelen gesammelt und

Weitere Kostenlose Bücher