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Die Zeit, die Zeit (German Edition)

Die Zeit, die Zeit (German Edition)

Titel: Die Zeit, die Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Zweifel daran.
    Es klingelte an der Tür, und Angela ging hinaus. Es kamen immer wieder Leute aus den Teams mit Fragen oder Informationen oder Gegenständen, die sie aufgetrieben oder nachgebaut hatten, und es hatte sich eingebürgert, dass Angela mit ihnen verhandelte.
    Diesmal kam sie zurück. »Besuch für Sie.«
    Knupp ging zur Tür. Taler hörte eine Frauenstimme halblaut sprechen. Dann, wie die Haustür, die Windfangtür und die Wohnzimmertür zugemacht wurden.
    »Die Nachbarin von der großen Villa«, erklärte Angela.
    Sophie Schalbert blieb über eine Stunde. Als Knupp sie hinausgebracht hatte, war er noch wortkarger als zuvor.
    Am Sonntag stieß Peter Taler auf den Schraubstock.
    Er war im Keller damit beschäftigt, die Camera obscura abzubauen. Er musste den improvisierten beweglichen Projektor von der Wand abschrauben, um ihn vor Betrios Arbeitern in Sicherheit zu bringen, die demnächst die schwarze Trennwand abreißen sollten. Auch die Dunkelkammer musste wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden.
    Knupp hatte von einem Trödler, mit dem er seit Beginn des Projektes in Kontakt war, das nicht mehr erhältliche Agfa-Fotopapier und die Chemikalien in der Originalverpackung erhalten, die er damals benutzt hatte. Der Mann war bei einer Hausräumung darauf gestoßen.
    Taler hatte es geschafft, mit seiner immer noch etwas beeinträchtigten Hand die letzte Schraube zu entfernen, und trug den Schwenkarm in den kleinen Kellervorraum. Als er auf der Werkbank Platz machte, um ihn dort abzulegen, sah er den Schraubstock. Ein schweres, angelaufenes Stück Stahl mit verbogenem Spindelschlüssel und fettglänzender Spindel. Er lag auf der Seite, daneben die Schrauben, die zu den vier Löchern an seiner Unterseite gehörten. Der Schraubstock wartete darauf, wieder auf der Werkbank befestigt zu werden.
    Aber dort, wo er hingehörte, gab es nur drei Löcher und den Abdruck von etwas Rundem. Die Schrauben waren auch viel zu kurz für die Löcher in der dicken Tischplatte der Werkbank. Offensichtlich fehlte ein Teil. Taler suchte, fand nichts und gab auf. Er ging zurück an seine Arbeit in der Dunkelkammer.
    Am Montag erwachte er lange vor dem Wecker. Es war ein grauer Morgen, ein dünner Regenschleier hing über Häusern und Gärten, und die Straßenbeleuchtung hatte sich noch nicht ausgeschaltet.
    Peter Taler machte Frühstück und aß es im Dämmerlicht des Wohnzimmers. Überall lagen die Archivschachteln und Dossiers des Martha-Knupp-Widler-Experiments herum. Auch die technischen Hilfsmittel waren bei ihm gelagert: Theodolit und Stativ, Fallstäbe, Meterband, Zeichentisch und das Zubehör zur Camera obscura. Nur die Leica und ihr Stativ waren noch drüben. Sie wurden für die Feineinpassungen bei Hadlaubers noch gebraucht.
    Die Familie war wie vorgesehen am Samstag abgereist. Sie hatten von Knupps Haus aus beobachtet, wie sie – die Eltern aufgedrehter als die Kinder – ein Taxi beluden und davonfuhren.
    Jetzt lag das Haus verlassen und schicksalsergeben da.
    Taler räumte den Tisch ab, ging ins Bad und zog sich an.
    Kurz nach sieben kam Leben in den Gustav-Rautner-Weg. Zwei Lastwagen einer Baufirma und der Lieferwagen von Set Factory fuhren vor.
    Einer der Lastwagen brachte Maschinen und Baumaterial, die er mit seinem Kran im Garten der Hadlaubers absetzte.
    Der andere lud Bretter und Gestänge ab, aus dem zwei Männer mit gelben Helmen ein Baugerüst aufzustellen begannen.
    Die Leute von Betrio installierten einen Schlauch mit einer Motorpumpe und pumpten das Wasser des noch immer gefüllten oberirdischen Pools in einen Kanaleingang auf der Straße. Andere bauten die Hollywoodschaukel ab und verstauten ihre Bestandteile im Laderaum des Lieferwagens.
    Punkt acht rief Taler bei Feldau & Co. an. Er bat mit heiserer Stimme, mit Gerber verbunden zu werden, und als dieser erwartungsgemäß noch nicht im Hause war, ließ er ausrichten, es habe ihn erwischt. Plötzliches hohes Fieber, Gliederschmerzen, Schwindel, kurz: Grippe.
    »Ach ja«, fügte er hinzu, »ich bin nur über mein Handy zu erreichen. Ich habe keinen Festanschluss mehr.«
    Das war das Einzige, was nicht gelogen war. Er hatte sein Telefon am Vorabend gekündigt.
    Falls Knupp nervös war, wusste er es zu verbergen. Er saß in der Küche und tunkte seine Schwarzbrotbrocken in den Milchkaffee. Zwischen den Bissen erzählte er. Angela saß ihm gegenüber und trennte eine geklöppelte Bordüre auf. An dem Tag, als Knupp die Kamera getestet

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