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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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seiner erschöpften Legionäre, deren Tuniken vollgesogen mit Blut schwer an den verschwitzten Körpern klebten und deren Schilde zerfurcht und narbenübersät waren. Alle Blicke waren auf den Imperator gerichtet, es herrschte Stille. Dann zog er das Schwert, streckte es empor und rief, so laut er nur konnte:
    »VICTORIA!«
    Dieses eine Wort, mit dem er den Sieg verkündete, entfesselte einen Orkan von Jubelrufen. Die Anspannung, Mühe, Todesangst und Unsicherheit der zurückliegenden Stunden fiel wie eine schwere Eisenkette von den Soldaten ab.
    Noch während die Rufe von allen Seiten hallten, kam Dionysos Gypos eilig herbeigeritten. Aufgeregt meldete er dem Kaiser, dass Konstantin VI., avtokrator und basileos des Oströmischen Reiches, auf dem Wege zu ihm war. Und gleich darauf erschien eine Gruppe von Reitern, die oströmische Feldzeichen führten. Ein Cataphract, der bis auf einen leichten Brustpanzer die Rüstung abgelegt hatte, trug das purpurne Banner des Imperator Orientalis, auf dem das goldgestickte Christussymbol prangte. Und ein Reiter in den weiten, bunten Gewändern des Steppenvolkes der Chasaren mit einem pelzbesetzten, spitzen Helm auf dem Kopf, trug das merkwürdigste Feldzeichen, das Rufus je gesehen hatte: Das goldene Christuszeichen über dem Davidstern der Juden. Ihnen folgten mehrere Cataphracte und chasarische Reiter, und allen voran ritt auf einem Schimmel ein junger Mann von mittelgroßem Wuchs mit kurz gestutztem schwarzen Bart,. Er trug einen prachtvollen vergoldeten Helm, an dessen Seite zwei tiefe Kerben im fein verzierten Metall zurückgeblieben waren. Ein schlichtes Reiterschwert hing zu seiner Linken vom Gürtel herab, und nur, wo noch kurz zuvor der Brustpanzer die weiße Tunika bedeckt hatte, war sie nicht mit roten Flecken bespritzt.
    Der Kaiser des Ostens brachte sein Pferd vor dem Imperator des Westreiches zum Stillstand, blickte Rufus ins Gesicht und sagte dann: »Es ist eine Weile her, dass wir uns bei Eurer Hochzeit zuletzt gesehen haben, mein kaiserlicher Bruder.«
    »Da habt Ihr recht«, erwiderte Rufus Scorpio, »aber es hätte kaum eine bessere Gelegenheit für ein Wiedersehen geben können als heute.«
      
    Einige Stunden später, als die Sonne sich anschickte, hinter den Bergketten im Westen unterzugehen, hatten die römischen Soldaten wieder zu ihrer Routine zurückgefunden. Teile des Heeres errichteten die Marschlager für die Nacht, andere bargen die Toten oder bereiteten die Verwundeten für den Transport nach Jerusalem vor. Die scriptores legten Listen der Gefallenen und Verletzten an, um die Verluste festzustellen, andere führten Buch über die zusammengetragene Beute. Vieles hatten die Perser auf ihrer überstürzten Flucht zurückgelassen, darunter den gesamten Tross des Prinzen Ardashir mit all seinem Gepäck auf dreißig Dromedaren. Überdies waren der oströmischen Reiterei in der Schlucht hinter Massada unzählige Kamele, beladen mit großen Wasserschläuchen, in die Hände gefallen, was zugleich bedeutete, dass die fliehenden Perser nun Durst leiden mussten.
    Am Fuße des Felsens stand Bahram und sah bedrückt zu, wie Legionäre den Leichnam des Generals Meh-Adhar in eine mit Salz gefüllte Kiste legten. Es mochte Krieg zwischen Persien und Rom herrschen, aber das durfte nicht den Respekt vor der Würde eines großen Feldherrn beeinflussen, erst recht dann nicht, wenn er hinterrücks der Klinge eines Wahnsinnigen zum Opfer gefallen war. Kaiser Konstantin selber hatte verfügt, dass man den Körper in Begleitung Bahrams nach Konstantinopel bringen sollte, wo die ansässigen persischen Kaufleute einen Feuertempel unterhielten. Dort würde der General mit allen Ehren und nach den Bräuchen seines Volkes auf einem Turm des Schweigens beigesetzt werden.
    Ein wenig abseits von alledem saßen die beiden Imperatoren gemeinsam mit den wichtigsten Offizieren ihrer Heere auf Faltstühlen um ein knisterndes Feuer, das von den geborstenen Lanzenschäften der Unsterblichen genährt wurde. Man hielt Kriegsrat, denn es galt, sich über das weitere Vorgehen einig zu werden.
    Rufus Scorpio hatte zunächst die Ansicht vertreten, die Bedrohung sei abgewendet und das Oströmische Reich wieder sicher. Doch Konstantin teilte diese Auffassung nicht.
    »Ihr habt recht, die Pläne der Perser wurden durch die Tapferkeit Eurer Soldaten und das Geschick Eurer Generale zunichtegemacht. Aber wir dürfen uns nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Der Gegner steht nur wenige Meilen von

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