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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Erklärungen reagieren, die du nur in Gedanken machtest. Ich habe auf die Worte gewartet, nun konnte ich antworten, ich habe geantwortet. Ich fühle mich blendend.«
    »Was ist geschehen?«
    »Das sage ich dir später. Iss. Dieser Lachs ist vorzüglich, ich schwör’s bei der 
Kraft
, wirklich vorzüglich.«
    »Darf ich dich küssen? Jetzt, hier, vor allen Leuten?«
    »Nein.«
    »Yennefer!« Eine vorbeikommende dunkelhaarige Zauberin löste sich vom Arm des sie begleitenden Mannes, kam näher. »Du bist also doch gekommen? Oh, das ist wundervoll! Ich habe dich eine Ewigkeit nicht gesehen!«
    »Sabrina!« Yennefer freute sich so aufrichtig, dass jeder mit Ausnahme Geralts sich hätte täuschen lassen können. »Liebe! Wie ich mich freue!«
    Die Zauberinnen umarmten sich vorsichtig und küssten einander die Luft neben den Ohren und den Ohrringen von Onyx und Brillanten. Die Ohrringe beider Zauberinnen, die an Miniatur-Weintrauben erinnerten, waren identisch – augenblicks lag wütende Feindschaft in der Luft.
    »Geralt, erlaube, das ist meine Schulfreundin, Sabrina Glevissig von Ard Carraigh.«
    Der Hexer verneigte sich, küsste die ihm hoch hingehaltene Hand. Er hatte schon erkannt, dass alle Zauberinnen bei der Begrüßung einen Handkuss erwarteten, eine Geste, die sie mindestens mit Fürstinnen gleichsetzte. Sabrina Glevissig hob den Kopf, ihre Ohrringe erzitterten und klingelten, leise, aber demonstrativ und dreist.
    »Ich wollte dich schon immer kennenlernen, Geralt«, sagte sie lächelnd. Wie alle Zauberinnen benutzte sie kein »Herr«, »Euer Gnaden« und dergleichen beim Adel obligatorische Formen. »Ich freue mich, freue mich riesig. Endlich hast du aufgehört, ihn vor uns zu verstecken, Yenna. Offen gesagt, ich wundere mich, dass du so lange gezögert hast. Da gibt es absolut nichts, dessen man sich schämen müsste.«
    »Das glaube ich auch«, erwiderte Yennefer leichthin, kniff ein wenig die Augen zusammen und warf demonstrativ die Haare zurück, so dass ihr eigener Ohrring zu sehen war. »Eine schöne Bluse, Sabrina. Geradezu hinreißend. Nicht wahr, Geralt?«
    Der Hexer nickte, schluckte. Die Bluse von Sabrina Glevissig, die aus schwarzem Chiffon geschneidert war, ließ absolut alles sehen, was es zu sehen gab, und da gab es so einiges zu sehen. Der karminrote Rock, von einem silbernen Gürtel mit einer Schnalle in Form einer Rose gehalten, war entsprechend der neuesten Mode an der Seite geschlitzt. Die Mode verlangte allerdings, Röcke mit Schlitzen bis in halbe Höhe des Oberschenkels zu tragen, doch bei Sabrina war der Rock bis zur Mitte der Hüfte geschlitzt. Einer sehr hübschen Hüfte.
    »Was gibt es Neues in Kaedwen?«, erkundigte sich Yennefer und tat so, als sehe sie nicht, wohin Geralt blickte. »Dein König Henselt vergeudet immer noch Kräfte und Mittel, um die Eichhörnchen in den Wäldern verfolgen zu lassen? Er denkt immer noch an eine Strafexpedition gegen die Elfen von Dol Blathanna?«
    »Lassen wir die Politik ruhen.« Sabrina lächelte. Die ein wenig zu lange Nase und die Raubtieraugen ließen sie wie das klassische Bild einer Hexe aussehen. »Morgen bei der Beratung werden wir politisieren, dass es uns zu den Ohren herauskommt. Und werden uns reichlich verschiedene  ... Moralpredigten anhören. Von der Notwendigkeit friedlicher Koexistenz  ... Von der Freundschaft  ... Von der unerlässlichen solidarischen Haltung gegenüber den Plänen und Absichten unserer Könige  ... Was werden wir noch zu hören bekommen, Yennefer? Was halten das Kapitel und Vilgefortz morgen noch für uns in petto?«
    »Lassen wir die Politik ruhen.«
    Sabrina Glevissig lächelte silbern und ließ abermals leise die Ohrringe klimpern.
    »Richtig. Warten wir ab bis morgen. Morgen  ... Morgen wird sich alles klären. Ach, diese Politik, diese endlosen Besprechungen  ... Wie schlecht die sich auf den Teint auswirken. Zum Glück habe ich eine perfekte Creme, glaub mir, meine Liebe, die Fältchen verschwinden im Nu  ... Soll ich dir die Rezeptur geben?«
    »Danke, meine Liebe, aber die brauche ich nicht. Wirklich nicht.«
    »Ach, ich weiß. In der Schule habe ich dich immer um deinen Teint beneidet. Götter, wie lange ist das her?«
    Yennefer tat so, als verbeuge sie sich zu irgendeinem der Vorübergehenden hin. Sabrina hingegen lächelte den Hexer an und reckte ausgiebig hervor, was der schwarze Chiffon nicht verbarg. Geralt schluckte abermals und versuchte, nicht allzu dreist ihre rosigen

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