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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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gleichgültig. Gleichgültig nahm sie das Wasser hin, das ihr aufs Gesicht spritzte. Als man ihr eine Feldflasche an den Mund hielt, sträubte sie sich nicht. Sie trank. Gleichgültig.
    Auch später war sie gleichgültig. Sie wurde auf einen Sattel gezogen. Im Schritt war sie empfindlich und hatte Schmerzen. Sie zitterte, also wurde sie in eine Pferdedecke gehüllt. Sie war kraftlos und schlaff, rutschte aus den Händen, also wurde sie mit einem Gürtel an dem hinter ihr sitzenden Reiter festgebunden. Der Reiter stank nach Schweiß und Urin. Es war ihr gleichgültig.
    Ringsum waren Berittene. Viele Berittene. Ciri betrachtete sie gleichgültig. Sie war leer, hatte alles verloren. Nichts hatte mehr eine Bedeutung.
    Nichts.
    Nicht einmal, dass der Ritter, der die Berittenen befehligte, am Helm die Flügel eines Raubvogels trug.
     

Als Feuer an den Scheiterhaufen der Verbrecherin gelegt ward und die Flammen sie erfaßten, hub selbige an, die auf dem Platze versammelten Ritter, Barone, Zauberer und Ratsherren mit so gräßlichen Worten zu überschütten, dass Entsetzen sie alle erfaßte. Wenngleich man zuvor nur nasse Scheite auf den Haufen gelegt hatte, damit die Teuflin nicht zu geschwinde stürbe und den Feuertod zur Gänze erführe, ward nun befohlen, schleunigst trockenes Holz nachzulegen und die Hinrichtung zu Ende zu bringen. Doch es saß wahrlich ein Dämon in jener Verfluchten, denn wiewohl sie schon tüchtig zischte, gab sie keinen Schmerzenslaut von sich, sondern stieß noch gräßlichere Flüche aus. »Es wird ein Rächer aus meinem Blute geboren werden«, schrie sie laut. »Aus dem geschändeten Älteren Blute wird er geboren werden, der die Völker und die Welten vernichtet! Er wird meine Qual rächen! Tod, Tod und Rache euch allen und euren Kindeskindern!« Nur so viel vermochte sie zu schreien, ehe daß sie verbrannte. Also starb Falka, solche Strafe erlitt sie für das vergossene unschuldige Blut.
     
    Roderick de Novembre, 
Weltgeschichte
, Bd. II

Das siebte Kapitel
    Schaut sie euch an. Von der Sonne verbrannt, verletzt, ausgedörrt. Trinkt immerzu wie’n Schwamm und is ausgehungert, dass es zum Fürchtn is. Ich sag euch, die is von Ostn gekomm’. Is durch Korath gekomm’. Durch die Bratpfanne.«
    »Du spinnst! In der Bratpfanne bleibt niemand am Leben. Sie is von Westn gekomm’, von den Bergn her, im Bett des Verlornen Flusses. Is grad mal in den Rand von Korath vorgedrung’, und das hat schon gereicht. Wie wir sie gefundn habm, war sie schon gefalln, lag bewusstlos da.«
    »Im Westn zieht sich die Wüste auch meilnweit hin. Wo is sie da hergekomm’?«
    »Sie is gerittn. Wer weiß, von wie weit her. In ihrer Nähe warn Hufspuren. Ihr Pferd muss sie im Verlorenen Fluss abgeworfn habm, darum is sie so zerschlagn, voll blauen Flecken.«
    »Wieso is sie für Nilfgaard derart wichtig, frag ich mich? Wie uns der Präfekt auf die Suche geschickt hat, dacht ich, irgend ’ne wichtige Adlige is verlorn gegang’. Aber die? ’n gewöhnlicher Schmutzfink, der erstbeste Abschaum, noch dazu rundrum stumm. Ich weiß wirklich nicht, Flenner, ob wir die richtige gefundn habm  ...«
    »Sie isses. Aber gewöhnlich is die nicht. ’ne Gewöhnliche hättn wir tot vorgefundn.«
    »Viel hat nicht gefehlt. Der Regn muss sie gerettet habm. Verdammt, die ält’stn Leute erinnern sich an kein’ Regn in der Bratpfanne. Die Wolkn machn um Korath immer ’nen Bogn  ... Sogar wenn’s in den Tälern regnet, fällt dort kein einziger Tropfen!«
    »Schaut sie euch an, wie sie futtert. Als ob sie ’ne Woche lang nichts zu beißn gekriegt hätte  ... He, du, Schlampe! Schmeckt dir der Speck? Das trockn Brot?«
    »Musst auf Elfisch fragn. Oder auf Nilfgaardisch. Gewöhnliche Menschensprache versteht die nicht. Das is irgend so’n Elfendreck  ...«
    »’ne Schwachsinnige, unterentwickelt. Wie ich sie heute früh auf’s Pferd gesetzt hab, saß sie da wie ’ne Holzpuppe.«
    »Ihr habt keine Augn im Kopf.« Der Große mit dem schütteren Haar, den sie Flenner nannten, ließ die Zähne blitzen. »Was seid ihr denn für Greifer, wenn ihr sie noch nicht durchschaut habt! Die is weder dumm noch unvernünftig. Sie tut bloß so. Das is ’n seltsamer und schlauer Vogel.«
    »Und wieso is sie so wichtig für Nilfgaard? ’ne Belohnung habm sie versprochn, alle Patrouillen losgeschickt  ... Wieso?«
    »Das weiß ich nicht. Aber wenn man sie richtig fragn würd  ... Mit der Peitsche auf’m Buckel fragn  ... Ha! Habt

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