Die Zeitdetektive 02 Der rote Racher
wirst sie morgen kennen lernen, wenn du willst. Ich erwarte sie zur Cena. «
»Nett, dass ich auch mal erfahre, dass Gäste kommen«, erwiderte seine Frau beleidigt. »Ich muss schließlich alles vorbereiten.«
»Du? Du meinst wohl, du musst unseren Sklaven sagen, dass sie alles vorbereiten«, erwiderte Marcus. »Oder sind es immer noch zu wenig? Dann kaufe ich gleich morgen welche. Im Hafen liegt ein Schiff mit erstklassigen Sklaven aus Nubien.«
»Nein, schon gut«, meinte Blandinia. »Aber, da du gerade die Sklaven erwähnst … wo stecken diese Faulpelze? Der Weinkrug ist leer! Alles muss man in dieser Villa selbst machen.«
Durch den Spalt im Vorhang sah das Mädchen, wie sich Blandinia erhob. Kims Nackenhaare stellten sich auf. In Windeseile floh sie über die kühlen Fliesen mit den aufwändigen Mosaiken. Kija folgte ihr. Hinter einer Säule neben der Treppe versteckten sie sich. Schritte kamen näher. Dann ertönte Blandinias nörgelnde Stimme, die nach den Sklaven rief. Aus der Küche wurden Rufe laut. Entschuldigungen wurden gestammelt. Die Hausherrin verzog sich grummelnd Richtung Triclinium. Als wieder Ruhe herrschte, wagte sich Kim aus ihrem Versteck und kehrte mit der Katze in ihre Kammer zurück.
Atemlos legte sie sich aufs Bett. Nur langsam konnte sie das verarbeiten, was sie gerade von Marcus gehört hatte. Der Ädil hasste den Kaiser – und nicht nur er! Während Kim die Katze streichelte, die angenehm warm auf ihrem Bauch lag, wurde das Bild vor ihren Augen immer klarer. Der Verdacht nahm ihr fast den Atem: Steckte Marcus etwa selbst hinter den Anschlägen? Hatten er und die Senatoren den Rächer beauftragt, die Spiele zu sabotieren, um dem Kaiser zu schaden? Sollten die Drohbriefe an Marcus nur den Verdacht von ihm ablenken?
Was für ein geschicktes Manöver, dachte Kim. Der Gedanke war so ungeheuerlich, dass sie lange keinen Schlaf fand. Und langsam kroch die Angst in ihr hoch: War sie hier im Haus eines hinterhältigen Verschwörers, der über Leichen ging?
Der Gladiator
Am nächsten Morgen hatte Kim Glück. Regina schlief lange, und weder Blandinia noch Marcus hatten Aufträge für sie. So machte sich Kim eine Zeit lang in der Küche nützlich, während Kija im Zimmer blieb und auf der Fensterbank in der Sonne döste. Aber in einem unbeobachteten Moment schlüpfte Kim aus dem Haus und rannte zum Colosseum. Sie fand ihre Freunde an einem Lastenaufzug, der wieder einmal kaputtgegangen war. Die Kinder verdrückten sich in eine dunkle Ecke, wo sie ungestört reden konnten. Aufgeregt erzählte Kim von ihrem neuen Verdacht.
»Das ist ein Hammer!«, rief Leon, als das Mädchen geendet hatte.
»Allerdings«, stimmte Julian ihm zu. »Da wäre ich auch nie draufgekommen. Wir sollten ab sofort zweigleisig ermitteln. Du, Kim, behältst Marcus im Auge. Sperr vor allem heute Abend beim Festmahl in Marcus’ Villa die Ohren auf. Leon und ich kümmern uns weiterhin um Androtion.«
»Habt ihr seine Sandalen schon mit den Spuren am Gitter vergleichen können?«, wollte Kim wissen.
»Nein, dazu hatten wir bis jetzt noch keine Gelegenheit. Aber die wird kommen«, versprach Leon.
Da dröhnte Androtions Stimme durch den Gang. »He, wo stecken die beiden kleinen Faulpelze schon wieder, beim Zeus?«
Kim grinste. »Der meint euch, Jungs!«
Leon und Julian seufzten.
Der Grieche tauchte auf. »Was hat das Mädchen hier verloren?«, fragte er ungehalten. »Pack mit an oder verschwinde!«
»Dann wähle ich das zweite«, bemerkte Kim spitz.
»Werd nicht frech!«, riet Androtion ihr und baute sich drohend vor ihr auf.
Kim flitzte an ihm vorbei zum Ausgang. »Wir sehen uns!«, rief sie ihren Freunden zum Abschied zu.
»Los, holt das Futter aus dem Aufzug«, ordnete Androtion an.
Wortlos machten sich die Jungen an die Arbeit. Sie trugen riesige Fleischbatzen, die von Fliegen umschwirrt wurden, zu den Käfigen.
»Und denkt dran: Gebt jedem Tier nur wenig!«, befahl der Grieche. »Marcus will nicht, dass sie morgen fett und faul in der Arena herumliegen.«
»Morgen?«
»Ja«, erklärte Androtion. »Heute gibt es keine Seeschlacht. Die Schiffe müssen noch repariert werden.« Er lächelte kaum merklich. »Dafür hat ja der Rächer gesorgt …«
Leon und Julian warfen sich einen vielsagenden Blick zu.
Gegen Mittag sahen Leon und Julian ihre Chance gekommen. Der Grieche hatte allen eine kurze Pause gegönnt. Nun lag Androtion vor einem der Käfige, den Kopf auf ein Bündel Stroh gebettet und hatte die Augen geschlossen. Neben
Weitere Kostenlose Bücher