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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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»dir für die Gebrüder Michelet zu danken. Eine Menge Leute in Redanien haben erleichtert aufgeatmet, als du sie alle vier im Hafen von Oxenfurt abgemurkst hast. Ich habe mich scheckig gelacht, als der Arzt von der Universität, der zu der Untersuchung herangezogen wurde, nach der Begutachtung der Wunden behauptete, jemand habe eine gerade auf den Stiel aufgesetzte Sense benutzt.«
    Geralt enthielt sich eines Kommentars.
    Dijkstra steckte sich die nächste Schote in den Mund. »Schade«, fuhr er kauend fort, »dass du dich, nachdem du sie erledigt hattest, nicht beim Bürgermeister gemeldet hast. Es war Kopfgeld auf sie ausgesetzt, tot oder lebendig. Kein geringes.«
    »Zu viel Scherereien mit der Steuererklärung.« Der Hexer entschloss sich ebenfalls zu einer grünen Schote, doch sie schmeckte wie eingeseifter Sellerie. »Außerdem musste ich damals eilig abreisen, weil  ... Aber ich langweile dich sicherlich, denn du weißt ja sowieso alles.«
    »Schön wär’s.« Der Spion lächelte. »Ich weiß nicht alles. Woher denn auch?«
    »Aus dem Bericht von Philippa Eilhart, um beim Nächstliegenden zu bleiben.«
    »Berichte, Erzählungen, Gerüchte. Ich muss sie mir anhören, das ist mein Beruf. Aber mein Beruf zwingt mich gleichzeitig, sie sehr gründlich auszusieben. Unlängst, stell dir vor, sind mir Gerüchte zu Ohren gekommen, jemand habe den berühmten Professor und seine beiden Kumpane erledigt. Das habe sich bei einem Gasthof in Anchor zugetragen. Der das getan habe, sei auch zu sehr in Eile gewesen, um sich die Belohnung abzuholen.«
    Geralt zuckte mit den Schultern. »Gerüchte. Siebe sie gründlich aus, und du wirst sehen, was übrig bleibt.«
    »Das brauche ich nicht. Ich weiß, was übrig bleibt. Meistens ist es ein Versuch gezielter Desinformation. Ach, wenn wir schon bei Desinformation sind: Wie geht es der kleinen Cirilla, dem armen, kränklichen Mädchen, das so anfällig für Diphterie ist? Sie ist hoffentlich gesund?«
    »Lass sein, Dijkstra«, erwiderte der Hexer kalt und schaute dem Spion direkt in die Augen. »Ich weiß, dass du dienstlich hier bist, aber übertreib den Eifer nicht.«
    Der Spion lachte laut auf. Zwei in der Nähe vorübergehende Zauberer schauten sie verwundert an. Und neugierig.
    »König Wisimir«, sagte Dijkstra, als er zu lachen aufgehört hatte, »bezahlt mir eine Extraprämie für jedes entschlüsselte Geheimnis. Eifer sichert mir ein anständiges Leben. Du wirst lachen, aber ich habe Frau und Kinder.«
    »Ich finde daran nichts zum Lachen. Also arbeite für Frau und Kinder, aber nicht auf meine Kosten, wenn ich bitten darf. In diesem Saal, scheint mir, mangelt es nicht an Geheimnissen und Rätseln.«
    »Ganz im Gegenteil. Ganz Aretusa ist ein einziges Rätsel. Du hast das sicherlich bemerkt? Etwas liegt hier in der Luft, Geralt. Um mich klar auszudrücken, ich rede nicht von Kerzenrauch.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Das glaube ich. Denn ich verstehe es selbst nicht. Aber ich möchte es sehr gern verstehen. Du etwa nicht? Ach, entschuldige. Du weißt ja ohnehin sicherlich alles. Aus dem Bericht der schönen Yennefer von Vengerberg, um beim Nächstliegenden zu bleiben. Wenn ich nur daran denke, dass es eine Zeit gab, da auch ich gelegentlich dies und das von der schönen Yennefer erfahren habe. Ach, wo ist der Schnee vom vergangenen Jahr?«
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest, Dijkstra. Könntest du dich etwas genauer ausdrücken? Versuch es. Vorausgesetzt, es ist nichts Dienstliches. Entschuldige, aber ich habe nicht vor, für deine Extraprämie zu arbeiten.«
    »Du glaubst, ich wolle mich dir unsittlich nähern?« Der Spion verzog das Gesicht. »Dir eine Information aus der Nase ziehen? Du kränkst mich, Geralt. Ich frage mich einfach, ob dir in diesem Saal dieselben Regelmäßigkeiten auffallen, die mir ins Auge springen.«
    »Und was wäre das?«
    »Wundert dich nicht die vollständige Abwesenheit gekrönter Häupter, die man auf dieser Zusammenkunft mühelos beobachten kann?«
    »Überhaupt nicht.« Geralt war es endlich gelungen, eine marinierte Olive aufzuspießen. »Die Könige ziehen sicherlich traditionelle Gastmähler vor, an einem Tisch, unter den man gegen Morgen elegant rutschen kann. Außerdem  ...«
    »Was außerdem?« Dijkstra steckte sich vier Oliven in den Mund, die er ungeniert mit den Fingern aus der Schale genommen hatte.
    »Außerdem« – der Hexer blickte auf die im Saal umherschlendernde Menge – »wollten sich die Könige nicht die

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