Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
sie über den Hof und durch einen Torbogen, der in die Moschee führte. »Aber es sieht nicht gut aus …«
Die Moschee war riesig. Wie ihre große Schwester in Córdoba war sie ein Komplex aus Säulen und Bogen, die sich in jeder Richtung bis in die Unendlichkeit erstreckten. Noch vor ein paar Tagen hatte es in diesem Bauwerk wohl von gläubigen Muslimen gewimmelt, dachte Saladin, die vielleicht immer noch dafür gebetet hatten, dass Allah ihre Stadt rettete. Jetzt waren hier nur mehr mit dem Christuskreuz geschmückte Soldaten. In einer Ecke sah er Soldaten, die an der Wand lehnten und schliefen. In einer anderen würfelten welche auf dem polierten Boden. Und im tiefsten Innern der Moschee brannte mitten im Raum ein Feuer, und
die Soldaten rösteten ein Schwein, das sie irgendwo geraubt und hierher gebracht hatten, zweifellos ein bewusster Akt der Respektlosigkeit gegenüber den verschwundenen Muslimen. Der Rauch leckte empor und schwärzte die elegante Stuckarbeit darüber.
Thomas hatte ein paar Arbeiter mitgebracht, Soldaten, die gerade dienstfrei hatten und mit Spitzhacke und Spaten müßig herumstanden. »Das Problem ist«, sagte er, »wo sollen wir graben?«
»So weit hatte ich nicht vorausgedacht.« Joan marschierte umher und blickte sich in der Moschee um. »Ich hatte wohl angenommen, es wäre klar ersichtlich. Dass diejenigen, die die Entwürfe hier vergraben haben, einen Hinweis hinterlassen hätten.«
»Keinen, der auf den ersten Blick ins Auge fällt«, sagte Thomas. »Wir haben nicht die Zeit, um die ganze Moschee umzugraben, und selbst wenn wir es täten, würde uns der König den Hals umdrehen.«
»Was sollen wir dann tun?«
»Fragt mich.« Die Frau kam aus den tieferen Schatten der Moschee auf sie zu. Sie trug einen Schleier und eine Djellaba. Sie war unzweifelhaft eine Muslimin und hatte sich ebenso unzweifelhaft versteckt. Die Frau nahm ihren Schleier ab. Sie schien um die fünfzig zu sein; ihr Gesicht war streng, entschlossen – und vertraut.
Michael ließ ein tiefes Knurren hören. »Na also, schon besser. Alte Knochen, würde sich aber durchaus lohnen, mal drüberzuhüpfen, Saladin, mein Freund, merk dir, was ich sage …«
»Halt die Klappe.«
»Ich kenne dich«, sagte Joan. »Du hast zusammen mit den Männern des Wesirs an der Besprechung im Palast teilgenommen.«
»In der turayya , ja.« Sie sprach ein klar verständliches Englisch, wenn auch mit einem Akzent.
»Was willst du hier?«
»Dich treffen. Du bist meinetwegen hier.« Die Frau lächelte, aber es war ein strenger, eisiger Ausdruck. »Ich habe dir vor vielen Jahren geschrieben und dir von der Existenz des Kodex erzählt. Ich habe dir sogar mitgeteilt, wo die Pläne der Maschinen Gottes vergraben wurden. Ich hoffte, wir könnten zusammenarbeiten. Immerhin sind wir Cousinen.«
»Du bist Subh aus Córdoba.«
»Und du bist Joan aus Outremer.«
Die Frauen standen sich gegenüber. Saladin hatte selten eine solche Spannung zwischen zwei Menschen gespürt, nicht einmal im Nahkampf.
»Du hättest mit den anderen fliehen sollen«, sagte Saladin zu Subh. »Dir muss doch klar sein, dass du dein Leben aufs Spiel gesetzt hast, indem du hiergeblieben bist.«
Joan stellte ihn vor. »Das ist Saladin, mein Sohn.«
»Noch ein Verwandter.« Subh lächelte Saladin zu und wandte sich dann wieder an Joan. »Ich möchte nicht ohne das gehen, was mir gehört«, sagte sie. »Nein – uns.«
»Sofern der Kodex überhaupt existiert«, sagte Joan, »liegt er unauffindbar unter diesem Fußbodenmeer.«
»Nicht unauffindbar«, sagte Subh. »Ich weiß, wo er ist. Und zwar ganz genau.« Und sie erzählte ihnen von den Lebenserinnerungen Ibn Hafsuns, jenes muwallad , der den Kodex vor über hundert Jahren an dieser Stelle vergraben hatte. »Ein Gelehrter namens Peter hat seine Aufzeichnungen für mich analysiert und genau berechnet, wo unter der Moschee das Versteck sein muss. Ich hatte gehofft, wir könnten zusammenarbeiten«, sagte sie. »Deshalb habe ich dir geschrieben. Vertrauensvoll. Mit den beiden Informationsfetzen, die uns in die Hände gefallen sind, den Maschinenentwürfen und dem Rätsel des Incendium Dei …«
»Sag mir, wo der Kodex ist.«
»Erst, wenn wir uns über die Bedingungen einig sind.«
Joan lachte ihr ins Gesicht. Sie wandte sich an Michael. »Ergreife sie.«
Michael zog sein Schwert. Er trat vor und packte Subh am Arm. Thomas wich zurück, erschrocken über diesen plötzlichen Akt der Gewalt.
In Subhs Miene
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