Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
gewaltigen Lärms zu allen Ohren vorzudringen. Wahre Wälle von leblosen und noch zuckenden Körpern lagen mittlerweile vor der Front der Römer, doch trotz ihres unfassbaren Blutzolls hatten die Perser die Legionäre an keiner Stelle auch nur einen Fuß weit zurückdrängen können. Immer neue Männer schoben sich heran, um gleich darauf von der Klinge eines Kurzschwerts getroffen zu Boden zu stürzen. Doch die Standfestigkeit der erschöpften Legionäre konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Zusammenbruch der Oströmer bevorstand. Ihre Linien waren nun schon fast dreißig Schritt nach hinten gedrückt worden. Nur noch wenige Augenblicke, dann würde der Damm unter den heranbrandenden Fluten zerbersten und die Unsterblichen könnten das römische Heer von der Flanke her aufrollen.
»Es ist vorbei«, sagte der Imperator mit schwerer Stimme, als er wieder zu seinen Generalen kam, »wir müssen uns zurückziehen, oder wir werden zermalmt werden.«
Er sah in die Gesichter seiner Kommandeure, in der Hoffnung, einer von ihnen würde widersprechen und einen erlösenden Vorschlag unterbreiten. Aber alle Mienen waren gezeichnet von der Erkenntnis des Unausweichlichen.
Alles war verloren.
CHRISTOS PANTOKRATOR!
Von den Felswänden der Schlucht in einem gespenstischen Echo hundertfach verstärkt, als spräche eine überirdische Stimme, durchschnitt der oströmische Schlachtruf die blutgeschwängerte Luft über dem Schlachtfeld. Er tönte mit solcher Macht über die Ebene, dass er selbst den infernalischen Lärm des Kämpfens und Sterbens überlagerte. Nur einen Augenblick später gesellte sich das unwirklich dröhnende Donnern ungezählter Pferdehufe hinzu.
Und dann kamen sie.
Aus der Schlucht stürmte die oströmische Reiterei in die Ebene hinab, sie hielt auf die weiche, ungeschützte Flanke des Perserheeres zu, wo sich die Scharen des vielzüngigen Fußvolkes drängten. Eine Tausendschaft medischer Speerträger sah sich unerwartet den direkt auf sie gerichteten Lanzenspitzen der heranstürmenden Cataphracte ausgeliefert. Überrascht und in Panik versetzt, versuchten die Soldaten zurückzuweichen. Verwirrung breitete sich aus.
Inmitten des Sturzbaches der Reiter flatterte, selbst aus großer Entfernung auffallend, ein Purpurbanner.
»Der avtokrator!«, hörte man unter den hart bedrängten Oströmern, erst nur als leises, unsicheres Raunen, dann immer lauter, bis es sich zum Rufen gesteigert hatte. Und dann brachen die Griechen in ein markerschütterndes Christos Pantokrator! aus, sie stürzten sich wie von Dämonen gepackt auf die Perser. Die Unsterblichen wogten zurück, als der schon geschlagen geglaubte Feind ungebändigt auf sie einzuschlagen begann. Die Mithras -Rufe verstummten, dafür ertönte jetzt Christos Pantokrator! unvergleichlich durchdringender. Todesverachtend hieben die Oströmer mit ihren Schwertern auf die Perser ein. Keiner der Griechen wollte in Anwesenheit des apostelgleichen Imperator Orientalis feige erscheinen, das bloße Erscheinen seiner Standarte hatte in ihnen Kräfte freigesetzt, deren Existenz sie selbst nicht hatten erahnen können.
Auf dem römischen Feldherrnhügel wirkte das Auftauchen der oströmischen Kavallerie wie ein Mirakel. An beiden Flanken des Perserheeres breitete sich schnell Verunsicherung aus, die Vorwärtsbewegung geriet ins Stocken. Die Oströmer waren in die Perser hineingestürmt und machten dort die kopflos auseinanderlaufenden Soldaten zuhauf nieder. Auf der gegenüberliegenden Seite des Schlachtfeldes entmutigte der Anblick der zurückweichenden Unsterblichen andere Einheiten. Unordnung begann in die persischen Reihen zu kommen.
»Jetzt oder nie!«, sagte General Aventinius. »Wir müssen sie packen, bevor sie sich von den Schock erholen können und ihre Fassung zurückgewinnen!«
»Es ist das Risiko auf jeden Fall wert«, bekräftigte General Victor, und Scheich ben Omar fügte hinzu: »Der Herr hat uns ein Wunder gesandt. Wir dürfen es nicht ungenutzt lassen, der Allmächtige ist mit uns!«
Rufus brauchte nicht einen Atemzug, um seine Entscheidung zu treffen. »Roma Victrix!«, rief er aus.
Und noch ehe die umstehenden Offiziere in den Schlachtruf der Legionen einfallen konnten, hatten die Hornisten bereits ihre Instrumente angesetzt. Aus den Bucinae und Posaunen ertönte hell und lang gezogen das Angriffssignal, die dumpf hämmernden Pauken und grell scheppernden Cymbeln stimmten ein, und dann setzte sich in ihrem Takt das Römerheer in
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