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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Lager gewesen wäre, aber das Fässchen hätte Schaden nehmen können. Der Spitzname des Wachtmeisters kam nicht von ungefähr – es ging die Rede, dass er unter günstigen Umständen wacker und in beachtlichem Tempo zwei Maß Selbstgebrannten niedermachen konnte. Den üblichen Soldatenbecher vom Inhalt einer Quart leerte der Wachtmeister wie eine Halbquart, in einem Zuge, und machte sich dabei selten die Ohren nass.
    »Und, was ist, Herr Wachtmeister?«, erkundigte sich Bode, der Berittführer der Schützen. »Was haben die hohen Herren Befehlshaber ausgeklügelt? Was für Befehle? Überschreiten wir die Grenze? Sagt doch!«
    »Gleich«, stöhnte Zweimaß. »Eine Hitze ist das, zum Auswachsen  ... Gleich werd ich euch alles verklickern. Aber erst mal gebt mir was zu trinken, weil mir ist die Kehle furztrocken. Und sagt bloß nicht, dass ihr nichts habt, weil aus dem Zelt riecht’s ’ne Meile weit nach Schnaps. Und ich weiß, woher. Da, unter dem Pelz hervor.«
    Zyvik murmelte Flüche, während er das Fässchen hervorholte. Die Berittführer traten eng zusammen, Schälchen und Zinnbecher klirrten.
    »Aaach.« Der Wachtmeister strich sich über den Schnurrbart und die Augen. »Uuuch, das ist vielleicht ein Schweinszeug. Gieß noch mal ein, Zyvik.«
    »Also, redet schon«, drängte Bode. »Was für Befehle? Gehen wir gegen die Nilfgaarder, oder hängen wir weiter an der Grenze rum und schaukeln uns die Eier?«
    »Juckt’s euch, in die Schlacht zu kommen?« Zweimaß krächzte anhaltend, spuckte aus, setzte sich schwer auf einen Sattel. »Habt ihr’s so eilig, über die Grenze zu kommen, nach Aedirn? Könnt’s nicht abwarten, was? Was für eifrige Welpen, wirklich, die Zähne blitzen nur so.«
    »Wie denn auch«, sagte der kleine Stahler kalt und trat von einem Bein aufs andere. Beide waren wie bei einem alten Kavalleristen krumm wie Säbel. »Wie denn auch, Herr Wachtmeister. Seit fünf Nächten schlafen wir in den Stiefeln, in Alarmbereitschaft. Da wollen wir halt wissen, was werden soll. Entweder Kampf oder zurück ins Fort.«
    »Wir gehen über die Grenze«, teilte Zweimaß knapp mit. »Morgen bei Tagesanbruch. Fünf Fähnlein, das Graue voran. Und jetzt aufgemerkt, denn jetzt sag ich, was uns, den Wachtmeistern und Rittmeistern, der Heergraf und hochedle Herr Markgraf Mansfeld von Ard Carraigh befohlen hat, wo geradewegs vom König gekommen ist. Spitzt die Ohren, weil zweimal sag ich’s nicht. Und das sind nämlich ungewöhnliche Befehle.«
    Im Zelt wurde es still.
    »Die Nilfgaarder sind durch Dol Angra gekommen«, sagte der Wachtmeister. »Sie haben Lyrien plattgemacht, sind in vier Tagen nach Aldersberg vorgedrungen und haben dort in einer Entscheidungsschlacht Demawends Armee zerschmettert. Aus der Bewegung heraus, nach gerade mal sechs Tagen Belagerung, haben sie durch Verrat Vengerberg genommen. Jetzt rücken sie zügig nach Norden vor, treiben die Truppen von Aedirn ins Pontartal und nach Dol Blathanna. Sie kommen auf uns zu, nach Kaedwen. Daher lautet der Befehl für das Graue Fähnlein: die Grenze überschreiten und im Eilmarsch nach Süden gehen, direkt ins Blumental. In drei Tagen müssen wir am Flüsschen Dyfne stehen. Ich wiederhole, in drei Tagen, also werden wir traben. Keinen Schritt über die Dyfne. Ich sag’s noch mal: keinen Schritt. Dort werden am anderen Ufer jeden Moment die Nilfgaarder auftauchen. Mit denen, jetzt hingehört und aufgemerkt, keine Kampfhandlungen aufnehmen. Auf gar keinen Fall, ist das klar? Sogar wenn sie irgendwo versuchen, den Fluss zu überschreiten, dann lassen wir uns nur sehen, zeigen die Feldzeichen, damit sie wissen, dass wir das sind, die Armee von Kaedwen.«
    Im Zelt wurde es noch stiller, obwohl man meinen sollte, stiller könne es gar nicht sein.
    »Wie das?«, platzte schließlich Bode heraus. »Die Nilfgaarder nicht schlagen? Ziehen wir in den Krieg oder nicht? Was ist denn nun, Herr Wachtmeister?«
    »So lautet der Befehl. Wir ziehen nicht in den Krieg, sondern  ...« Zweimaß rieb sich den Hals. »Sondern zur brüderlichen Hilfe. Wir überschreiten die Grenze, um den Menschen von Ober-Aedirn Schutz zu gewähren  ... Nichts da, was rede ich denn  ... Nicht von Aedirn, sondern den Menschen der Niedermark. So hat es der hochedle Markgraf Mansfeld gesagt. So und so, hat er gesagt, Demawend hat eine vernichtende Niederlage erlitten, hat die Hufe hochgerissen und liegt der Länge lang da, weil er schlecht regiert hat und die Politik ihm am Arsch

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