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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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und versetzte ihm einen Hieb mit dem stachelbewehrten Schwanz, dass seine blatternarbige Wange zu einem blutigen Brei wurde. Zischend und die verletzten Flügel ausbreitend, flog die Wiewerne vom Podest herab und stürzte sich auf Ciri, Fabio und den Knappen, die aufzustehen versuchten. Das aprikosenfarbene Fräulein wurde ohnmächtig und fiel der Länge nach auf den Rücken. Ciri spannte sich zum Sprung an, begriff aber, dass sie es nicht schaffen würde.
    Es rettete sie das struppige Hündchen, dass sich aus den Armen der Verkäuferin losgerissen hatte, welche hingefallen war und sich in ihren sechs Unterröcken verheddert hatte. Mit hohem Kläffen stürzte sich das Hundevieh auf das Ungeheuer. Die Wiewerne zischte, erhob sich, nagelte das Hündchen mit ihren Krallen fest, wand sich mit einer schlangenhaften, unwahrscheinlich schnellen Bewegung und schlug ihm die Zähne in den Hals. Das Hündchen begann wild zu jaulen.
    Der Knappe kam auf die Knie und griff an seine Hüfte, doch Ciri war schneller. Mit einer blitzschnellen Bewegung zog sie das Schwert aus der Scheide, sprang mit einer Halbdrehung auf. Die Wiewerne wich zurück, der abgerissene Kopf des Hündchens hing ihr aus dem vor Zähnen starrenden Maul.
    Alle in Kaer Morhen gelernten Bewegungen, kam es Ciri vor, führten sich von selbst aus, fast ohne ihr Zutun. Sie hieb der überraschten Wiewerne in den Wanst und wirbelte sogleich in einer Volte herum, und die Echse, die sich auf sie stürzte, fiel in den Sand und verströmte Blut. Ciri sprang über sie hinweg, wobei sie geschickt dem peitschenden Schwanz auswich, versetzte dem Ungeheuer einen sicheren, zielgerichteten und kräftigen Schlag in den Hals, sprang zurück, vollführte automatisch eine schon nicht mehr nötige Volte und brachte sofort noch einen Hieb an, der das Rückgrat durchtrennte. Die Wiewerne krümmte sich zusammen und erstarrte, nur der schlangengleiche Schwanz peitschte noch hin und her, dass der Sand stiebte.
    Rasch drückte Ciri dem Knappen das blutige Schwert in die Hand. »Es ist schon vorbei!«, rief sie der fliehenden Menge und den sich noch immer aus den Planen hervorschälenden Zuschauern zu. »Das Untier ist tot! Dieser tapfere Ritter hat es erschlagen  ...«
    Plötzlich fühlte sie einen Druck im Hals und ein Wirbeln im Magen, es wurde ihr schwarz vor Augen. Etwas schlug ihr mit schrecklicher Kraft gegen den Hinterkopf, dass ihr die Zähne laut aufeinanderstießen. Das, was sie geschlagen hatte, war der Erdboden.
    »Ciri«, flüsterte der neben ihr kniende Fabio. »Was ist mit dir? Götter, du bist leichenblass  ...«
    »Schade«, murmelte sie, »dass du dich selber nicht sehen kannst.«
    Ringsum drängten sich Leute. Ein paar hieben mit Stöcken und Schürhaken auf den Körper der Wiewerne ein, ein paar versorgten den Pockennarbigen, der Rest ließ den heldenhaften Knappen hochleben, den furchtlosen Drachentöter, den Einzigen, der ruhig Blut bewahrt und ein Massaker verhindert hatte. Der Knappe versuchte das aprikosenfarbene Fräulein zu Bewusstsein zu bringen, während er immerzu wie benommen auf die Klinge seines Schwertes stierte, die mit Streifen erstarrenden Blutes beschmiert war.
    »Mein Held  ...« Das aprikosenfarbene Mädchen kam endlich zu sich und warf dem Knappen die Arme um den Hals. »Mein Retter! Mein Geliebter!«
    »Fabio«, sagte Ciri mit schwacher Stimme, als sie sah, wie sich Stadtwächter durch das Gewühl einen Weg bahnten. »Hilf mir aufstehen und bring mich hier weg. Schnell.«
    »Ihr armen Kinder  ...« Eine dicke Bürgerin mit einer Haube blickte ihnen nach, als sie sich durch die Ansammlung schoben. »Oi, ihr habt vielleicht was durchgemacht. Oi, wenn nicht der tüchtige kleine Ritter gewesen wäre, hätten sich eure Mütter die Augen ausgeweint!«
    »Findet heraus, bei wem dieser junge Mann als Knappe dient!«, rief ein Handwerker mit Lederschürze. »Für diese Tat hat er sich die Sporen verdient!«
    »Und den Tierfänger an den Pranger! Den Stock muss er kriegen, den Stock! So ein Ungeheuer in die Stadt zu bringen, mitten unter die Leute  ...«
    »Wasser, hurtig! Das Fräulein ist wieder ohnmächtig geworden!«
    »Mein armer Fiffi!«, heulte plötzlich die Verkäuferin auf, über das gebeugt, was von dem struppigen Hündchen übrig war. »Mein armes Hundchen! Leute! Fangt dieses Mädchen, diese Schelmin, die den Drachen wütend gemacht hat! Wo ist sie? Fasst sie! Nicht der Tierfänger, sie ist an allem schuld!«
    Die Stadtwächter, von

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