Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
Revolten. Und es taten sich Möglichkeiten auf.«
»Zum Beispiel für meine Familie.«
»Ja. Eure Großväter sahen die Gelegenheit, die Fesseln der Loyalität zu den Grundherrn abzustreifen. Ihr wurdet Kaufleute, kamt selbst zu Wohlstand und nanntet Euch Wooler – in der Zeit davor kann ich keinen Nachnamen aufspüren.«
»Und vor dem Sterben? Was waren wir da?«
»Soldaten – vielleicht bis zurück zu Williams Zeit.
Angeblich hattet Ihr einen Ahnherrn, der mit dem Eroberer herübergekommen ist. Aber das behauptet schließlich jede Familie in England von sich. Jedenfalls haben Eure Vorväter an der Seite von Edward Longshanks gekämpft.«
»Dem Schottenhammer.« Diese Geschichte von einer anderen, versunkenen Zeit faszinierte Harry.
»Und davor ritten sie mit ihm ins Heilige Land, denn Edward war ein großer Kreuzfahrer. Aber für Eure Angehörigen waren die Kreuzzüge kein bloßes Abenteuer. Für sie war das Heilige Land die Heimat – die ehemalige Heimat.«
Und er erzählte Harry von seinem Vorfahr namens Saladin, der, im Heiligen Land geboren und aufgewachsen, nach England gekommen war, in Spanien gekämpft und sich dann einem Kreuzzug angeschlossen hatte. Er hatte überlebt und war nach England zurückgekehrt, um dort eine eigene Familie zu gründen. »Für Saladin war es immer beschlossene Sache, dass seine Familie sich an das Testament der Eadgyth erinnern sollte; er glaubte, dass es wichtige Lektionen für die Zukunft enthielt. Euer eigener Vater hat es Euch weitergegeben, nicht wahr? Aber auch andere Prophezeiungen haben sich um Euch angelagert …«
Die Neuigkeit über Saladin verwirrte Harry. »Dann könnte ich also sarazenisches Blut in den Adern haben.«
»Vielleicht einen Schuss«, meinte Geoffrey. »Keine Sorge, ich behalte das für mich. Ich möchte Eurem geschäftlichen Ruf nicht schaden. Seid dankbar, dass
es keine Anzeichen jüdischen Blutes in Eurer Familie gibt. Aber bei Gott, Edward Longshanks hat ja schließlich schon vor fast zweihundert Jahren alle Juden aus England hinausgeworfen. Wir haben das als Erste in Europa getan und damit einen Trend gesetzt, nicht wahr?«
Ungeduldig fragte Harry: »Sagt es mir einfach mit schlichten Worten – warum interessiert Ihr Euch so für die Vergangenheit meiner Familie?«
»Weil Ihr Eure eigene komplizierte Geschichte verstehen müsst, wenn Ihr begreifen wollt, was aus Eurer Schwester geworden ist. Die arme Agnes! Ich bin in die Sache hineingezogen worden, weil mein Ordenshaus nicht weit von der Gemeindekirche entfernt ist, in der sie lebt.«
»Sie lebt in einer Kirche?«
»Ihr werdet schon sehen. Man hat mich zu ihr gebracht. Aber sie verlangte nach Euch, dem Bruder, den sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hat. Ihr habt sie immer beschützt, hat sie gesagt.«
»Ja, das stimmt wohl«, sagte Harry unbehaglich. »Mein Vater war ihr gegenüber immer ziemlich kurz angebunden. Und wenn er getrunken hatte … ich habe seine Schläge ein paar Mal abgewehrt. Er hat es vor seinem Tod bereut; ich habe ihm vergeben.« Harry sprach nicht gern über die Vergangenheit seiner Familie; es war keine schöne Zeit gewesen. »Aber meine Schwester ist verschwunden – sie ist weggelaufen, als sie nicht älter als zehn war. Wir haben nie wieder etwas von ihr gehört.«
»Habt Ihr nicht nach Ihr gesucht?«
»Anfangs schon. Aber nach dem Tod meines Vaters habe ich das Geschäft übernommen und festgestellt, dass er es heruntergewirtschaftet hatte – er hatte das Erbe meines Großvaters verschleudert. Es war harte Arbeit, alles wieder auf Vordermann zu bringen. Ich hatte keine Zeit.«
»Ich verstehe. Und aller Wahrscheinlichkeit nach wollte Eure Schwester auch gar nicht gefunden werden. Sie ist jedoch nicht gestorben, Harry; irgendwie hat sie überlebt. Und sie hat einen Platz in der Welt gefunden. Aber schließlich haben ihre Sorgen sie überwältigt, und sie hat nach Euch gefragt. Darum habe ich mich auf die Suche nach Euch gemacht.«
»Das war sehr anständig von Euch«, sagte Harry, obwohl er eher verärgert als dankbar war. »Dass Ihr diesen weiten Weg auf Euch genommen und Eure eigenen Angelegenheiten für sie zurückgestellt habt.«
»Gern geschehen. Aber es ist nicht nur Wohltätigkeit, was mich antreibt. Ich glaube eher, dass der bedauernswerte Zustand Eurer Schwester eine tiefere Bedeutung hat.« Er musterte Harry. »Ich weiß, Ihr seid ein Skeptiker, Harry, was Fragen jenseits des Materiellen angeht, und das ist gesund. Aber Tatsache
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