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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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sollten das wissen.«
    Jetzt war seine Pflicht getan. Er konnte wieder entwischen. Seine Sandalen klapperten die Stufen hinunter. Er versteckte sich im Lagerraum unter dem Labor, bis es dunkel genug war und er seine Nacktheit ungesehen nach Hause brachte. Im Umgang mit Männern und Menschen, mit Verwaltungsproblemen, Verteidigungsanlagen, Intriganten und Querulanten war er ein Genie. In der Liebe war er … weniger gut. Mrs. Berman ließ ihn ohne Kommentar ins Haus, das heißt, sie verstand vollkommen, warum er keinen Schlüssel bei sich haben konnte. Sie hatte ihm das Abendessen warmgehalten, aber David hatte keinen Hunger. In diesem Moment bezweifelte er, daß er überhaupt noch einmal in seinem Leben hungrig sein könnte.
    Und Liza? Liza arbeitete im Halbdunkel des Labors, nur ab und zu von den Gongschlägen oder den Pfeifentönen der Laboruhr in ihrer Konzentration gestört. Sie hatte sich im stillen amüsiert, daß David Silberstein sie für so eine Draufgängerin gehalten hatte. Besonders deswegen, weil sie ja eine Pille in den Becher mit dem heißen Kakao von Roses Varco geworfen hatte. Nur zur Vorsorge …
     
    ZWISCHENBEMERKUNG
     
    An diesem Punkt meiner Geschichte enthält das Original, dem dieses Buch als phantasievolle Neuschöpfung in allen Fakten entspricht, einen Zeitungsausschnitt. Ich füge ihn an dieser Stelle aus ökonomischen und informativen Gründen bei. Meine Buchdrucker sind natürlich nicht die Drucker des Originals. Sie verfügen nicht über die technischen Möglichkeiten, jenem Zeitungsausschnitt sowohl absolute Dauerhaftigkeit als auch jenes undefinierbare Fluidum zu verleihen, was eben einen Zeitungsausschnitt ausmacht. Ich meine, jenen Geruch von Druckerfarbe und Papier, jene etwas grobe, graustichige Machart des Zeitungsbogens und den Beigeschmack von Fisch und Chips. All das muß sich der Leser eben hinzudenken:
     
    DIE MERKWÜRDIGEN VORGÄNGE IM FORSCHUNGSDORF PENHENIOT,
    ein Bericht von Mrs. L.
     
    Gestern traf ich einen traurigen und einsamen Mann. Er wohnt in einem kleinen Dorf, keine zwei Meilen von dem freundlichen Kurort St. Kinnow in Cornwall entfernt. Das Dorf ist kein gewöhnliches Dorf und der Mann kein gewöhnlicher Mann. Sein Name ist Varco, und sein Dorfspitzname ist Roses. Wenn man ihn anspricht, zittert und stammelt er. Er ist vollkommen verstört und hat seine Reflexe nicht mehr unter Kontrolle. Dieser Bedauernswerte wohnt in dem geheimnisvollen Experimentier- und Forschungsdorf Penheniot.
     
    DIE ÜBLICHEN DEMENTIS
     
    Der Boss dieser Forschungseinrichtung, David Silberstein, aalglatt und redegewandt, behauptet, daß Varco schon in dem Zustand auf die Welt gekommen sei, in dem er sich heute befindet. Die Experimente, die in dem Dorf durchgeführt werden, hätten nicht das geringste mit dem gestörten seelischen und geistigen Zustand von Mr. Varco zu tun. Auch der wissenschaftliche Leiter des Dorfes, Igor Krawschensky, der zu den Verfolgten des Naziregimes gehört, beteuert diesbezüglich seine Unschuld. Ich habe niemand im Dorf getroffen, der nicht das gleiche gesagt hätte. Das Forschungsprojekt wird von dem bekannten Großkaufmann und Abenteurer Emmanuel Littlejohn finanziert.
     
    DORFIDYLLE MIT POLIZEISTAAT-ORDNUNG
     
    Nur Mr. Varco – ein Mann, der in Cornwall geboren und aufgewachsen ist – macht eine Ausnahme. Er ist verstört, ängstlich und weicht jedem Interview aus. Das reizte mich, der Sache auf den Grund zu gehen. Doch Mr. Silberstein lehnte es ab, mich aufzuklären, wonach denn nun eigentlich in Penheniot geforscht wird. Auf jeden Fall ist es ein Projekt, zu dem ein drei Meter hoher elektrischer Zaun gehört, der das Dorf hermetisch abriegelt. Und dazu gehört auch totale Disziplin, eine Postzensur und strenge Isolierung von der Außenwelt.
     
    ES GEHT UNS ALLE AN
     
    Was soll man dazu sagen? Natürlich leben wir alle in einem Staat mit freiheitlicher Grundordnung. Doch erst vor ein paar Tagen griffen Bewohner von St. Kinnow eine Gruppe von Angestellten aus dem Forschungsdorf an. Diese Leute wissen doch Bescheid. Schließlich haben sie mehr als zwei Jahre in engster Nachbarschaft mit Penheniot und seinem Zaun gelebt. Die Lage in diesem Teil des sonnigen Cornwall ist gespannt. Es ist höchste Zeit, daß die Regierung das Leben und Treiben in jenem merkwürdigen Dorf genau unter die Lupe nimmt. Auf jeden Fall muß sie sich um Mr. Roses Varco kümmern, damit seine Leiden nicht noch schlimmer werden.

 
V
     
    Es war schon spät. Roses und Liza

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