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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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verstehst du? Wenn du nicht zusammen mit ihnen untergehen willst, hör auf, den Idioten zu spielen! Hat dich gestern Abend Vilgefortz vereinnahmt? Oder vielleicht schon vorher Yennefer? Rede! Schnell, denn die Scheiße fängt an, dir in den Mund zu laufen!«
    »Mangold-Kaltschale, Dijkstra«, erinnerte ihn Geralt. »Führ mich zu Philippa. Ruhig, anständig und ohne Eskapaden.«
    Der Spion ließ ihn los, trat einen Schritt zurück. »Gehen wir«, sagte er kalt. »Diese Treppe hinauf. Aber das Gespräch bringen wir zu Ende. Das verspreche ich dir.«
     
    Dort, wo vier Korridore zusammenliefen, unter einer das Gewölbe tragenden Säule, war es hell von Laternen und magischen Kugeln. Hier drängten sich Redanier und Zauberer. Unter den Letzteren waren Ratsmitglieder  – Radcliffe und Sabrina Glevissig. Wie Keira Metz trug Sabrina graue Männerkleidung. Geralt erfasste, dass man bei dem unter seinen Augen stattfindenden Putsch die Parteien an den Uniformen erkennen konnte.
    Am Boden kniete Triss Merigold, über einen Körper gebeugt, der in einer Blutlache lag. Geralt erkannte Lydia van Bredevoort. Er erkannte sie an den Haaren und an dem Seidenkleid. Am Gesicht hätte er sie nicht erkannt, denn das war kein Gesicht mehr. Es war ein abscheulicher, makabrer Totenkopf, in dem bis zur Hälfte der Wangen freiliegende Zähne blitzten und eingefallene, schlecht verwachsene Kieferknochen zu sehen waren.
    »Deckt sie zu«, sagte Sabrina Glevissig tonlos. »Als sie gestorben ist, hat sich die Illusion verflüchtigt  ... Verdammt, deckt sie mit irgendwas zu!«
    »Wie ist das geschehen, Radcliffe?«, fragte Triss und zog die Hand von dem vergoldeten Griff des Stiletts zurück, das unter Lydias Brustbein stak. »Wie konnte das geschehen? Es sollte ohne Tote abgehen!«
    »Sie hat uns angegriffen«, murmelte der Zauberer mit gesenktem Kopf. »Als Vilgefortz abgeführt wurde, stürzte sie sich auf uns. Es kam zu einem Handgemenge  ... Ich weiß selber nicht, auf welche Weise  ... Das ist ihr eigenes Stilett.«
    »Deckt ihr Gesicht zu!« Sabrina drehte sich heftig um. Sie bemerkte Geralt, ihre Raubtieraugen erglänzten wie Anthrazit. »Wie kommt denn der hierher?«
    Triss sprang blitzschnell auf und zu dem Hexer hin. Geralt erblickte ihre Handfläche unmittelbar vor dem Gesicht. Dann nahm er einen Blitz wahr und versank sanft in Dunkelheit. Er fühlte eine Hand an seinem Kragen und einen heftigen Ruck.
    »Haltet ihn fest, sonst fällt er hin.« Triss’ Stimme klang unnatürlich, es schwang darin gespielter Zorn. Sie riss abermals an ihm, so dass er sich für einen Augenblick ganz dicht vor ihr befand.
    »Entschuldige«, hörte er sie rasch flüstern. »Es musste sein.«
    Dijkstras Leute hielten ihn fest.
    Er bewegte den Kopf. Stellte sich auf andere Sinne um. In den Korridoren herrschte Bewegung, die Luft wogte, trug Gerüche heran. Und Stimmen. Sabrina Glevissig fluchte. Triss redete auf sie ein. Nach Kaserne stinkende Redanier schleiften über den Fußboden einen schlaffen Körper, an dem ein Seidenkleid raschelte. Blut. Der Geruch von Blut. Und Ozongeruch. Der Geruch von Magie. Erregte Stimmen. Schritte, das nervöse Klopfen von Absätzen.
    »Beeilt euch! Das dauert alles viel zu lange! Wir müssten längst in Garstang sein!«
    Philippa Eilhart. Aufgeregt.
    »Sabrina, mach schleunigst Marti Sodergren ausfindig. Wenn nötig, hol sie aus dem Bett. Um Gedymdeith steht es schlecht. Anscheinend ein Infarkt. Marti soll sich mit ihm befassen. Aber sag nichts, weder ihr noch dem, mit dem sie schläft. Triss, suche Dorregaray, Drithelm und Carduin und begleite sie nach Garstang.«
    »Wozu?«
    »Sie vertreten Könige. Ethain und Esterad sollen über unsere Aktion und ihre Ergebnisse informiert werden  ... Du wirst sie begleiten  ... Triss, du hast Blut an der Hand! Wer?«
    »Lydia.«
    »Verdammt. Wann? Wie?«
    »Ist das Wie denn wichtig?« Eine kalte, ruhige Stimme. Tissaia de Vries. Das Rascheln eines Kleides. Tissaia trug ein Ballkleid. Nicht die Rebellenuniform. Geralt spitzte die Ohren, hörte aber keine Handschellen aus Dwimerit klirren.
    »Du spielst die Ergriffene?«, wiederholte Tissaia. »Die Verzweifelte? Wenn man Revolten anzettelt, wenn man nachts bewaffnete Häscher hereinholt, muss man mit Opfern rechnen. Lydia lebt nicht mehr, Hen Gedymdeith liegt im Sterben. Vor einem Moment habe ich Artaud gesehen, dem man das Gesicht zerschlagen hat. Wie viele Opfer wird es noch geben, Philippa Eilhart?«
    »Ich weiß es

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