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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Handbreit über den Knöcheln verkürzt hatte, erleichterte ihm die Aufgabe. »Und dort  ... Ein weißer Leguan. Ein Salamander. Eine Wiewerne. Ein Brillenkaiman. Ein Basilisk  ... Allesamt vom Aussterben bedroht. Zum Henker, kann man keine Schuhe aus Rinds- oder Schweinsleder tragen?«
    »Du redest wie üblich vom Leder, Dorregaray?«, vermutete Philippa Eilhart, die zu ihnen getreten war. »Vom Gerber- und Schusterhandwerk? Was für ein triviales und geschmackloses Thema.«
    »Der eine findet dies geschmacklos, der andere jenes.« Der Zauberer verzog verächtlich das Gesicht. »Du hast schöne Applikationen am Kleid, Philippa. Wenn ich mich nicht irre, ist das Diamanthermelin? Sehr geschmackvoll. Du weißt sicherlich, dass diese Art vor zwanzig Jahren wegen ihrer schönen Behaarung vollständig ausgerottet worden ist?«
    »Vor dreißig«, berichtigte Philippa, während sie nacheinander die übrigen Garnelen in den Mund steckte, die zu essen Geralt nicht rechtzeitig geschafft hatte. »Ich weiß, ich weiß, die Art würde zweifellos wieder zum Leben erwachen, wenn ich der Modistin sagen würde, sie soll Wergbüschel auf das Kleid nähen. Ich habe es erwogen. Aber Werg passte farblich nicht dazu.«
    »Gehen wir zu dem Tisch dort drüben«, schlug der Hexer ungezwungen vor. »Dort habe ich eine große Schüssel mit schwarzem Kaviar gesehen. Und da der Schaufelstör auch beinahe gänzlich ausgestorben ist, müssen wir uns beeilen.«
    »Kaviar in deiner Gesellschaft? Davon habe ich geträumt.« Philippa klapperte mit den Wimpern, schob ihm die Hand unter die Achsel und roch dabei anregend nach Zimt und Narde. »Lass uns unverzüglich losgehen. Leistest du uns weiter Gesellschaft, Dorregaray? Nein? Na, dann mach’s gut, viel Spaß noch.«
    Der Zauberer fauchte und wandte sich ab. Sabrina Glevissig und ihre rothaarige Freundin begleiteten Philippa und Geralt mit Blicken, giftiger als die vom Aussterben bedrohte Felskobra.
    »Dorregaray«, murmelte Philippa und schmiegte sich ungeniert an Geralts Seite, »spioniert für König Ethain von Cidaris. Sieh dich vor. Seine Echsen und Häute sind die Einleitung, nach der er beginnt, die Leute auszufragen. Und Sabrina Glevissig spitzt eifrig die Ohren, weil sie  ...«
    »...  für Henselt von Kaedwen spioniert«, vollendete er den Satz. »Ich weiß, du hast es erwähnt. Und diese Rothaarige, ihre Freundin  ...«
    »Sie ist nicht rothaarig, sondern gefärbt. Hast du keine Augen im Kopf? Das ist Marti Sodergren.«
    »Für wen spioniert sie?«
    »Marti?« Philippa lächelte, ließ die Zähne zwischen den grellroten Lippen blitzen. »Für niemanden. Marti interessiert sich nicht für Politik.«
    »Wie schockierend. Ich dachte, hier spionieren alle.«
    Die Zauberin kniff die Augen zusammen. »Viele. Aber nicht alle. Nicht Marti Sodergren. Marti ist Heilerin. Und Nymphomanin. Ach, zum Kuckuck, sieh nur! Sie haben den ganzen Kaviar aufgefressen! Bis zum letzten Körnchen! Die ganze Schüssel! Und was machen wir jetzt?«
    »Jetzt«, sagte Geralt mit unschuldigem Lächeln, »wirst du mir mitteilen, dass hier etwas in der Luft liegt. Du wirst sagen, dass ich die Neutralität aufgeben und eine Wahl treffen muss. Du wirst mir eine Wette vorschlagen. Davon, was ich bei dieser Wette gewinnen könnte, wage ich gar nicht zu träumen. Aber ich weiß, was ich tun muss, wenn ich verliere.«
    Philippa Eilhart schwieg lange, ohne den Blick abzuwenden. »Ich hätte es mir denken können«, sagte sie leise. »Dijkstra hat nicht an sich halten können. Er hat dir ein Angebot gemacht. Dabei habe ich ihn gewarnt, dass du Spione verachtest.«
    »Ich verachte nicht die Spione. Ich verachte das Spionieren. Und die Verachtung verachte ich. Schlag mir keine Wetten vor, Philippa. Freilich, ich spüre auch, dass hier etwas in der Luft liegt. Soll es meinetwegen liegen. Mich geht das nichts an und kümmert mich nicht.«
    »Das hast du mir schon einmal gesagt. In Oxenfurt.«
    »Schön, dass du es nicht vergessen hast. An die Umstände, nehme ich an, erinnerst du dich auch noch?«
    »Ganz genau. Ich habe dir damals nicht verraten, wem dieser Rience dient, oder wie der hieß. Ich habe es ihm ermöglicht zu entkommen. Ach, damals warst du vielleicht wütend auf mich  ...«
    »Vorsichtig ausgedrückt.«
    »Es ist an der Zeit, dass ich mich rehabilitiere. Morgen gebe ich dir diesen Rience. Nein, unterbrich mich nicht. Das ist keine Wette à la Dijkstra. Es ist ein Versprechen, und Versprechen pflege ich zu

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