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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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beiden Reisenden im Dorf Mulna übernachtet. Die Verständigung mit dem Wirt der höchst anspruchslosen Herberge war problemlos gewesen, denn ein Jahrhundert das Handels mit dem Imperium hatte Latein zu einer recht verbreiteten Sprache in Abotritien werden lassen. Und wenn es doch einmal Probleme mit der Verständigung gab, war Franklin eingesprungen, da er eine dem abotritischen Slawisch nicht unähnliche Sprache beherrschte.
    Wie alle der kleinen Siedlungen Abotritiens bestand auch das an einem See gelegene Mulna ausschließlich aus meist fensterlosen, rechteckigen Holzhäusern mit strohgedeckten Dächern. In den See mündete die Delvenov, die man unter großem Aufwand bis hierher verlängert hatte, denn hier entsprang auch ein nach Norden in Richtung Liubice führender Fluss namens Stragnice. Durch die Verbindung beider Flussläufe war eine Wasserstraße entstanden, welche die Hauptstadt mit der Elbe verband. Nicht wenige Flusskähne und Wagenzüge legten in Mulna einen Zwischenhalt ein, was dem Dorf einige Bedeutung verlieh. Das zeigte sich auch an dem befestigten Ringwall, der auf einer Hügelkuppe lag und den Platz beschützte, wo sich die Lebensadern des Abotritenreiches bündelten.
    Die letzte Etappe der Reise hatte Andreas und Franklin am See von Racigard entlanggeführt, bevor sie die öde Heide von Gronov durchritten. Schließlich hatten sie auf einer recht großen, ganz aus Holz errichteten Brücke den Fluss Wagnice überquert, um dann schon bald die Hauptstadt zu erreichen.
      
    Dass Liubice in wenigen Jahrzehnten zu einem bedeutenden Handelsplatz herangewachsen war, beruhte auf seiner günstigen Lage am schiffbaren, breiten Fluss Trava, der nur wenige Meilen weiter ins Mare Suebicum mündete. Dadurch war die Stadt gut erreichbar für Schiffe und lag dennoch im Binnenland, sicher vor der Bedrohung durch Banden plündernder Nordvölker, welche die Küstengegenden unsicher machten. Andreas allerdings erschien Liubice alles andere als bemerkenswert; der Ort mochte bestenfalls fünftausend Menschen zählen, und verglichen mit der Dürftigkeit der Holzhäuser erstrahlte selbst das trostlose Augusta Raurica in gleißendem Licht.
        Außer in ihrer Ausdehnung unterschied sich die abotritische Hauptstadt in seinen Augen nur wenig von den anderen Siedlungen des Landes, die er während der Reise gesehen hatte. Die Straßen waren ungepflastert und staubig, die Aufdringlichkeit der allgegenwärtigen Abfälle und der von ihnen ausgehende Gestank waren weitaus unangenehmer als selbst in Trevera. Das einzige Bauwerk von einigermaßen bedeutendem Aussehen war die Königsburg, die sich mit ihrem unregelmäßig dreieckigen Grundriss in die Landzunge am Zusammenfluss von Trava und Svartov schmiegte; ihre weiß gekalkten Mauern blendeten im hellen Sonnenlicht die Augen und spiegelten sich im Wasser des breiten Flusses.
        Auf dem gegenüberliegenden Travaufer befand sich die Händlerstadt mit dem Hafen, durch eine von Schiffsrümpfen getragene Brücke mit der Burgstadt verbunden. Hier lagen vor allem die gedrungenen, dickbäuchigen abotritischen Handelsschiffe, die Bernstein und Pelze aus den baltischen Gegenden brachten. Aber auch einige der schlanken, niedrigen Schiffe aus den Ländern Scandias schaukelten in der Strömung, ihre Bugsteven waren verziert mit Furcht einflößend geschnitzten Drachenköpfen.
    Herbergen gab es reichlich in dieser Stadt, die vom Handel lebte. Die meisten allerdings, das mussten Andreas und Franklin bald feststellen, setzten eine gewisse Bedürfnislosigkeit voraus. Das war umso unerträglicher, als die beiden Männer noch nicht wussten, wie lange ihr Aufenthalt in Liubice dauern würde, und sie möglicherweise mehrere Wochen in einer dieser abstoßend primitiven Unterkünfte würden zubringen müssen. Schließlich fanden sie ein akzeptables Gasthaus unweit der Brücke über die Trava, in dem hauptsächlich Kaufleute aus Dänemark Quartier nahmen. Wieder einmal war Andreas froh, dass Franklin mit einem reichlichen Vorrat an Silbermünzen versehen war, denn dadurch konnten sie sich das Privileg eines eigenen Zimmers erkaufen. Dies bewahrte sie davor, das Schicksal der Bediensteten der Kaufleute und der weniger betuchten Reisenden teilen zu müssen, die sich ihr Nachtlager auf den Bänken und dem strohbedeckten Lehmboden der Gaststube suchten und ihre Schlafplätze schon frühmorgens wieder räumen mussten, wenn die ersten Gäste ihr Frühstück verlangten. Der gemietete Raum war

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