Die Zeitdetektive 02 Der rote Racher
nachdem er sich versichert hatte, dass man sie nicht belauschte. Dann berichtete er von dem Pfeil und dem Abdruck der Sandale.
Kim riss die Augen auf. »Gut gemacht, Jungs«, lobte sie. »Dann sind wir dem Rächer wirklich ganz dicht auf der Spur. Aber ob es wirklich Androtion ist? Ich weiß nicht …«
»Warum?«
»Ich kann es mir irgendwie nicht vorstellen.«
»Warum denn nicht?«, kam es zurück.
»Keine Ahnung, vielleicht ist es meine weibliche Intuition«, lachte Kim.
»Ach komm, hör bloß auf«, rief Leon, aber auch er lachte.
Julian hob die Hand. »Achtung, ich glaube, Marcus will gehen.«
Der Ädil hatte den Zenturio mit einem ärgerlichen Fluch fortgeschickt und rief Regina zu: »Komm, Pupa, wir wollen nach Hause.«
»Du sollst mich nicht Pupa nennen! Wie oft soll ich dir das denn noch sagen?«, fuhr die junge Frau auf.
»Schon gut«, sagte ihr Vater gedankenverloren. »Nun komm, Pupa. Und du auch, Blandinia.«
»Darf ich darauf hinweisen, dass alle nur auf dich warten! Beim Jupiter!«, giftete seine Frau zurück.
Kim hob bedauernd die Schultern. »Schade, aber ich muss wieder los – zurück in die Villa von Pupa und ihrem Papa.«
»Halt die Augen auf«, meinte Julian. »Wenn der Rächer geschnappt wird, erfährt es Marcus bestimmt als einer der Ersten!«
»Alles klar!«, sagte Kim zum Abschied. »Ich halte euch auf dem Laufenden.«
Ein neuer Verdacht
Die Stimmung in der Familie des Ädilen war noch immer eisig. Überrascht hatte Kim festgestellt, dass sich weder Blandinia noch Regina hinter Marcus stellten – im Gegenteil. Ebenso wie der Kaiser schienen sie Marcus für den katastrophalen Verlauf der Spiele verantwortlich zu machen.
»Die Götter sind gegen dich«, hatte Kim Blandinia verächtlich sagen hören. »Durch diese Sache werden wir noch zum Gespött von ganz Rom. Der Kaiser wird dich des Amtes entheben. Und dann sind wir ruiniert!«
Und Regina hatte düster den römischen Dichter Ovid zitiert: » Tempora si fuerint nubila solus eris. « In Zeiten, wenn Wolken am Himmel sind, wirst du allein sein.
Marcus hatte vor Zorn bebend geschwiegen. Später in der Villa – die Dämmerung war bereits hereingebrochen – war der Ädil im Atrium auf und ab gegangen – wie die Tiger in den zu engen Käfigen des Colosseums. Immer wieder waren Boten gekommen und hatten Briefe überbracht. Aber die erlösende Nachricht kam nicht: Die Suche nach dem Roten Rächer verlief ergebnislos.
Kim war in die Küche abkommandiert worden, wo sie mitgeholfen hatte, die Cena vorzubereiten. Kija war mitgekommen. Und der feiste Brutus war fast durchgedreht, als die ägyptische Katze so frech in seinem Reich herumspaziert war. Doch wie auch bei ihrem letzten Zusammentreffen hatte Kija ihn einfach übersehen. Das hatte Brutus noch mehr provoziert. Aber der Kater war feige. Erneut hatte er es nicht gewagt, Kija zu attackieren. Kija hatte sich unter einen Tisch gesetzt und in aller Ruhe begonnen, ihr Fell zu putzen, während Kim bei der Zubereitung des Mahls geholfen hatte. Es hatte einen feinen Wildbraten mit Zuckererbsen und Bohnen gegeben. Zum Nachtisch waren Aprikosen aus Armenien und Datteln aus Afrika gereicht worden.
Inzwischen war es später Abend, und man erlaubte Kim, sich zurückzuziehen. Müde ging sie mit Kija in ihr Zimmerchen und warf sich auf ihr Bett. Gedämpft drangen die Geräusche von der Straße zu ihr hinauf. Kim verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
Der Tag lief wie ein Film vor ihren geschlossenen Augen ab. Die Spiele in der Arena, die Seeschlacht, der Pfeil, das Feuer, das Chaos. Marcus krank vor Angst vor
Titus, der die Karriere und das Leben des Ädilen in seinen Händen hielt. Und Blandinia, Marcus’ Frau, der das Ansehen in der Öffentlichkeit offenbar über alles ging.
Tolle Familie, dachte Kim. Da spürte sie Kijas Schnauze an ihrer Hand.
»Was ist, meine Kleine?«, fragte Kim und schaute in die schräg stehenden Augen der Katze. Kija maunzte aufmunternd und lief zur Tür.
»Du willst noch mal raus?«
Die Katze blickte zurück und blinzelte.
»Was? Ich soll mit?«
Kija maunzte erneut. Sie wirkte aufgeregt.
Kim blies die Backen auf. Sie hatte eigentlich überhaupt keine Lust mehr, sich von ihrem Lager zu erheben. Aber es schien, als wolle Kija ihr etwas zeigen. Kim dachte an die Nacht zurück, in der die Katze sie zu dem Drohbrief des Roten Rächers geführt hatte. Seufzend stand das Mädchen auf und öffnete die Tür. Sofort flitzte Kija hinaus und lief zielstrebig Richtung Esszimmer. Kim
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