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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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bin die Schwarze Rayla! Nun kommt schon!«
    Sie brauchte nicht lange zu warten.
     
    »Niemand ist Aedirn zu Hilfe gekommen?«, fragte der Hexer nach längerem Schweigen. »Es gab doch wohl Bündnisse. Vereinbarungen über gegenseitige Hilfe  ... Verträge  ...«
    Rittersporn räusperte sich. »Redanien ist nach Wisimirs Tod im Chaos versunken. Weißt du, dass König Wisimir ermordet worden ist?«
    »Ja.«
    »Die Regierungsgeschäfte hat Königin Hedwig übernommen, aber im Lande herrscht Kopflosigkeit. Und Terror. Jagd auf Scioa’tael und Nilfgaarder Spione. Dijkstra wütet im ganzen Land, die Schafotte schwimmen im Blute. Dijkstra kann immer noch nicht wieder gehen. Sie tragen ihn in einer Sänfte.«
    »Das kann ich mir denken. Hat er dich verfolgt?«
    »Nein. Er hätte es gekonnt, hat es aber nicht getan. Ach, unwichtig. Jedenfalls war das im Chaos versunkene Redanien außerstande, eine Armee aufzustellen, die Aedirn hätte zu Hilfe kommen können.«
    »Und Temerien? Warum hat König Foltest von Temerien Demawend nicht unterstützt?«
    »Sobald die Aggression in Dol Angra begann«, sagte Rittersporn leise, »schickte Emhyr var Emreis eine Gesandtschaft nach Wyzima  ...«
     
    »Zum Teufel«, zischte Bronibor, während er auf die geschlossene Tür schaute. »Worüber debattieren sie so lange? Warum hat sich Foltest überhaupt zu Verhandlungen herabgelassen, warum hat er diesem Nilfgaarder Hund eine Audienz gewährt? Man hätte ihm den Kopf abschlagen und dem Kaiser Emhyr schicken müssen! Auf einer Stange!«
    »Bei den Göttern, Heergraf!« Der Priester Willemer verschluckte sich. »Das ist doch ein Gesandter! Die Person eines Gesandten ist heilig und unantastbar! Es schickt sich nicht  ...«
    »Es schickt sich nicht? Ich sag Euch, was sich nicht schickt! Es gehört sich nicht, tatenlos zuzusehen, wie der Angreifer ein Land verwüstet, mit dem wir verbündet sind! Lyrien ist gefallen, und Aedirn fällt! Demawend kann Nilfgaard nicht allein aufhalten! Wir müssen auf der Stelle ein Expeditionskorps nach Aedirn schicken, Demawend durch einen Schlag gegen das linke Ufer der Jaruga entlasten! Dort ist wenig Militär, die meisten Fähnlein sind nach Dol Angra geworfen worden! Und wir halten hier Rat ab! Statt zu kämpfen, reden wir! Und beherbergen noch dazu einen Nilfgaarder Gesandten!«
    »Schweigt, Heergraf.« Fürst Hereward von Ellander musterte den alten Haudegen mit kaltem Blick. »Das ist Politik. Man muss ein wenig weiter schauen können als bis zum Ende des Pferdekopfes und der Lanze. Man muss einen Gesandten anhören. Kaiser Emhyr hat ihn nicht ohne Grund zu uns geschickt.«
    »Natürlich nicht ohne Grund«, knurrte Bronibor. »Emhyr ist gerade damit beschäftigt, Aedirn zu zerschlagen, und er weiß, wenn wir gegen ihn antreten und mit uns Redanien und Kaedwen, dann schlagen wir ihn, werfen ihn hinter Dol Angra zurück, nach Ebbing. Er weiß, dass wir, wenn wir gegen Cintra losschlagen, ihn in den weichen Unterleib treffen, ihn zu einem Zweifrontenkrieg zwingen! Davor hat er Angst! Also versucht er uns einzuschüchtern, damit wir nicht intervenieren. Mit dieser Aufgabe und keiner anderen ist der Nilfgaarder Gesandte gekommen!«
    »Also muss man den Gesandten anhören«, wiederholte der Priester. »Und eine Entscheidung fällen, die den Interessen unseres Königreichs entspricht. Demawend hat Nilfgaard unvernünftig provoziert und trägt jetzt die Konsequenzen. Mich aber drängt es überhaupt nicht, für Vengerberg zu sterben. Was in Aedirn geschieht, ist nicht unsere Sache.«
    »Nicht unsere? Was, bei tausend Teufeln, faselt Ihr da? Dass die Nilfgaarder in Aedirn und Lyrien sind, am rechten Ufer der Jaruga, dass uns von ihnen nur noch Mahakam trennt, soll nicht unsere Sache sein? Man muss ohne ein Fünkchen Verstand sein  ...«
    »Genug von diesem Streit«, warnte ihn Willemer. »Kein Wort mehr. Der König kommt.«
    Die Tür des Saales ging auf. Die Mitglieder des königlichen Rates erhoben sich, schurrten mit den Sesseln. Viele Sessel waren leer. Der Heermeister der Krone und der größte Teil der Befehlshaber waren bei ihren Einheiten, im Pontartal, in Mahakam und an der Jaruga. Leer waren auch die Sessel, die für gewöhnlich von den Zauberern eingenommen wurden. Die Zauberer  ... Ja, dachte Willemer, die Plätze, die die Zauberer hier innehatten, im königlichen Palast von Wyzima, werden lange leer bleiben. Wer weiß, ob nicht für immer.
    König Foltest durchmaß raschen Schrittes den Saal,

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