Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
Wyvern.«
    »Oh, schaut nur!«, brüllte der Pockennarbige. »Was für eine Kluge und Gelehrte wir da erwischt haben! Halt die Klappe, sonst  ...«
    »Oha«, ließ sich ein blonder junger Mann mit einem Samtbarett und dem wappenlosen Wams eines Knappen vernehmen, der ein zierliches, blässliches Mädchen in einem aprikosenfarbenen Kleid untergefasst hielt. »Gemach, Herr Tierfänger! Droht keiner edlen Dame, sonst bekommt Ihr womöglich mein Schwert zu schmecken. Zumal mir hier etwas nach Betrug zu riechen scheint!«
    »Was für Betrug, junger Herr Ritter?« Der Pockennarbige schluckte. »Sie lügt, die Rotz  ... Ich wollte sagen, das edelgeborene Fräulein irrt sich! Das ist ein Basilisk!«
    »Es ist eine Wiewerne«, wiederholte Ciri.
    »Was denn für eine Werne! Ein Basilisk! Seht doch, wie fürchterlich er ist, wie er zischt, wie er am Käfig beißt! Was er für Zähne hat! Zähne, sag ich euch, hat der wie  ...«
    »Wie eine Wiewerne.« Ciri zog eine Grimasse.
    »Wenn du die Weisheit mit Löffeln gefressen hast« – der Pockennarbige durchbohrte sie mit einem Blick, dessen sich ein echter Basilisk nicht geschämt hätte  –, »dann geh doch näher hin! Tritt ran, dass er dich anhaucht! Und gleich werden alle sehen, wie du die Hufe hochreißt, wenn du vom Gift blau anläufst! Na, geh doch!«
    »Bitte sehr.« Ciri riss sich von Fabio los und trat einen Schritt vor.
    »Das erlaube ich nicht!«, rief der blonde Knappe, verließ seine aprikosenfarbene Begleiterin und vertrat Ciri den Weg. »Das kann nicht sein! Du setzt dich zu großer Gefahr aus, liebe Dame!«
    Ciri, die noch nie jemand so angesprochen hatte, errötete leicht, schaute den jungen Mann an und klimperte mit den Wimpern auf die Art, die sie an dem Schreiber Jarre vielfach erprobt hatte. »Es besteht keinerlei Risiko, edler Ritter.« Sie lächelte verführerisch, entgegen den Warnungen Yennefers, die sie oft genug an das Sprichwort erinnert hatte, dass man am vielen Lachen den Narren erkennt. »Mir wird nichts geschehen. Dieser angeblich giftige Atem ist ein Schwindel.«
    »Ich würde trotzdem lieber« – der junge Mann legte die Hand auf den Schwertknauf – »an deiner Seite sein. Zu Schutz und Verteidigung  ... Erlaubst du es?«
    »Ich erlaube es.« Ciri wusste nicht, warum ihr der wütende Gesichtsausdruck des aprikosenfarbenen Fräuleins so angenehm war.
    »Ich bin es, der sie beschützt und verteidigt!« Fabio warf den Kopf zurück und blickte den Knappen herausfordernd an. »Und ich gehe auch mit ihr!«
    »Meine Herren.« Ciri plusterte sich auf und reckte die Nase hoch. »Etwas mehr Würde. Drängelt euch nicht. Es reicht für alle.«
    Der Ring von Zuschauern begann zu wogen und zu murmeln, als sie sich mutig dem Käfig näherte, wobei sie den Atem der beiden Burschen beinahe im Nacken spürte. Die Wiewerne zischte wütend und warf sich hin und her, Reptiliengeruch schlug Ciri in die Nase. Fabio schnaufte vernehmlich, doch Ciri wich nicht zurück. Sie ging noch näher heran und streckte die Hand aus, dass sie fast den Käfig berührte. Das Ungeheuer warf sich gegen die Gitterstäbe, biss auf sie ein. Wieder wogte die Menge, jemand schrie auf.
    »Na, und?« Ciri wandte sich um, stemmte stolz die Hände in die Hüften. »Bin ich gestorben? Hat mich dieses angeblich giftige Geschöpf vergiftet? Wenn das ein Basilisk ist, dann bin ich  ...«
    Sie verstummte, als sie bemerkte, wie der Knappe und Fabio plötzlich erbleichten. Sie drehte sich blitzschnell um und sah, wie sich unter dem Ansturm der wütenden Echse zwei Gitterstäbe lösten und rostige Nägel aus dem Rahmen rissen.
    »Flieht!«, schrie sie aus voller Kehle. »Der Käfig birst!«
    Die Zuschauer stürzten schreiend zum Ausgang. Ein paar versuchten, durch die Plane zu brechen, verstrickten aber nur sich selbst und andere darin, warfen alles durcheinander, bildeten ein wimmelndes Knäuel. Der Knappe packte Ciri genau in dem Moment, da sie zurückspringen wollte, am Arm, worauf beide strauchelten und fielen und auch Fabio umrissen. Das struppige Hündchen der Verkäuferin begann zu kläffen, der Pockennarbige gottserbärmlich zu fluchen und das völlig desorientierte aprikosenfarbene Fräulein durchdringend zu kreischen.
    Die Gitterstäbe brachen krachend heraus, die Wiewerne drängte sich aus dem Käfig. Der Pockennarbige sprang vom Podest und versuchte, sie mit der Stange aufzuhalten, doch das Ungeheuer schlug sie ihm mit einem einzigen Pfotenhieb aus der Hand, krümmte sich

Weitere Kostenlose Bücher