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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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zu kichern. »Du hast es ihm nicht gesagt? Weißt du es wirklich nicht, Geralt?«
    »Was denn?«
    »Yennefer gehört ja auch zum Rat. Seit der Schlacht von Sodden. Du hast dich noch nicht vor ihm damit gebrüstet, meine Liebe?«
    »Nein, meine Liebe.« Die Zauberin schaute ihrer Freundin gerade in die Augen. »Erstens prahle ich nicht gern. Zweitens war dazu keine Zeit. Ich hatte Geralt sehr lange nicht gesehen, wir haben eine Menge nachzuholen. Da ist eine lange Liste zusammengekommen. Wir werden sie der Reihe nach abarbeiten.«
    »Natürlich«, sagte Triss unsicher. »Hmm  ... Nach so langer Zeit  ... Verstehe. Da gibt es allerhand zu besprechen.«
    Yennefer lächelte zweideutig und bedachte den Hexer abermals mit einem schmachtenden Blick. »Die Gespräche stehen am Ende der Liste. Ganz am Ende, Triss.«
    Die Zauberin mit dem kastanienbraunen Haar wurde sichtlich verlegen und ein wenig rot. »Verstehe«, wiederholte sie und nestelte verlegen an dem Herzchen aus Lapislazuli.
    »Ich bin sehr froh, dass du verstehst. Geralt, hol uns Wein. Nein, nicht von diesem Pagen. Von dem anderen, der weiter weg ist.«
    Er gehorchte, da er in ihrer Stimme einen Befehl spürte. Während er die Gläser von dem Tablett nahm, das der Page trug, beobachtete er die beiden Zauberinnen diskret. Yennefer sprach schnell und leise, Triss Merigold hörte mit gesenktem Kopf zu. Als er zurückkam, war Triss schon fort. Yennefer zeigte an dem mitgebrachten Wein keinerlei Interesse, also stellte er die beiden nutzlosen Pokale auf einen Tisch.
    »Du hast doch wohl nicht übertrieben?«, fragte er kalt.
    Yennefers Augen flammten veilchenblau auf. »Versuch nicht, eine Idiotin aus mir zu machen. Hast du gedacht, ich wüsste nicht von ihr und dir?«
    »Wenn es das ist  ...«
    »Genau das«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Zieh kein dummes Gesicht und verkneif dir die Kommentare. Und vor allem versuch nicht zu lügen. Ich kenne Triss länger als dich, wir haben einander gern, verstehen uns blendend und werden uns immer verstehen, ungeachtet gewisser kleiner  ... Zwischenfälle. Aber jetzt kam es mir so vor, als bestünde daran ein wenig Zweifel. Also habe ich ihn zerstreut, und fertig. Lass uns nicht darauf zurückkommen.«
    Das hatte er nicht vor.
    Yennefer strich sich die Locken von der Wange zurück. »Ich werde dich jetzt einen Augenblick alleinlassen, ich muss mit Tissaia und Francesca reden. Iss noch etwas, denn dir geht es im Bauche um. Und pass auf. Ein paar Leute werden dich gewiss ansprechen. Lass dich nicht übern Tisch ziehen und verdirb mir nicht den Ruf.«
    »Keine Sorge.«
    »Geralt?«
    »Ja.«
    »Vor kurzem hast du den Wunsch geäußert, mich zu küssen, hier vor allen Leuten. Ist das immer noch aktuell?«
    »Ist es.«
    »Versuch, mir den Lippenstift nicht zu verschmieren.«
    Er lugte aus dem Augenwinkel nach den Versammelten. Sie beobachteten den Kuss, aber unaufdringlich. Philippa Eilhart, die unweit bei einer Gruppe junger Zauberer stand, zwinkerte ihm zu und tat so, als klatsche sie Beifall.
    Yennefer löste ihren Mund von seinem, seufzte tief. »Eine Kleinigkeit, aber man freut sich«, murmelte sie. »Also, ich gehe. Ich komme bald wieder. Und später, nach dem Bankett  ... Hmmm  ...«
    »Ja?«
    »Iss bitte nichts mit Knoblauch.«
    Als sie gegangen war, ließ der Hexer das feine Benehmen feines Benehmen sein, lockerte das Doublett, trank beide Pokale aus und versuchte ernsthaft, sich dem Essen zu widmen. Es wurde nichts daraus.
    »Geralt.«
    »Herr Graf.«
    »Red mich nicht mit dem Titel an.« Dijkstra verzog das Gesicht. »Ich bin überhaupt kein Graf. Wisimir hat mich geheißen, mich so vorzustellen, um die Höflinge und Magier nicht mit meiner pöbelhaften Abstammung zu reizen. Na, wie klappt es mit dem Imponieren mit Kleid und Figur? Und mit dem Vortäuschen, dass du dich gut unterhältst?«
    »Ich brauche nichts vorzutäuschen. Ich bin nicht dienstlich hier.«
    »Interessant.« Der Spion lächelte. »Aber das bestätigt die allgemeine Ansicht, der zufolge du unnachahmlich und einzigartig bist. Denn alle anderen sind dienstlich hier.«
    »Genau das hatte ich befürchtet.« Geralt hielt es für angebracht, ebenfalls zu lächeln. »Ich habe gespürt, dass ich hier einzigartig sein würde. Das heißt, fehl am Platze.«
    Der Spion musterte die nahebei stehenden Schalen, nahm aus einer eine große grüne Schote einer Geralt unbekannten Pflanze und steckte sie in den Mund.
    »Ich nutze die Gelegenheit«, sagte er,

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