Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
ist vorbei.«
Sie nickte. »Was wirst du dann tun?«
»Sobald wir mit dieser Runde fertig sind, hole ich mein Gepäck und verlasse mit Ibn Shaprut die Stadt.«
»Dann müssen wir uns jetzt voneinander verabschieden.«
Etwas in Ibrahims Innerem zerbrach. »Hör auf mit diesem Wahnsinn, Mutter, ich bitte dich. Komm mit uns. Es ist ein langer Fußmarsch bis nach Granada. Aber du hast ja mich.« Er machte eine Handbewegung zu dem Mädchen. »Obona wird mit dir gehen. Vielleicht kannst du ihr mit dem Kind helfen.« Er hoffte, das würde das Herz seiner Mutter erweichen.
Aber Subh schaute auf das Mädchen hinunter und grinste höhnisch. »Wenn du sie mitnimmst, bist du wirklich ein Narr. Sie braucht dich nicht, siehst du das
nicht? Sie hat ein hübsches Gesicht. Sie kann sich an die Christen verkaufen, wie sie sich schon an Ali Gurdu verkauft hat. So machen das menschliche Ratten wie sie. Aber wir nicht, Ibrahim. Wir sind besser als die anderen. Komm mit mir, und wir werden das Geschick unserer Familie gemeinsam erfüllen. Wir werden die Welt verändern.«
Ibrahim blickte auf das Mädchen hinunter, das über ihrem Kind weinte. »Du bringst Schande über mich, Mutter. Geh jetzt.« Er hielt den Kopf gesenkt.
Als er aufsah, war sie fort.
XXXI
So zog König Fernando also schließlich in die Stadt ein, die er so lange belagert hatte. Seine Soldaten säumten den Weg und jubelten ihm zu. Aber ihre Stimmen klangen dünn in einer Stadt, die eine hallende Steinhülle war, und einige der Soldaten blickten sich argwöhnisch um, voller Angst vor maurischen Geistern.
Erst drei Tage später durfte Saladin endlich in die Stadt, zum ersten Mal, seit er die Gesandten des Königs zu ihren Verhandlungen mit dem Emir begleitet hatte. Im Vergleich zu dem pulsierenden Leben, dessen Zeuge er hier noch vor ein paar Tagen gewesen war, raubte ihm die Leere nunmehr die Sprache. Auf seinem Weg durch die Eingeweide dieses gewaltigen Leichnams aus Stein legte sich eine erdrückende Last auf seine Seele.
»Keine so schlechte Arbeit für ein Weihnachtsfest«, sagte Michael zu Saladin. »Ich meine, die Huren des Emirs sind alle nach Granada abgehauen. Nichts mehr da als alte Weiber und kleine Kinder. Aber die Jungs sagen, dass manche dieser alten Sarazenenhühner noch ganz schön Saft in den Knochen haben, wenn du verstehst, was ich meine. Und vielleicht können wir auch ein bisschen Beute machen, obwohl wir alles
dem König geben sollen, damit er seine Söldner bezahlen kann.« Er rümpfte die Nase, räusperte sich, spuckte einen Schleimklumpen aus und schwenkte die Arme, während sie die leere Straße entlanggingen. »Nichts muntert einen so auf wie eine richtig gute Plünderung zu Weihnachten. Aber es ist trotzdem keine so schlechte Arbeit, gar nicht so schlecht.«
»Halt die Klappe«, sagte Saladin. »Halt einfach die Klappe.«
»Schon gut. Ich meine ja nur …«
»Ich weiß, was du meinst …«
»Saladin. Hier bist du.«
Saladin wirbelte herum, als er die Frauenstimme hörte. Es war seine Mutter.
Michael verneigte sich. »Lady Joan.« Er schaute auf und schielte sie lüstern an.
»Frohe Weihnachten, Michael«, sagte sie trocken. Sie wirkte angespannt und nervös.
»Was machst du hier, Mutter?«
»Ich suche dich. Habe verteufelt lange gebraucht, um dich zu finden. Dein Feldwebel weiß ja kaum, wo sein eigener Hintern ist, geschweige denn, wo seine Soldaten sind. Na los, komm schon. Wir haben nicht viel Zeit.« Sie ging davon, ohne sich umzuschauen.
Saladin blieb keine Wahl. Er trabte ihr hinterher. Michael folgte ihnen grinsend.
»Mutter – wohin gehen wir?«
»Zur Moschee natürlich. Wohin sonst? Dort treffen wir uns mit Thomas Busshe. Wir haben nicht viel Zeit. Die Bischöfe weihen das Gebäude heute Vormittag
um. Dann wohnt der König am Abend dort der Messe bei. Wir haben nur eine Stunde, bevor es überall von Geistlichen wimmelt.«
»Eine Stunde wofür?«, fragte Michael.
»Um den Kodex auszugraben«, sagte Joan.
Saladin hatte Michael nichts von dem seltsamen, aus der Vergangenheit stammenden Geheimnis seiner Familie erzählt. Aber Michael schnappte das Wort »ausgraben« auf. »Ein vergrabener Schatz«, sagte er, und sein Grinsen wurde breiter. »Na also, ist doch meine Rede.«
Als sie die Mauer um die Moschee erreichten, trafen sie Thomas am Tor zu einem großen Innenhof, in dem ausgetrocknete Brunnen wie verwelkte Blumen standen. Thomas war außer Atem und wirkte nervös. »Hier entlang«, sagte er und scheuchte
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