Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
setzten sich.
»Der mit dem roten Wams, das ist sicher ein Däne«, meinte Ratgar. »Würd’ mich mal interessieren, was den hierher verschlägt.«
Bernwolf lachte. »Ein Däne! Mach dich doch nicht lächerlich, das is’n Angelsachse! Ich weiß, wie die Brüder aussehen. Hab ja genug von denen gesehen in den vier Jahren, die ich in Utrecht war.«
Baugulf hingegen meinte, es müsse sich um einen Iren handeln, traf mit dieser Ansicht aber nur auf Widerspruch. Nur Angilbert sagte nichts. Er starrte hinüber zum anderen Tisch und versuchte krampfhaft, eine schemenhafte Erinnerung zurückzurufen.
Da war doch etwas … ein feuerrotes Wams … das habe ich schon einmal gesehen. Aber wo? Wenn ich nur wüsste …
»He!«, sagte Ratgar und rüttelte an Angilberts Arm. »Was ist mit dir? Schläfst du mit offenen Augen?«
Schlafen!
»Verdammt, jetzt weiß ich’s wieder!«, sagte Angilbert, als plötzlich die Erinnerung zurückkehrte: Das Bild eines Mannes in rotem Wams, der zwischen moosbewachsenen Säulen steht. Seine drei Kameraden, die seine Gedankengänge nicht kannten, blickten ihn überrascht und verwirrt an. Noch ehe sie ihn fragen konnten, was er meinte, beugte er sich über den Tisch und flüsterte: »Ich habe euch doch erzählt, dass ich in Aachen von einem Hexer betäubt worden bin und später nackt und gefesselt im Wald gelegen habe, oder?«
»Ja, das hast du«, meinte Baugulf grinsend. »Das muss wohl ziemlich komisch gewesen sein, wie sie dich und diesen anderen nachher gefunden haben.«
Angilbert kniff die Lippen zusammen. Für ihn war dieser Vorfall alles andere als lustig, hatte man ihn und Rorich doch mit je fünfzig Peitschenhieben bestraft. Aber jetzt sah er den Augenblick gekommen, sich für die Schande und die Schmerzen zu rächen. Er würde diesen Hexer erst für das Erlittene bezahlen lassen, und falls danach noch etwas von ihm übrig war, würde er ihn selber nach Trier bringen.
»Jetzt hört mir gut zu! Der eine, der in Rot, das war der Hexer. Ich erkenne ihn wieder!«
Die Soldaten wurden still. Der Gedanke, dass nur wenige Schritte entfernt von ihnen ein Magier saß, der über derartige Zauberkräfte verfügte, beunruhigte sie.
»Nun soll er erfahren, was mit Leuten geschieht, die diese verdammte heidnische Scheiße ausgerechnet an Soldaten der Scara ausprobieren müssen. Ihr wisst, was wir zu tun haben!«
In die Augen der Männer trat ein kaltes Glühen. Ihre Hände tasteten nach den Griffen der Schwerter.
Franklin streckte sich und drückte den Rücken durch. Selbst nach mehreren Wochen hatte er sich immer noch nicht daran gewöhnt, täglich vierzehn Stunden im Sattel zu sitzen.
»Oh, Mann«, stöhnte er, »das sage ich dir: Wenn ich wieder zu Hause bin, kriegt mich so schnell keiner mehr auf ein Pferd, selbst unter Androhung von Gewalt nicht.«
»Und ich werde ganz bestimmt für den Rest meines Lebens freiwillig kein Bier mehr anrühren«, erwiderte Andreas mit süßsaurem Grinsen. »Ich fürchte aber, dass wir auch hier nichts anderes bekommen werden. Und das bei den vielen Weinbergen in dieser Gegend. Ein bedrückender Gedanke, findest du nicht auch?«
Franklin antwortete nicht.
Von einem Atemzug zum nächsten hatte sein Gesicht den Ausdruck alarmierter Aufmerksamkeit angenommen, wie ein Jagdhund, dem der Wind den Geruch eines Tieres zugetragen hatte. Es schien Andreas, als würde der Zeitreisende mit starrem Blick durch ihn hindurchsehen. »Dreh dich nicht um und vermeide jede auffällige Bewegung«, flüsterte Franklin, und es klang wie eine Warnung. »Die Soldaten am Tisch hinter dir haben ihre Schwerter gezogen und stehen gerade auf.«
Diese Worte lösten in Andreas einen starken Drang aus, genau das zu tun, was Franklin ihm untersagt hatte, nämlich den Kopf herumzureißen, um zu sehen, was vor sich ging. Doch er zwang sich zu äußerlicher Ruhe und wartete angespannt ab, was passieren würde. Er bewegte langsam eine Hand und ertastete den Griff seines Schwertes, das neben ihm auf der Bank lag.
Die vier Soldaten kamen mit gezückten Waffen an den Tisch, und einer von ihnen, dessen Gesicht Andreas undeutlich bekannt erschien, sagte laut: »Du da! Der mit dem roten Wams! Steh auf, los!«
Franklin sah dem Mann ins Gesicht. »Warum sollte ich?«, entgegnete er mit fester Stimme, aber ohne provozierenden Unterton.
»Weil du der Zauberer bist, der mich und meinen Kameraden in Aachen verhext hat! Los, hoch mit dir. Und versuch bloß nicht, deinen Heidenzauber zu
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