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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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banal. Sei konkret.«
    »Wenn du es denn willst. Man kann sich leicht denken, dass Yennefer zur Zusammenkunft der Zauberer reist, die für Anfang Juli in den Garstang auf der Insel Thanedd einberufen ist. Sie schlägt schlaue Haken und verwendet keine Magie, ist also schwer zu finden. Vor einer Woche war sie noch in Ellander, ich habe ausgerechnet, dass sie in drei, vier Tagen die Stadt Gors Velen erreicht, von wo es nach Thanedd nur ein Schritt ist. Auf dem Weg nach Gors Velen muss sie durch die Siedlung Anchor. Wenn du sofort aufbrichst, hast du eine Chance, diejenigen abzufangen, die ihr nachreiten. Denn man reitet ihr nach.«
    »Ich hoffe« – Geralt lächelte widerwärtig  –, »dass das nicht irgendwelche königlichen Agenten sind?«
    »Nein«, sagte der Advokat und schaute auf den Metallstern, mit dem er spielte. »Es sind keine Agenten. Es ist aber auch nicht Rience, der klüger ist als du, denn nach deinem Kampf mit den Michelets hat er sich in irgendeinem Loch verkrochen und steckt die Nase nicht hervor. Yennefer reiten drei gedungene Häscher nach.«
    »Ich nehme an, du kennst sie?«
    »Ich kenne sie alle. Und darum schlage ich dir etwas vor: Lass sie in Ruhe. Reite nicht nach Anchor. Ich aber werde meine Bekanntschaften und Beziehungen nutzen. Ich werde versuchen, die Häscher zu bestechen und den Vertrag umzudrehen. Mit anderen Worten, ich hetze sie auf Rience. Wenn es gelingt  ...«
    Er verstummte plötzlich, machte eine heftige Bewegung. Der Stahlstern heulte im Flug auf und stieß mit einem dumpfen Geräusch in das Porträt hinein, mitten in die Stirn von Codringher senior, durchlöcherte die Leinwand und drang fast bis zur Hälfte in die Wand.
    »Gut, was?«, fragte der Advokat mit breitem Lächeln. »Das nennt man einen Orion. Eine Erfindung aus Übersee. Ich übe seit einem Monat, ich treffe schon jedesmal. Es kann sich bezahlt machen. Auf dreißig Schritt tötet dieses Sternchen unfehlbar, und verstecken kann man es im Handschuh oder hinterm Hutband. Seit einem Jahr gehören die Orions zur Ausrüstung der Nilfgaarder Geheimdienste. Ha, wenn Rience für Nilfgaard spioniert, dann wird es komisch, wenn man ihn mit einem Orion in der Schläfe findet  ... Was sagst du dazu?«
    »Nichts. Das ist deine Angelegenheit. Die zweihundertfünfzig Kronen liegen in deiner Schublade.«
    »Klar.« Codringher nickte. »Ich deute deine Worte so, dass du mir freie Hand gibst. Lass uns ein Weilchen schweigen, Geralt. Widmen wir dem raschen Tod des Herrn Rience eine Gedenkminute. Warum grinst du, zum Teufel? Hast du keinen Respekt vor der Majestät des Todes?«
    »Doch. Zu großen, als dass ich ruhig zuhören könnte, wenn Idioten darüber Witze reißen. Hast du schon einmal an den eigenen Tod gedacht, Codringher?«
    Der Advokat begann heftig zu husten, schaute lange auf das Taschentuch, das er sich vor den Mund gehalten hatte. Dann hob er den Blick. »Gewiss«, sagte er leise. »Habe ich. Und zwar intensiv. Aber meine Gedanken gehen dich nichts an, Hexer. Reitest du nach Anchor?«
    »Ja.«
    »Ralf Blunden, genannt der Professor. Heimo Kantor. Der Kurze Yaxa. Sagen dir diese Namen etwas?«
    »Nein.«
    »Alle drei sind nicht schlecht mit dem Schwert. Besser als die Michelets. Ich würde also eine möglichst sichere, weitreichende Waffe vorschlagen. Zum Beispiel diese Nilfgaarder Sternchen. Wenn du willst, verkaufe ich dir ein paar. Ich habe genug davon.«
    »Kaufe ich nicht. Die sind unpraktisch. Sie machen Lärm im Flug.«
    »Das Pfeifen wirkt psychologisch. Es kann das Opfer vor Angst lähmen.«
    »Mag sein. Oder es warnen. Ich könnte mich davor wegducken.«
    »Wenn du sehen würdest, wie man nach dir wirft, sicherlich. Ich weiß, dass du einem Pfeil oder Bolzen ausweichen kannst  ... Aber von hinten  ...«
    »Von hinten auch.«
    »Das lügst du.«
    »Wetten wir«, sagte Geralt kalt. »Ich drehe mich mit dem Gesicht zum Konterfei deines idiotischen Papas, und du wirfst mit diesem Orion nach mir. Wenn du triffst, hast du gewonnen. Wenn du nicht triffst, verloren. Wenn du verlierst, wirst du die Elfenmanuskripte entziffern. Wirst Information über das Kind des Älteren Blutes beschaffen. Schleunigst. Und auf Kredit.«
    »Und wenn ich gewinne?«
    »Beschaffst du diese Information ebenfalls und lässt sie Yennefer zukommen. Sie wird bezahlen. Du büßt nichts ein.«
    Codringher zog die Schublade auf und holte einen zweiten Orion heraus. »Du rechnest damit, dass ich die Wette nicht annehme.« Es war eine

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