Die Zeit der Verachtung
flammte grüne Glut auf. »Anna Ingeborg Klopstock«, presste sie dreist hervor.
Die Frau hob eine Hand, und sogleich erkannte Ciri das ganze Ausmaß ihres Irrtums. Yennefer hatte ihr nur einmal – und das, nachdem Ciri lange an ihren Nerven gesägt hatte – demonstriert, wie der Lähmzauber wirkt. Der Eindruck war ausnehmend widerwärtig gewesen. Jetzt war er es auch.
Fabio schrie tonlos auf und stürzte auf sie zu, doch die zweite Frau, die Blonde, packte ihn am Kragen und hielt ihn fest. Der Bursche versuchte sich loszureißen, doch der Arm der Frau war wie von Eisen. Ciri konnte nicht einmal zucken. Es kam ihr vor, als versinke sie allmählich im Erdboden. Die Dunkelhaarige beugte sich vor und fixierte sie aus funkelnden Augen.
»Ich bin keine Anhängerin von Körperstrafen«, sagte sie mit eisiger Stimme und rückte dabei abermals ihre Manschetten zurecht, »aber ich werde dafür sorgen, dass du durchgeprügelt wirst, Adeptin. Nicht für den Ungehorsam, nicht für den Diebstahl des Amuletts und nicht für das Schuleschwänzen. Nicht dafür, dass du eine unerlaubte Kleidung trägst, mit einem Burschen umherläufst und dich mit ihm über Dinge unterhältst, über die zu sprechen dir verboten ist. Du wirst dafür verprügelt werden, dass du die Erzmeisterin nicht erkannt hast.«
»Nein!«, rief Fabio. »Tu ihr nichts zuleide, gnädige Frau! Ich bin Angestellter der Bank von Herrn Molnar Giancardi, und dieses Fräulein ist ...«
»Halt den Mund!«, schrie Ciri. »Halt ...«
Der Knebelzauber wurde schnell und brutal gewirkt. Sie fühlte Blut im Mund.
»Na?«, drängte die Blonde Fabio, ließ seinen zerknitterten Kragen los und glättete ihn mit einer fürsorglichen Bewegung. »Sprich. Wer ist dieses trotzige Fräulein?«
Margarita Laux-Antille tauchte prustend aus dem Bassin auf, dass das Wasser spritzte. Ciri konnte sich nicht verkneifen, sie anzuschauen. Sie hatte Yennefer des öfteren nackt gesehen und nicht geglaubt, dass jemand eine schönere Figur haben könne. Sie hatte sich getäuscht. Beim Anblick der nackten Margarita Laux-Antille wären sogar die Marmorstatuen von Göttinnen und Nymphen vor Neid erblasst.
Die Zauberin langte nach dem Bottich mit kaltem Wasser und goss es sich über die Brüste, wobei sie unanständig fluchte und sich schüttelte.
»He, Mädchen.« Sie winkte Ciri. »Sei so gut und reich mir das Handtuch. Und hör endlich auf, mich anzustarren.«
Ciri fauchte leise, noch immer gekränkt. Als Fabio verraten hatte, wer sie war, hatten die Zauberinnen sie mit Gewalt durch die halbe Stadt geschleppt und sie der Lächerlichkeit preisgegeben. In der Bank Giancardi klärte sich natürlich alles sofort auf. Die Zauberinnen entschuldigten sich bei Yennefer und erklärten ihr Verhalten. Es waren nämlich die Adeptinnen aus Aretusa vorübergehend in Loxia untergebracht worden, denn die Räume der Schule hatte man in Wohnungen für die Teilnehmer und Gäste der Zusammenkunft der Zauberer umgewandelt. Ein paar Adeptinnen hatten sich das Durcheinander beim Umzug zunutze gemacht, waren von Thanedd entwichen und trieben sich in der Stadt herum. Margarita Laux-Antille und Tissaia de Vries, alarmiert von Ciris aktiviertem Amulett, hatten sie für eine der Ausreißerinnen gehalten.
Die Zauberinnen entschuldigten sich bei Yennefer, doch keiner fiel es ein, Ciri um Entschuldigung zu bitten. Während sich Yennefer die Entschuldigungen anhörte, schaute sie Ciri an, und die fühlte, wie sie rote Ohren bekam. Am übelsten aber erging es Fabio – Molnar Giancardi schimpfte ihn derart aus, dass der Bursche Tränen in den Augen hatte. Er tat Ciri leid, doch sie war auch stolz auf ihn: Fabio hielt Wort und sagte keinen Ton über die Wiewerne.
Wie sich zeigte, war Yennefer mit Tissaia und Margarita bestens bekannt. Die Zauberinnen luden sie in den »Silbernen Kranich« ein, die beste und teuerste Herberge in Gors Velen, wo Tissaia de Vries nach der Ankunft abgestiegen war, da sie aus nur ihr bekannten Gründen zögerte, sich auf die Insel zu begeben. Margarita Laux-Antille, die sich als die Rektrix von Aretusa erwies, hatte die Einladung der älteren Zauberin angenommen und teilte momentan mit ihr die Unterkunft. Die Herberge war wahrlich luxuriös – sie hatte im Kellergeschoss ein Bad, das Margarita und Tissaia zu ihrer eigenen ausschließlichen Nutzung gemietet hatten, wofür sie unvorstellbare Summen zahlten. Yennefer und Ciri wurden natürlich eingeladen, Gebrauch von dem Bad zu
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