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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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daran. Wenn meine Methoden Sie schockieren, denken sie daran. Wir leben in einer häßlichen Zeit, und Häßlichkeit färbt ab, auch wenn man sich dagegen sträubt.«
    Die Unterstellung, daß sie aus eigensüchtigen Motiven vor jeder Übereilung warnte, war so ungerecht, daß sie einen Moment lang sprachlos war. Es traf zu, daß sie zum Hierbleiben verpflichtet war; denn ohne ihre Mitwirkung in den kommenden Monaten und Jahren war die Rückkehr der Chrononauten, von der die Existenz des Dorfes abhing, ein Ding der Unmöglichkeit. Doch das hatte sie von Anfang an in Kauf genommen, ohne sich ausdrücklich dazu verpflichtet zu fühlen. Auch andere Dorfbewohner würden hierbleiben, das Dorf würde ausreichend geschützt bleiben. Und jetzt deutete dieser alte Mann an, daß sie … Oh, er hatte Angst. Das war es, die Angst. Und Angst macht häßlich.
    »Ich werde den Gründer anrufen«, sagte sie. »Wir brauchen seine Genehmigung, ehe wir einen Chrononauten als Versuchsobjekt anfordern können.«
    Der Gründer hatte soeben, einer dringenden Botschaft seines Projektleiters folgend, eine Reihe von erfolglosen Telephongesprächen mit Regierungsstellen geführt. Er hatte drei Ministerien angerufen (seitdem der offizielle Notstand ausgerufen worden war, wurden auch die Leitungen nicht mehr blockiert), und sieben einflußreiche, beeinflußbare Persönlichkeiten, angefangen bei der Mätresse des Premierministers bis zum Erzbischof von Canterbury. Zum erstenmal hatten selbst diese Leute versagt. In Sachen nationaler Moral – in der Propaganda, daß irgend etwas Nützliches in dieser Lage getan würde – war die Ministerin für moralische Verantwortlichkeit allein tonangebend. Und auf diese Persönlichkeit, auf Mrs. Lampton, hatte der Gründer nicht den geringsten Einfluß. Sie war neu im politischen Leben, hatte niemals einer Kirche oder einer Firma angehört und hatte keinerlei Dreck am Stecken.
    Manny Littlejohn saß bewegungslos in seinem Krankenzimmer, blaß unter seiner künstlich getönten Haut, wütender, um das durch schroffes oder verletzendes Verhalten seinen Mitmenschen gegenüber abreagieren zu können. Der Projektleiter hatte ihm mitgeteilt, daß diese unglaubliche, überhebliche, bigotte Ziege, diese Mrs. Lampton, die Schließung jeder Forschungseinrichtung im Vereinigten Königreich von Großbritannien angeordnet hatte. Und er, Manny Littlejohn, OBE, war machtlos, sie daran zu hindern. Diese Einrichtungen sollten sofort geschlossen und das Personal aufgelöst werden … Aufgelöst, um am Fieber zu sterben? Um unter der Rache einer ignoranten, aufgeputschten Masse zu leiden? Um ein ganzes Lebenswerk zertrümmert zu sehen? Um den armen, reichen Manny Littlejohn der Gnade derjeniger Elemente auszuliefern, die er in seinem Leben schon immer am meisten gefürchtet hatte? Das war schon als Gedanke unerträglich. Als das Telephon jetzt wieder läutete – bestimmt ein speichelleckender Bürokrat, der ihm mitteilen wollte, wann er die Auflösung seiner Forschungsanlagen als vollzogen zu melden habe –, stellte er so gewaltsam um, daß der Hebel abbrach.
    »Sie können zum Teufel gehen«, sagte er, sich selbst verfluchend. »Wenn Sie wollen, daß wir auflösen, schicken Sie gleich die Armee hierher. Zwei Divisionen, wenn Sie noch so viele Soldaten zur Verfügung haben.«
    »Mr. Littlejohn?« Liza ließ sich durch nichts mehr überraschen, was der Gründer sagte oder tat. »Hier ist das Labor. Wir brauchen Ihre Genehmigung, Sir, ehe wir einen Chrononauten als Versuchsperson verwenden.«
    »Einen Chrononauten, Miß Simmons? Wann soll das Experiment denn stattfinden?«
    »Um fünfzehn Uhr, Sir.« Keine Sicherheitsreserven mehr. Angst, daß er vielleicht das – Ende nicht mehr erlebte. »Der Professor hat das Experiment eine Stunde nach Beendigung Ihrer Quarantäneperiode eingeplant. Sie werden natürlich dabeisein wollen, Sir.«
    »Natürlich, mein Kind, natürlich. Ich werde Ihnen die nötige Vollmacht sofort hinüberschicken.« Ihre Worte waren so formell gewesen, daß er einen Moment lang eine Beklemmung spürte. Sie war doch sonst nicht so – hoffentlich hatte er nicht in der elften Stunde noch Schwierigkeiten mit ihr und ihrem Gewissen. »Und, Miß Simmons, meine höchste Anerkennung. Alle Bewohner dieses Dorfes haben Ihnen außerordentlich viel zu verdanken. Ihr Pflichteifer und unermüdliches Wirken, uns unserem erhofften Ziel näherzubringen, waren beispielhaft.« Er fragte sich, ob das nicht schon reichte. Sie war

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