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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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die Decke, auf der sich bunte Blumen abzeichneten, von der Sonne hingepinselt, die durch den hellgemusterten Vorhangstoff sickerte. Die Naturwissenschaft war erhaben über jedes nebulöse Philosophieren. Immer wieder in der Geschichte der Menschheit hatte die Wissenschaft die Philosophen in Erstaunen versetzt. Das würde wieder geschehen, war bereits im Gange.
    Und doch …
    Und doch war es verdammt schwierig, sich vorzustellen, wie ein Mensch in seiner eigenen Vergangenheit existieren konnte. Konnte ein Ereignis, das sich zugetragen hatte, so verändert werden, daß es sich eben nicht zugetragen hatte? Konnte eine Entdeckung noch einmal entdeckt werden? Oder nicht entdeckt werden? Konnte eine Erfindung wieder wegerfunden werden? Wenn die Chrononauten in die Zukunft reisten (falls sie zurückkehrten), würden ihre zukünftigen Entscheidungen bereits gewesen sein. Zweifellos würden diese Entscheidungen bereits in einem Geschichtsbuch aufgezeichnet sein, so daß sie nachlesen konnten, was sie tun würden. War das alles wirklich möglich?
    David zog sich die Decke über das Gesicht. Je mehr er nachdachte, um so verwirrter und verstörter wurde er. Immerhin lag es im Bereich des Möglichen, daß er in naher Zukunft seiner Zeit vorausreiste. Aber wohin reiste er dann? Diese Zukunft konnte alles enthalten – oder nichts. Er war keine Spielernatur … Das Telephon neben seinem Bett fing an zu läuten. David hielt sich die Ohren zu, um das Läuten zu verdrängen, um die ganze Außenwelt zu verdrängen.
    Im Laboratorium waren Liza und Professor Krawschensky bereits bei der Arbeit – sachlich und unpersönlich, wie das wissenschaftlichen Kollegen zukam. Wie es sich für einen alten Mann gehörte, der seine Begierden bereits überlebt hatte, und für eine Frau, die vor kurzem erst ihre eigene Vergewaltigung herausgefordert hatte. Sie führten eine Reihe von Experimenten durch, um die Überlegenheit der nukleischen über die peripherischen Zeit-Schrittmacher zu beweisen. Als Versuchsobjekte verwendeten sie jetzt Hunde (sie hatten nicht so scharfe Klauen wie Katzen, und ein Hundegebiß konnte man mit einem Maulkorb unschädlich machen). Der nukleische Schrittmacher erwies sich immer wieder als zuverlässig, während die peripherische Methode erhebliche Mängel zeigte. Ein kleiner, lebhafter Foxterrier, der mit der peripherischen Methode auf die Reise geschickt wurde, kam überhaupt nicht mehr zum Vorschein. (Tatsächlich kehrte er neunzehn Monate später in ausgezeichneter gesundheitlicher Verfassung aus der chronomischen Einheit zurück. Doch zu jenem Zeitpunkt brachte sein Fall keine wissenschaftlichen Aufschlüsse mehr.)
    »Trotzdem gefällt mir diese Methode noch nicht«, sagte Liza. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir mit diesem Verfahren nicht die Zellkerne beeinflussen.«
    »Aber, aber – was soll ihnen denn schon passieren, mein Kind!« Professor Krawschensky blickte von seiner Computerkonsole hoch und deutete auf eine Meute von Hunden, die nach beiden Methoden kurzfristig in die Zukunft verschickt worden waren. »Schauen Sie sich doch die Köter an. Wie das blühende Leben. Alle gleich lebhaft und vergnügt. Überzeugen Sie sich!«
    »Aber …« Was konnte sie schon vorbringen? Es war die warnende Stimme ihrer Intuition, etwas, was der Professor nie begreifen würde. »Ich würde mich lieber auf die peripherische Methode konzentrieren«, sagte sie. »Sie scheint viel sicherer zu sein. Und ich bin überzeugt, wir können das Verfahren noch erheblich verbessern, wenn wir konzentriert daran arbeiten.«
    »Wenn wir konzentriert daran arbeiten … Liza, mein Kind, der Gründer erwartet noch heute Fortschritte. Nicht in der der nächsten Woche und nicht im nächsten Monat – sondern heute.«
    »Wir sind Wissenschaftler. Wir haben unsere Verantwortung. Der Gründer soll sich inzwischen paaren oder masturbieren.«
    Liza zitterte. Sie wartete, daß der Professor sie wegen Majestätsbeleidigung ausschelten würde. Doch überraschenderweise tat er das nicht. Er tastete erst seine Formeln in den Computer ein, ehe er den Stuhl zurückschob und sie ansah.
    »Sie haben sich dazu verpflichtet, in der irdischen Zeit zu bleiben. Denken Sie daran, daß die meisten von uns nicht hierbleiben wollen. In der vergangenen Nacht wurden wir angegriffen. In der vorletzten Nacht ebenfalls. Wir haben Männer schreien hören. Diese Dinge werden sich wiederholen. Sie werden sich verschlimmern, denn wir leben in einer schlimmen Zeit. Denken Sie

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