Die Zeit, die Zeit (German Edition)
biss die Hälfte davon ab.
Vielleicht war es das Knuspern der Waffel, das für den Mann das Geräusch der drei Schritte übertönte, die Taler bis zum Sessel machen musste. Er reagierte erst, als er den Lauf der Pistole an seiner Schläfe spürte.
Aber dann reagierte er heftig. Er erstarrte nicht wie im Film, sondern sprang erschrocken auf und wich zurück.
»Stopp!«, schrie ihn Taler an. »Die ist echt und geladen!«
Der Mann blieb stehen und sah Taler angstvoll an. »Was willst du?«, brachte er heraus.
»Dich umlegen.«
Er musste Taler angesehen haben, dass er es ernst meinte, und geriet in Panik. »Warum?«, schrie er.
»Wie du meine Frau.«
»Welche Frau?«, schrie er. »Das ist ein Irrtum! Hilfe! Ein schrecklicher Irrtum! Ich habe nichts mit deiner Frau zu tun! Hör zu! Hilfe! Ich kenne deine Frau nicht.«
Taler blieb eiskalt. »Du hast sie gevögelt, und als sie dir den Laufpass gab, hast du sie umgelegt.«
Der große Mann faltete die Hände und machte einen Schritt auf Taler zu.
»Stopp!«
Er blieb stehen. »Wenn deine Frau tot ist, tut mir das schrecklich leid, ehrlich, das ist ganz furchtbar. Aber ich habe nichts damit zu tun, Ehrenwort. Ich kannte deine Frau nicht einmal.«
Taler ließ sich nicht verunsichern. »Ich habe Fotos.«
»Was für Fotos? Hilfe! Hör auf! Was für Fotos?«
»Von dir. Wie du ins Haus gehst. Und wie du wieder rauskommst. Nach verdammt langer Zeit.«
»Welches Haus? Mein Gott! Aus welchem Haus bin ich denn gekommen?«
»Aus ihrem. Gleich da hinten.« Er machte eine kleine Kopfbewegung in die Richtung. »Gustav-Rautner-Weg vierzig.« Erst jetzt merkte Taler, dass seine Waffe noch gesichert war. Er entsicherte sie.
Der Mopedfahrer ließ die Hände sinken, die er bis jetzt flehentlich gefaltet hatte. »Du bist Paul«, seufzte er. »Sie hatte recht.«
»Womit?«
Der Mann schien plötzlich verändert. Er schenkte Peter ein knappes Lächeln und antwortete: »Dass du ein krankes Arschloch bist.«
Im gleichen Moment erhielt Taler einen furchtbaren Schlag auf den rechten Unterarm. Die Pistole flog aus seiner Hand, und ein Arm schlang sich von hinten um seinen Hals. Der Mopedfahrer sprang auf ihn zu und versetzte ihm einen Faustschlag in den Magen, der ihm die Luft abschnitt.
Taler lag am Boden und rang nach Luft. Sein rechter Arm fühlte sich an, als stünde er in Flammen. Die beiden Männer hatten von ihm abgelassen. Der Mopedfahrer hatte die Pistole auf ihn gerichtet, beide sahen auf ihn herunter.
Der zweite Mann war der schmale Blonde. Er hatte noch immer den schweren Schraubenschlüssel in der Hand, mit dem er Taler auf den Unterarm geschlagen hatte. Er war im Pyjama und hatte ein Tuch um den Hals gewickelt. Sein blondes Haar war zerzaust und seine Stimme heiser. Offensichtlich war er krank und deswegen zu Hause geblieben. »Kennst du den Typen?«
»Das ist der, der neulich am Zaun stand und zum Haus rüberstarrte.«
»Es ist der Mann, dessen Frau vor einem Jahr erschossen wurde«, erklärte der Blonde. Und zu Peter: »Stimmt’s?«
Taler nickte.
»Und er denkt, du warst es, Kurt. Und jetzt würde ich die Bullen rufen, der Kerl ist gemeingefährlich.«
Kurt! Das »K« neben dem Feuerwerk! Der Schreck dieser Erkenntnis löste eine Schmerzwelle in Talers Arm aus.
»Wie heißt du?«, fragte Kurt.
»Taler. Peter Taler«, stöhnte er.
»Ich war’s nicht, Peter Taler. Ich habe deiner Frau nichts getan. Ich habe sie nie im Leben gesehen. Peter Taler.«
Bei jedem Schmerzschub hatte Taler das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Er wartete, bis er wieder sprechen konnte. »Was hast du denn so lange im Haus gemacht?«, fragte er schließlich mit schwacher Stimme.
Der Blonde unterbrach das Gespräch mit einem heftigen Hustenanfall. »Ruf jetzt die Bullen, ich muss wieder ins Bett«, keuchte er, als er wieder sprechen konnte.
»Geh ruhig, ich komme hier klar.«
»Bist du sicher? Vorhin sah es nicht so aus.« Der Blonde sah ihn skeptisch an. »Ich würde die Bullen rufen«, sagte er, bevor er das Zimmer verließ.
Du bist Paul! Während der kurzen Auseinandersetzung der beiden fiel Taler Kurts Satz wieder ein. Paul! Paul und Noëmi Keller-Schenk! Das fromme Ehepaar aus dem ersten Stock!
Kurt wandte sich wieder Taler zu. »Es muss dir genügen, wenn ich sage, dass ich nicht bei deiner Frau war.«
»Du warst bei Frau Keller.«
Kurt legte die Pistole neben die Schokowaffeln auf das Nierentischchen und kauerte neben Peter nieder. »Lass mal deinen Arm sehen.« Er
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