Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
Vom Netzwerk:
Kommandeuren die Entscheidung der Generale mitzuteilen, tönten nacheinander einzelne Hornsignale vom Perserheer herüber. Die einzelnen Kontingente bestätigten, dass sie ihre neuen Positionen eingenommen hatten und nun bereitstanden. Und diesmal waren es nicht nur die Unsterblichen und die schwere Infanterie. Ein unüberschaubares Meer von Menschen hatte sich dort zum Angriff formiert. Es wurde ernst.
    Für eine Weile herrschte völlige Ruhe. Nicht einmal ein lautes Atmen war bei den Römern zu vernehmen, und es schien, als stünde die Zeit selber still. Dann, als stäche jemand mit dem Finger in eine Seifenblase, zerplatzte diese unwirkliche Atmosphäre mit einem hörbaren Knall:
    MITHRAS!, dröhnte es aus Hunderttausenden von Kehlen, als wäre es eine einzige.
    Mithras! Mithras! Mithras!, tönte es ohrenbetäubend über die Ebene, und das riesige persische Heer setzte sich in Bewegung. Der harte Rhythmus des Schlachtrufes, die bedrohliche Langsamkeit, mit der sich die feindliche Streitmacht wie eine alles verschlingende Flut auf sie zuwälzte, ließ nahezu jedem der Römer einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
    Mithras! Mithras! Mithras!
    »Heilige Procula«, flüsterte Staurakios.
    »Um Himmels willen«, sagte Marcus Aventinius, »das lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Was rufen sie? Mithras?«
    »Ganz recht«, antwortete der Oströmer, »Mithras. Das ist schlecht … sehr schlecht.«
    Aventinius verstand nicht, wieso die Perser ausgerechnet Mithras anriefen, dessen Namen er vage in Erinnerung hatte als Gottheit eines längst vergessenen Heidenkultes, der vor der Zeit Konstantins des Großen unter den Legionären recht populär gewesen war.
    Aber Staurakios erklärte es ihm: »Im Glauben der Perser ist Mithras eine Kriegergestalt, die an der Seite ihres Lichtgottes Ahuramazda kämpft. Er steht den Soldaten in der Schlacht bei und verleiht ihnen Tapferkeit und Kraft.«
    »Ich verstehe. Er ist eine Art Schutzheiliger der Soldaten, wie es der heilige Georgius für uns Christen ist.«
    Staurakios zögerte. »Ja … und doch ist es anders. Wenn sie den Namen des Mithras als Schlachtruf führen, dann heißt das, dass sie keine Gnade geben, keine Gefangenen machen werden …«
    Marcus Aventinius starrte den Griechen sprachlos an. In seinen Ohren klang das Mithras! der Perser jetzt bereits deutlich lauter. Und es kam mit jedem Mal näher.
    Sie waren aus allen Teilen des riesigen Sassanidenreiches gekommen; aus den Bergen des Kaukasus, den rauen Steppen Skythiens, dem fernen Tal des Indus, den endlosen Wüsten Arabiens, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. Das Stampfen ihrer Füße ließ den felsigen Boden erzittern, aus den zweihunderttausend Kehlen der Perser und Hyrkanier, der Meder und Baktrier schallten die nicht endenden Mithras- Rufe und ließen die Luft vibrieren.
    Eusebios Zenon, Soldat im vierten numerus der zweiten turma des elften thema des oströmischen Heeres, stand in der vordersten Linie. Er hatte in fünfzehn Jahren Militärdienst manchen gefährlichen Gegner gesehen, nubische Horden in Aegyptus Superior, armenische Aufständische und rebellierende Awaren in Cappadocia. Nun richtete er zum ersten Mal angesichts eines Feindes ein Gebet an Gott und alle Heiligen, seiner Seele gnädig zu sein. Um ihn herum bewegten viele Griechen wortlos die Lippen.
    Die XII. Legion Vandalia Fortis richtete sich auf den bevorstehenden Angriff ein. Die vandalischen Legionäre waren den Kampf unter glühender Sonne gewöhnt, denn sie hatten die feindseligen Scharen der Berber von den reichen Feldern Africas ferngehalten, solange jeder einzelne von ihnen denken konnte. Es machte ihnen nichts aus, wenn ihnen der Schweiß über die dreckverklebten Gesichter strömte und der Staub die Augen brennen ließ. Sie waren die Nachkommen eines Volkes von Kriegern, ihre Vorfahren hatten das unbesiegbare Rom gedemütigt und sich ihren Weg quer durch Europa und Nordafrika bis nach Carthago erkämpft, fast hätten sie sogar das Imperium in die Knie gezwungen. Furcht war ihnen fremd. Und dennoch lag auf den sonnengegerbten Gesichtern etwas, das dort sonst nicht zu finden war.
    Die Araber, die hinter den schweren Kohorten Stellung bezogen hatten, um mit ihren Pfeilen den Kampf zu unterstützen, ersehnten den näher rückenden Moment des Aufeinandertreffens der Heere. Es war ihr fester Glaube, dass allen Kriegern, die im Namen des Erlösers mutig den Tod im Kampf fanden, der Einzug ins Paradies gewiss war. Keiner von

Weitere Kostenlose Bücher