Die Zeit, die Zeit (German Edition)
am Montagmorgen die Rollläden hochzog, wurde er von einem frischen, blauen Himmel überrascht. Sofort befiel ihn eine seltsame Geschäftigkeit. Nichts war mehr zu spüren von der Unentschlossenheit, die ihn befallen hatte, als ihm klar wurde, dass der Montag der Schicksalstag sein könnte.
Die Frage war von einer höheren Instanz entschieden worden. Heute war der Tag.
Das Fieber war weg, und die anderen Symptome waren am Verschwinden. Vielleicht war Marthas Strategie der Körpertäuschung tatsächlich erfolgreich gewesen.
Taler nahm sich Zeit für ein Frühstück und verließ die Wohnung etwas früher als sonst und voller Tatendrang.
Es war der dritte Montag des Monats, der Tag, an dem er Zahlungen auslöste. Als Betty ins Büro kam, zeigte der Zähler am unteren rechten Bildschirmrand bereits über vierhunderttausend Franken an.
»Ich weiß jetzt, welche Farben«, sagte er, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. »Senfgelb, Rot und Blau.«
Bettys Gesicht hellte sich auf. »Du ziehst es also durch? Enzo dachte schon, es sei dir zu teuer.«
»Senfgelb ist wohl klar, aber Rot und Blau? Ich nehme an, da gab es Standards. Enzo kann die sicher herausfinden.«
»Ich werde gleich anrufen.«
»Und sag ihm, die Miet-, nicht die Kaufvariante. Und frag ihn, wie viel Rabatt er gibt für Barzahlung. Ohne Rechnung.«
Er befand sich in einer schon lange nicht mehr erlebten Macherlaune. Sobald Betty sich in die Mittagspause verabschiedet hatte, nahm er sich seinen Schrank und seine private Schublade vor. Er durchsuchte das Gerümpel, das sich in den vergangenen Jahren dort angesammelt hatte, und sortierte die Sachen aus, die nicht von allgemeinem Nutzen waren oder niemanden etwas angingen. Er füllte damit zwei Einkaufstaschen und entsorgte sie eigenhändig in einem der zwei Container im Hof. Danach ging er zu seiner Bank, hob einunddreißigtausendeinhundert Franken ab und löste das Konto auf.
Am Nachmittag überreichte ihm Betty drei Farbmuster. »Das sind die drei serienmäßigen Blau, Rot und Gelb: für den Fiat Bertone Blu imperiale, Code KNP ; für den Peugeot 205 Rouge pompier, Code EKC, und für den Volvo Gul, Code 97.«
»Und der Rabatt?«
»Fünf Prozent.«
Peter Taler übergab ihr neunzehn Tausendernoten. Den Empfang ließ er sich bescheinigen. »Nur für den Fall, dass ich die Autos nicht selbst in Empfang nehme.«
Er machte etwas früher Schluss und überraschte Betty beim Abschied mit ungewohnter Herzlichkeit.
Zu Hause fuhr er mit Aufräumen fort. Auch hier suchte er alles zusammen, was nicht für fremde Augen bestimmt war. Es war nicht viel: ein paar Briefe, ein paar Fotos, ein paar persönliche Computerdaten, die er löschte. Und Lauras Kalender mit dem Feuerwerk. Er steckte alles in einen offiziellen städtischen Müllsack und stellte ihn neben die Wohnungstür.
Danach setzte er sich an den Tisch und schrieb ein paar Zeilen an Knupp. Er entschuldigte sich, dass er ihn vorzeitig im Stich ließ, steckte die übriggebliebenen zwölftausendeinhundert dazu und verschloss den Umschlag.
Er zog sich um. Jeans, T-Shirt, Sweatshirt und Sneakers, legte seine Sportjacke bereit, holte die Umhängetasche von der Garderobe und prüfte ihren Inhalt: Fernglas, Taschenlampe, Pistole.
Er wog die Waffe in der Hand. Es war über zwanzig Jahre her, dass man sie ihm als Sanitätsrekrut überreicht hatte. »Anvertraut«, hatte der Kompaniekommandant in seiner pompösen Ansprache betont. Als Zeichen des Vertrauens des Staates in ihn als verantwortungsvollen Staatsbürger.
Er entfernte das volle Magazin, schob es zurück, entsicherte und sicherte, nahm die Waffe probehalber beidhändig in Anschlag und verstaute sie wieder in der Tasche.
Er tarnte sie mit der Sportjacke und warf einen letzten Blick in die Wohnung, in der er so glücklich und so unglücklich gewesen war.
Dann schloss er die Tür hinter sich, nahm den Müllsack und ging die Treppe hinunter. Keine Wehmut, keine Angst. Nur ein eigenartiges Gefühl der Euphorie.
Er ging nicht direkt zu Knupp hinüber, sondern stieg ins Auto und fuhr zu Juanitos. Dort kaufte er zwei Flaschen Rotwein. Er war sicher, dass Knupp ihn beobachtet hatte, und brauchte einen Vorwand für seine Autofahrt. Auf dem Weg zurück nahm er einen kleinen Umweg.
Ganz langsam fuhr er am Gustav-Rautner-Weg Nummer dreiundvierzig vorbei. Niemand war zu sehen, aber im Wohnzimmer standen beide Fenster offen. Im Fahrradunterstand war ein einziges Fahrzeug abgestellt. Es war das Moped.
Es war halb
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