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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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gescheckte Hund … Dieser Gedanke führte nach einiger Zeit zu einer Generalverdammung des Professors und seiner Tätigkeit im Labor. Alles, was der Professor anfaßte, starb. Er wußte es. Er hatte es selbst gesehen. Er trat mit den Zehen auf das kalte Fell. Wenigstens schien hier noch alles an dem Platz zu sein, wohin es gehörte. Nicht so wie bei dem gescheckten Hund.
    In diesem Moment griff ein neuer Gedanke in den Wettkampf der Gefühle ein. Bis jetzt waren die Dinge in Roses’ Leben einfach gestorben. Es gab keinen Grund dafür. Er hatte auch nie nach Gründen gesucht. Sie starben eben. (Nur sein Vater hatte sich natürlich im Wald selbst umgebracht.) Doch hier lag der Fall anders. Alle Dinge, mit denen Professor Krawschensky sich befaßte, starben. Sie starben nicht einfach, sie starben, weil Professor Krawschensky mit ihnen zu tun gehabt hatte. Und Professor Krawschensky hatte auch den alten schwarzen Kater in den Fingern gehabt. Roses hob die tote Katze auf, trug sie in die Küche und legte sie auf den Küchentisch.
    Er setzte sich vor die tote Katze und starrte sie lange an. Er blickte ihr in die offenen, toten, milchigen Augen und berührte hin und wieder das platte Fell. Es war die Schuld des Professors. Natürlich war es seine Schuld. Fragte sich nur, was er, Roses, daran ändern konnte.
    »Das ist eine ganz besonders günstige Nachricht in Anbetracht der neuen Verfügung der Regierung«, sagte David Silberstein zu Professor Krawschensky, als er ihn kurz vor der Mittagspause in seinem Labor besuchte. »Mit Glück und Geschick werden wir sie noch ein paar Tage hinhalten können – lange genug, daß jeder in die Zukunft auswandern kann, der auszuwandern wünscht.«
    Er sprach nur darüber, weil er eine passende Überleitung brauchte, um dann den Professor beiseite zu nehmen und ihm die Fragen zu stellen, die ihn wirklich interessierten. Der alte Mann starrte ihn betroffen an.
    »Verfügung der Regierung? Was für eine Verfügung?«
    »Oh – ich dachte, der Gründer hätte Sie bereits davon unterrichtet.«
    »Nicht mit einer Silbe!«
    »Wir werden dazu gezwungen, das Dorf aufzulösen. Nicht nur wir – alle Forschungsstätten. Es ist ein Versuch, die Öffentlichkeit zu besänftigen. Forschung ist seit dem Ausbruch der Cholera-Seuche ein schmutziges Wort geworden. Das ist natürlich alles auf die Hetzreden dieser Mrs. Lampton zurückzuführen.« Er lächelte nervös. Jeder, der auswandern wollte, konnte auswandern … Stimmte das? Wollte er wirklich in die Zukunft verreisen, wenn es von dort kein Zurück mehr gab? »Ich habe gehört, daß man sogar eine Fabrik in Sussex geschlossen hat, die ein Impfserum gegen den mutierten Erreger dieser Seuche entwickelt. Mag was dran sein. Auf jeden Fall traue ich dieser Dame alles zu.«
    Professor Krawschensky sammelte seine verstreuten Gedanken zusammen. »Also haben wir nicht viel Zeit, wie? Zwei Tage, sagten Sie?«
    David nickte. Er hatte den Eindruck, daß der Professor sich Lizas wegen so eingehend nach ihrer Galgenfrist erkundigte. Als Liza sich abrupt umdrehte, wußte er, daß sein Eindruck richtig war.
    »Zwei Tage, wenn wir Glück haben«, sagte er. »Der Gründer will sich der Forderung zwar nicht beugen; aber er kann tatsächlich nichts dagegen unternehmen. Nicht gegen Luftlandetruppen, die im äußersten Fall von der Regierung eingesetzt werden können. Und sie warten ja nur darauf, daß sie an uns ein Exempel statuieren dürfen.« Er nahm Professor Krawschensky beim Arm. Er hatte genug geplaudert. Schließlich war er ja Projektleiter. »Ein Wort im Vertrauen, wenn Sie etwas Zeit für mich haben, Professor, ja?«
    Sie gingen in das kleine Büro des alten Herrn. Liza interessierte sich nicht dafür, was die beiden zu besprechen hatten. Sie arbeitete verbissen weiter. Wenn sie sich bis jetzt noch der Illusion hingegeben hatte, sie könnte das Experiment am Nachmittag noch aufhalten, so konnte sie jetzt jede Hoffnung begraben. Sie konnte nur noch – wissenschaftlich und vielleicht auch menschlich – ihr Bestes geben.
    Das winzige Büro erinnerte David an einen Beichtstuhl. Er teilte dem Professor seine Befürchtungen mit, und der Professor hörte geduldig zu. Als David ausgeredet hatte, saß der alte Mann noch eine Weile stumm da. Wahrscheinlich bereitete er, wie das alle Beichtväter tun, irgendeine Ausflucht vor. David wäre am liebsten wieder aufgestanden und gegangen – er hätte schon vorher wissen müssen, daß die Besprechung nur Zeitverschwendung

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